Von unserer Redaktion – Pforzheim. Der als rechtsextrem eingestufte Freundeskreis „Ein Herz für Deutschland“ plant auch dieses Jahr am 23. Februar eine „Fackelmahnwache“ auf dem Pforzheimer Wartberg. 1945 gab es an diesem Tag einen Bombenangriff auf die Stadt. AntifaschistInnen wollen nicht hinnehmen, dass Neonazis den Gedenktag instrumentalisieren. Sie haben eine Versammlung „Gegen Faschismus“ angemeldet, Beginn ist um 18 Uhr am Hauptbahnhof. Doch das Pforzheimer Ordnungsamt akzeptiert weder den vorgesehenen Ort für die Abschlusskundgebung noch den Versammlungsleiter. Die Behörde zweifelt an seiner Zuverlässigkeit.
Er sei bei der Polizei als „gewalttätig, linksmotivierter Straftäter und Betäubungsmittelkonsument“ registriert, heißt es in einem Bescheid der Behörde zu der angemeldeten Kundgebung. Das Schreiben erstreckt sich über 12 Seiten. Es listet penibel die Bedeutung des Datums und die städtischen Planungen für den Gedenktag auf, der daran erinnert, dass am 23. Februar 1945 etwa 17 000 Menschen einem Bombenangriff der Alliierten auf die Stadt zum Opfer fielen.
Der Bescheid enthält überdies eine Rückschau auf die Proteste der zurückliegenden Jahre und „Erkenntnisse über die angemeldete Versammlung 2018“ – darunter jene über den vorgesehenen Versammlungsleiter, der „bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten“ sei.
Mit ihm, so das Amt für öffentliche Ordnung, wäre „die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet“ – eine Sicht der Dinge, die den Betroffenen mehr als überrascht, da er sich selbst als friedfertigen Menschen einstuft. Es bestünden „erhebliche und begründete Zweifel“ besonders wegen „seiner eigenen Delinquenz sowie seiner Gewaltgeneigtheit“, dass er „gegen szenetypische Straftaten wie Sachbeschädigungen und Landfriedensbruch einschreiten wird“, so hingegen das Ordnungsamt.
Es gab ein Kooperationsgespräch
Es sei zu befürchten, dass er „Gewalt zur Durchsetzung politischer Zeile nicht unterbinden, wenn nicht sogar unterstützen oder gar selbst einsetzen wird.“ Die Behörde verlangt, einen neuen Versammlungsleiter zu benennen. Der bisher vorgesehene erschien jedoch artig zum Kooperationsgespräch.
Das Ordnungsamt befürchtet am 23. Februar ähnliche Vorfälle wie in den vergangenen Jahren. Es zitiert in seinem Bescheid den Aufruf zum Protest gegen die geplante „Fackelmahnwache“ der Neonazis, in dem es heißt, man müsse „selbst aktiv werden“: „Setzen wir uns ein gegen Krieg, Ausbeutung und Rassismus. Ob in Betrieben, Schulen oder auf der Straße, alle sind gefragt sich für eine solidarische Gesellschaft einzusetzen, die sich an den Bedürfnissen der Mehrheit der Menschen orientiert. Deshalb lasst uns auch dieses Jahr am 23. Februar gemeinsam und entschlossen gegen die Faschisten auf die Straße gehen und ihnen ihr Gedenken vermiesen!“
Sicherheitsbehörden befürchten Blockaden
Das Ordnungsamt rechnet damit, „dass sich unter den Versammlungsteilnehmern ganz überwiegend wieder Personen befinden werden, die als gewaltgeneigt und in Teilen als gewaltbereit einzuschätzen sind“. In der Vergangenheit habe es nach dem Ende der „Versammlungen der linken Szene“ regelmäßig Versuche gegeben, „die Zugangswege zur Versammlung der rechten Szene zu blockieren und die Gittersperren der Polizei – auch unter Anwendung von Gewalt gegen Polizeibeamte – zu überwinden.“
Zu der Protestkundgebung sind 250 Menschen angemeldet. Der Versammlungsleiter muss bei der Auftaktkundgebung „nachdrücklich“ darauf hinweisen, dass die Versammlung einen friedlichen und gewaltfreien Verlauf nehmen“ und nur im vereinbarten Bereich stattfinden soll, bittet das Ordnungsamt. Er soll „im Bedarfsfall zusammen mit den Ordnern auf die teilnehmenden Personen besonnen und mäßigend“ einwirken, „vor allem bei Provokationen von Dritten“. Er soll auch „ausdrücklich auf die Gefährdung durch die Bundesstraße“ hinweisen.
Parkplatz am Wartbergfreibad ist tabu
Deren unmittelbare Nähe und die „Erfahrungen aus der Vergangenheit über die komplexe Versammlungslage im Bereich des Wartbergs“ seien der Grund dafür, weshalb die Behörde mindestens 15 Ordner – eine höhere Zahl als sonst üblich – verlangt und „das Tragen von Warnwesten“ empfiehlt. Die Wartbergallee als Demoroute lehnt die Behörde ab, ebenso den Parkplatz des Wartbergfreibads als Ort für die Schlusskundgebung.
Dort wäre nämlich „konkret mit anlassbezogenen Straftaten wie vermummtes Auftreten, Einsatz von Pyrotechnik und gewalttätige Aktionen gegen Polizeibeamte und andere zu rechnen“. Außerdem brauche die Polizei den Freibadparkplatz als „einsatzkritischen Aktionsraum“ zum Schutz der Fackelmahnwache des Freundeskreises „Ein Herz für Deutschland“ und zum Aufstellen von Einsatzfahrzeugen.
Siehe auch unsere früheren Berichte über die „Fackelmahnwachen“ zum 23. Februar in Pforzheim:
Lautes Feuerwerk stört Fackelträger (2017)
Fackelträger brauchen Polizeischutz (2016)
Entschlossen trotz Schlagstock und Pfefferspray (2015)
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