Reutlingen. Etwa 300 Menschen protestierten am Freitag, 19. Januar, trotz schlechten Wetters auf dem Reutlinger Marktplatz gegen einen Neujahrsempfang der AfD im Spitalhof. Zu der Kundgebung am frühen Abend hatte das offene Treffen „Reutlingen for Organisation, Solidarity and Actions“ (ROSA) aufgerufen.
Die Versammelten wollten ein Zeichen „gegen die Menschenfeindlichkeit der AfD“ setzen. Unter anderem kamen VertreterInnen verschiedener Parteien, Gewerkschaften und linker Gruppierungen. Nach einem kurzen Soundcheck und Musik wurden fünf Reden gehalten.
Die Kundgebung wurde von ROSA eröffnet. Anschließend traten Sprecher des Vereins Kulturschock Zelle, der Linken und der MLPD auf. Auch ein Geflüchteter aus Afghanistan teilte seine Gedanken und Erfahrungen mit den Anwesenden.
Die Rede von ROSA beschäftigte sich auch mit dem AfD-intern „Frontmaier“ genannten Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier. Er studierte bis vor kurzem in Tübingen Jura und erklärte, die „Spitze der Regierung“ anzustreben. Im September wurde der Vorsitzende der „Jungen Alternative“ erstmals ins Parlament gewählt.
Frohnmaier solidarisiere sich unter andrem mit der rechtsextremen und islamfeindlichen German Defence League (GDL). Vom Magazin „Neon“ des „Stern“ wird er mit der Äußerung zitiert, „es gibt Dinge der GDL, mit denen ich konform gehe. Ich möchte wie sie, dass dieses Land nicht arabischislamisch geprägt ist.“ Am Freitagabend kam Frohnmaier allerdings nicht. Nach Medienberichten musste er in Berlin in eine Klinik.
ROSA zitierte auch den Fraktionsvorsitzenden der AfD im Bundestag Alexander Gauland, Landesrichter Jens Maier und Staatsanwalt Thomas Seitz, deren Aussagen die rechte Gesinnung der Partei offen legten.
Die Zelle stellte die „sexistischen Thesen der AfD“, die sie „AntifeministInnen Deutschlands“ nannte, in den Mittelpunkt ihrer Rede. Die AfD zementiere „klischeebehaftete Geschlechterrollen und Heterosexualität“. Sie mache sich für die Wiedereinführung des Verschuldungsprinzips bei Scheidungen und für weniger staatliche Unterstützung Alleinerziehender stark. Die Zelle ging auch auf das Bestreben der AfD ein, die Zahl von Abtreibungen gesetzlich zu verringern und damit das Selbstbestimmungsrechts von Frauen einzuschränken.
Der Geflüchtete aus Afghanistan machte deutlich, dass nicht die Flüchtlinge für die soziale Ungleichheit verantwortlich sind, wie viele AfD-Abgeordnete und -WählerInnen behaupten. Die Geflüchteten seien weder für Hartz IV noch für den Abbau des sozialen Wohnungsbaus verantwortlich. Ursache seien einzig die Entscheidungen der Regierung, die von den deutschen Bürgerinnen demokratisch gewählt wurde.
Nachdem die friedliche Kundgebung für beendet erklärt worden war, machte sich etwa die Hälfte der Anwesenden in Richtung Spitalhof auf, um ihren Protest gegen die AfD direkt vor Ort zu zeigen.
Das Schwäbische Tagblatt, das mit dem Politikteil der Südwest Presse erscheint, berichtete am 24. Januar auf seiner Reutlingen-Seite über die Festnahme einer 14-jährigen Demonstrantin, deren Mutter nun der versuchten Gefangenenbefreiung und des Widerstands beschuldigt wird.
Fotos von den Protesten gibt es auf der Facebook-Seite der Organisation ROSA.
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