Von Paul Linker – Heilbronn. Vor dem Amtsgericht Heilbronn fand am Gründonnerstag, 29. März, einer der ersten Prozesse gegen AktivistInnen statt, die im vergangenen Jahr auf der Straße und im Wasser gegen die Castortransporte der EnBW auf dem Neckar protestiert hatten. Wegen eines Befangenheitsantrags gegen den Richter wurde die Verhandlung vertagt.
Seit Anfang des Jahres sehen sich eine Vielzahl der beteiligten AktivistInnen Repressionen ausgesetzt. Das Ordnungsamt Heilbronn erließ hohe Bußgeldbescheide wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Die Einsprüche gegen diese Bescheide werden gegenwärtig in rascher Folge vor dem Amtsgericht Heilbronn verhandelt.
Der Prozess am Gründonnerstag nahm insofern einen überraschenden Verlauf, als er nicht abgeschlossen, sondern vertagt wurde. Der Aktivist, um dessen Bußgeldbescheid es ging, hatte es als besonders empörend gefunden, dass Amtsrichter Jäger den von ihm ausgesuchten Wahlverteidiger Holger Isabelle Jänicke drei Tage vor dem Prozesstermin abgelehnt hatte (siehe „Bußgeld wegen Castor-Protest„). Die Begründung: Er sei nicht „vertrauenswürdig“, wobei auch das „Ausreißen von genmanipulierten Kartoffeln“ angeführt wurde. Eine beantragte Akteneinsicht wurde nicht gewährt.
Andere AktivistInnen vermittelten dem Betroffenen jedoch in der knappen verbliebenen Zeit hochmotiviert und solidarisch eine neue Wahlverteidigerin. Darüber zeigte sich Amtsrichter Jäger bei der Eröffnung des Verhandlung mehr als erstaunt. Er verlangte von der Wahlverteidigerin sogar den Personalausweis.
Wegen der Ablehnung des ursprünglich ausgesuchten Wahlverteidigers wurde unmittelbar nach Verhandlungsbeginn der Befangenheitsantrag gegen Amtsrichter Jäger gestellt. Auch darüber äußerte er verblüfftes Erstaunen und Verwunderung. Der Beschuldigte kenne ihn doch gar nicht und könne deshalb nicht wissen, ob er befangen sei.
Trotz dieser für den Betroffenen irritierenden Äußerungen und mehrerer Versuche des Richters, mit ihm ins Gespräch zu kommen, beharrten der angeklagte Aktivist und seine Wahlverteidigerin auf dem Befangenheitsantrag. So blieb Richter Jäger nichts Anderes übrig, als den geladenen Polizeizeugen unverrichteter Dinge wieder nach Hause zu schicken und den Prozess zu vertagen.
Der Gerichtssaal in Heilbronn war komplett mit UnterstützerInnen des Angeklagten gefüllt. Sie feierten die Vertagung als Erfolg. Im April und Mai sind weitere Verhandlungen vor dem Amtsgericht Heilbronn gegen andere AktivistInnen angesetzt.
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