Von Tape Lago und Emrah Durkal – Mannheim. Unter dem Motto „Nein zum Krieg – Rüstungsexporte an die Türkei stoppen – Solidarität mit Afrin!“, gingen am Samstag, 24. Februar, 800 Menschen in der Mannheimer Innenstadt auf die Straße, um ihre Verbundenheit mit der Bevölkerung in Afrin zu zeigen und ein Ende des Kriegs gegen die KurdInnen zu fordern. Die Polizei war mit einem großen Aufgebot in der Universitätsstadt und konnte Angriffsversuche einiger türkischen Nationalisten abwehren.
Polizisten der Beweissicherung filmten – ohne erkennbare Gründe – TeilnehmerInnen der friedlichen Demonstration, die vom Schlossplatz über die Breite Straße zum Alten Messplatz zog.
Es war im Vorfeld der Demonstration, bekannt geworden, dass türkische Nationalisten den Ablauf des Protestmarsches stören wollten. Vor der Freilassung des deutschen Journalisten Deniz Yücel hat die Bundesregierung 31 Rüstungsausfuhren in die Türkei genehmigt. Diese Meldung, die bislang von der Merkel-Regierung nicht bestritten wurde, löste am Samstagnachmittag Unmut bei vielen DemoteilnehmerInnen aus.
Gegen die Leopard-Panzer in Afrin
Auf dem Schlossplatz hatten sich am früheren Nachmittag hunderte KurdInnen, türkische Linke, AntifaschistInnen und andere Linke versammelt, um ein starkes Zeichen gegen den Einsatz der deutschen Leopard-Panzer in Afrin und den Krieg des türkischen Staates gegen die KurdInnen zu setzen. Aufgerufen hatte ein Bündnis von mehr als 20 türkischen und kurdischen Organisationen. Sie werfen dem türkischen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ein Massaker an Zivilisten in Nordsyrien vor.
Bei der Auftaktkundgebung rief Roland Schuster von der Mannheimer Linken als Moderator der Veranstaltung die TeilnehmerInnen dazu auf, sich nicht von türkischen Nationalisten, türkischen „Faschisten“ und rechten deutschen „Wutbürgern“ provozieren zu lassen. Man solle dafür sorgen, dass die Demonstration einen friedlichen Verlauf nimmt, damit die Protestierenden ihr Anliegen auf die Straße tragen können, betonte er. Daraufhin verlas er die Auflagen.
So waren Flaggen, Symbole, Abbildungen, Fahnen und Parolen in Verbindung mit der PKK und Abdullah Öcalan untersagt. Danach setze sich der Demonstrationszug Richtung Innenstadt in Bewegung. Dort forderte Schuster einen sofortigen Stopp des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges der Türkei auf die KurdInnen in Afrin. „Raus mit den Leos aus Kurdistan“, rief er unter Beifall.
Bunte und lautstarke Demonstration in der Innenstadt
Die Botschaft der Demo-TeilnehmerInnen war klar: „Nein zum Krieg. Rüstungsexporte in die Türkei stoppen.“ Sie trugen Transparente und schwenkten Fahnen. Mit Sprechchören wie „deutsche Panzer raus aus Kurdistan“ und „Erdogan Terrorist“ machte sich die bunte und lautstarke Demonstration auf den Weg in die Innenstadt.
Die Polizei stoppte den Zug mehrmals – offenbar um zu prüfen, ob es Verstöße gegen die Auflagen gab. Ein Demonstrant wurde von der Polizei festgehalten, weil er angeblich eine verbotene Fahne trug. Bei genauerer Überprüfung des gezeigten Symbols stellte sich aber heraus, dass es nicht verboten sei.
Eine Sprecherin der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD/iL) kritisierte aus dem Lautsprecherwagen die Türkei-Politik der Bundesregierung scharf und forderte sie auf, die Waffenlieferungen an die Türkei zu stoppen.
Angriffe von türkischen Nationalisten
Obwohl die Demonstration friedlich verlief, war die Stimmung in der Innenstadt sehr aufgeheizt und bedrückt. Grund dafür dürfte die massive Polizeipräsenz gewesen sein. Durch das ständige Filmen von DemoteilnehmerInnen störte die Polizei den Verlauf des friedlichen Protestmarsches.
Unweit des Paradeplatzes und des Markplatzes versuchten türkische Nationalisten, die Demonstration zu provozieren und anzugreifen. Es kam zu Rangeleien und verbalen Auseinandersetzungen. Die Polizei wehrte den Angriff ab und konnte die gewaltbereiten Nationalisten im Zaun halten. Daraufhin setze der Demonstrationszug seinen Lauf zum Alten Messplatz fort.
Humanitäre Tragödie in Afrin befürchtet
Dort verlas die Mannheimer Schauspielerin Bettina Franke, Gründungsmitglied der Hilfsorganisation „Save Me“, ein Grußwort von Medico. Die Hilfsorganisation engagiert sich weltweit für Geflüchtete und Kriegsopfer. Sie verurteile so Franke, den völkerrechtswidrigen Einsatz des türkischen Militärs in Afrin.
Anschließend rief sie die DemonstrantInnen auf, sich mit den Bevölkerungen in Afrin und Nordsyrien zu solidarisieren. Die Krankenhäuser seien mit den vielen Verletzten überlastet und fürchteten eine humanitäre Katastrophe, so Franke. Deshalb sammle Medico Geld, um ihnen helfen zu können.
Krieg gegen Afrin völkerrechtswidrig
Dr. Gundi Dilberz von der „Demokratischen Selbstverwaltung von Rojava“ sprach im Sinn der Vorrednerin und kritisierte die AKP-Regierung scharf. Sie wolle die Selbstverwaltungsinitiative und die neue Gesellschaftsordnung in Rojava zum Scheitern bringen. Der Angriffskrieg in Afrin sei eine Rache Erdogans am kurdischen Volk, betonte Dilberz weiter und forderte auch einen Stopp des „Erdogan-Krieges“ gegen die KurdInnen.
Gökay Akbulut, Abgeordnete der Linken, richtete solidarische Grüße der Bundestagsfraktion ihrer Partei an die Demonstrierenden aus und prangerte Erdogan, seine Regierung und die AKP an. Dabei forderte sie die Merkel-Regierung auf, den Angriffskrieg gegen die KurdInnen als volkerrechtswidrigen Krieg zu bezeichnen und anzuerkennen.
Es sei untragbar, dass ein NATO-Land wie die Türkei Hand in Hand mit Jihadisten in Nordsyrien operiere, erkläre Akbulut und griff die SPD wegen ihrer Zustimmung zu den Waffenlieferungen in die Türkei an. Anschließend, forderte die linke Bundestagsabgeordnete ein Ende des Krieges in Afrin und Nordsyrien.
Türkische Nationalisten geben auf
Während sie sprach, nahm die Polizei eine Kurdin, die angeblich die Polizei beleidigt hatte, in Gewahrsam, stellte ihre Identität fest und ließ sie wieder frei. So ging die bunte und lautstarke Demonstration gegen den Krieg in Afrin und Nordsyrien friedlich zu Ende. Sie war aus Sicht der Veranstalter ein Riesenerfolg. Es sei ein Sieg gewesen, dass die Kundgebung der türkischen Nationalisten, die einen Tag darauf am Sonntag, 25. Februar, geplant war, abgesagt wurde.
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