Von unseren ReporterInnen – Stuttgart. Bis zu 600 überwiegend junge KurdInnen protestierten am frühen Montagabend, 22. Januar, in der Stuttgarter Innenstadt gegen den Angriff der türkischen Armee auf den nordsyrischen Kanton Afrin. Das „Demokratische Kurdische Gesellschaftszentrum Deutschland“ NAV-DEM fordert, dass die Bundesregierung den Angriff verurteilt. Es hat angekündigt, künftig täglich in Stuttgart zu demonstrieren – das nächste Mal am Dienstag, 23. Januar. Treffpunkt ist um 16 Uhr in der Lautenschlager Straße.
Die Vorsitzenden der Partei Die Linke, Katja Kipping und Bernd Riexinger, und die Vorsitzenden der Fraktion Die Linke im Bundestag, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, rufen zur Teilnahme an den Protesten auf: „Wir rufen alle Mitglieder der LINKEN auf, sich an Friedenkundgebungen für Afrin zu beteiligen oder ein eigenes Zeichen der Solidarität zu setzen. Jede Stimme zählt!“
Die Bundesregierung zeigte sich über die Entwicklung in Nordsyrien zwar „besorgt“. Sie verurteilte das brutale Vorgehen der AKP-Regierung von Recep Tayyip Erdogan jedoch bisher nicht. Offiziell richtet es sich gegen die bisher im Kampf gegen den IS mit den USA verbündete YPG. Angeblich fürchtet Ankara terroristische Übergriffe. Tatsächlich zieht der Vorstoß Erdogans mit Panzern aus deutscher Produktion auch die Bevölkerung in Mitleidenschaft. Der Kanton Afrin ist kurdisches Siedlungsgebiet, aber auch viele Flüchtlinge leben dort.
NAV-DEM wirft der Bundesregierung vor, dem AKP-Regime Rückhalt für seine kurdenfeindliche Politik zu bieten. So sei seit Frühjahr das Zeigen der Fahnen der YPG und YPJ in Deutschland faktisch verboten, und die Repression gegen kurdische Aktivisten in Deutschland – stets wegen angeblicher Nähe zur in der Türkei aktiven kurdischen Arbeiterpartei PKK – seien auf Wunsch Ankaras verstärkt worden.
Die Demonstration am Montag in Stuttgart begann kurz nach 17 Uhr auf dem Kronprinz-Platz. Sie führte mit kämpferischen Parolen zum Schlossplatz, wo auch die Montagsdemonstration gegen Hartz IV stattfand. Es gelang der MLPD, die Demonstration der KurdInnen weitgehend in ihre eigene Kundgebung zu integrieren. Es gab mehrere Redebeiträge beider Seiten. Schließlich beendete die MLPD die Kundgebung mit Musik.
Spoantandemo – Polizei filmt friedliche DemonstrantInnen
Die KundgebungsteilnehmerInnen formierten sich unter der Führung von jungen KurdInnen zu einer Spontandemonstration und zogen in Richtung Bahnhof. Die Polizei, bis dahin nur mit wenigen BeamtInnen vor Ort, zog weitere Einsatzkräfte heran. Mehrere Beamte filmten und fotografierten die friedlichen DemonstrantInnen. Ein Anlass für dieses Tun war nicht erkennbar und ist nach aktueller Rechtssprechung und Gesetzeslage nur zulässig, wenn von den DemonstrantInnen eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Dieses anlasslose Filmen und Fotografieren wäre demnach ein nicht gerechtfertigter Grundrechtseingriff.
In Absprache mit dem Einsatzleiter konnte die Spontandemo jedoch ungehindert durch die Königstraße ziehen. An der Ecke Thouretstraße löste sie sich auf.
Die kurdischen DemonstrantInnen begegneten auch den TeilnehmerInnen der wöchentlichen Montagsdemonstration gegen Stuttgart 21, die sich jedoch nicht besonders für ihr Anliegen zu interessieren schienen.
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