Von unseren ReporterInnen – Pforzheim. Bis zu 450 Nazi-GegnerInnen demonstrierten am eisigen Freitagabend, 23. Februar, in Pforzheim gegen die sogenannte Fackelmahnwache des Freundeskreises „Ein Herz für Deutschland“. Dieser missbraucht jedes Jahr den Jahrestag des Bombenangriffs der Alliierten 1945 auf die Stadt für einen Aufmarsch auf dem Wartberg. Die Polizei war mit knapp 800 Einsatzkräften vor Ort.
Die Proteste gegen die rechte Fackelmahnwache begannen mit einer Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz. Mehrere RednerInnen kritisierten den Rechtsruck und das Erstarken rechtspopulistischer Parteien wie der AfD in Deutschland. Man müsse den Kampf gegen Rechts wieder verstärkt auf die Straße bringen, hieß es. Teil des Problems sei ein Staat, der Naziaufmärsche mit massiver Polizeigewalt durchsetze und diejenigen verurteile, die sich des Naziproblems konsequent annähmen.
Demonstration mit lauten Parolen
Gegen 18.30 Uhr startete der antifaschistische Demonstrationszug – begleitet von BeamtInnen des Antikonfliktteams der Polizei – in Richtung Wartberg. Die TeilnehmerInnen skandierten Parolen wie „Staat und Nazis Hand in Hand – unsere Antwort Widerstand“, „Nationalismus raus aus den Köpfen“ und „Gegen das Konstrukt aus Volk, Nation und Rasse – für uns gibt’s nur eins: Klasse gegen Klasse“.
Nach knapp 45 Minuten erreichte der Demozug den Platz vor dem Hotel Hasenmayer. Dort war ebenfalls eine Kundgebung angemeldet worden, und dort wurde die Versammlung auch beendet.
Gelände gleicht einer Festung
Nach Polizeiangaben verteilten sich daraufhin etwa 200 Demonstrations-TeilnehmerInnen rund um den Versammlungsort der Neonazis. Die Polizei sicherte das Aufmarschgelände weiträumig ab. Insgesamt waren knapp 800 Kräfte im Einsatz.
Unterstützung bekam die Polizei vom Technischen Hilfswerk THW. Auch ein Wasserwerfer und Polizeihunde waren im Einsatz. Zusätzlich leuchteten Flutlichtstrahler das Gelände aus, das wie eine Festung wirkte.
Fackelträger unter Feuerwerk
Rund 60 (nach Polizeiangaben 70) Personen des extrem rechten Freundeskreises „Ein Herz für Deutschland“ fanden sich auf dem Wartberg zur sogenannten Fackelmahnwache ein. Die GegendemonstrantInnen, die sich entlang der Polizeiabsperrungen positioniert hatten, skandierten unüberhörbar laut Parolen. Vor dieser Geräuschkulisse standen die Neonazis um 19.47 Uhr mit ihren Fackeln zur Schweigeminute bereit.
Im unteren Bereich des Wartbergs störten Protestierende auf Höhe der Wartbergallee die Gedenkfeier des „Freundeskreises“ mit Pyrotechnik so stark, dass geschossene Elemente durch Bäume und Sträucher bis an die Mahnwache der Rechten auf das obenliegende Plateau vordrangen.
Etwa 100 GegendemonstrantInnen machten sich nach dem Ende der Fackelmahnwache gegen 20.15 Uhr spontan auf den Weg zu einer Kundgebung in Richtung Bahnhof. Kurz nach 21 Uhr wurde die neuerliche Versammlung aufgelöst.
Ermittlungen gegen zwei Tatverdächtige
Gegen zwei Tatverdächtige wird laut Polizei wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung durch Einsatz von Pyrotechnik ermittelt. Ein Suchscheinwerfer sei im Verlauf der Gegendemonstration beschädigt worden. Überdies seien zwei Beamte und zwei Diensthunde durch abgebrannte pyrotechnische Gegenstände leicht verletzt und durch „gezielte Böllerwürfe“ fünf weitere Polizisten gefährdet worden.
Polizeipressesprecher Raphael Fiedler und Einsatzleiter Ralf Gerber zogen dennoch eine positive Bilanz. Es habe weder Platzverweise noch Festnahmen gegeben. Das Sicherheitskonzept mit den knapp 800 eingesetzten BeamtInnen habe sich bewährt. Die TeilnehmerInnen der Veranstaltungen hätten sich überwiegend besonnen und diszipliniert verhalten, so dass man aus polizeilicher Sicht auf einen friedlichen Verlauf zurückblicken dürfe.
Auch die Stadt und der DGB riefen zu Versammlungen auf
Nach Polizeiangaben hatten sich an einer Gedenkveranstaltung auf dem Hauptfriedhof mit Kranzniederlegung von 16 Uhr bis 16.50 Uhr etwa 250 Menschen beteiligt. Eine weitere Versammlung mit Demozug des DGB und der „Initiative gegen Rechts“, der gegen 18.50 Uhr am Marktplatz endete, habe rund 150 TeilnehmerInnen gezählt.
Das „Lichtermeer“ der Stadt Pforzheim auf dem Marktplatz habe um 19.30 Uhr begonnen und gegen 20.20 Uhr mit etwa 300 Teilnehmerinnen geendet. Die Zahl der antifaschistischen DemonstrantInnen gibt die Polizei ebenfalls mit bis zu 300 an. Wir zählten allerdings deutlich mehr.
Siehe auch Versammlungsleiter angeblich unzuverlässig
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