Von unseren ReporterInnen – Nürnberg. Mit soviel Zulauf hatten selbst die VeranstalterInnen nicht gerechnet: In der Nürnberger Südstadt protestierten am Freitag, 20. April, bis zu 6000 Menschen gegen das geplante bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) unter dem Motto: „Nein zum neuen Polizeiaufgabengesetz! Grundrechte schützen!“. Zu der Demonstration, die am Aufseßplatz begann, hatte ein Bündnis von mehr als 40 Organisationen und Parteien aufgerufen – unter anderem Grüne, Linke, SPD und FDP, aber auch weitere Oppositionsparteien, Bürgerrechtler und Journalistenvereinigungen.
Die DemonstrantInnen setzten ein starkes Zeichen gegen das geplante neue Gesetz, das die CSU Mitte Mai im bayrischen Landtag verabschieden will. Sie werfen der Regierungspartei und der AfD vor, Bayern zu einem Diktator-Staat machen zu wollen, und fordern eine Korrektur des Gesetzentwurfs.
Die Kritiker des PAG sehen in dem Gesetzentwurf einen Angriff auf Freiheits- und Bürgerrechte. Die bayrische Regierung rüste die Polizei mit Befugnissen aus wie seit 1945 nicht mehr. Bayerns Polizei werde „zunehmend zu einem Überwachungsapparat ausgebaut“. Das sei ein klarer Verstoß gegen das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten, so der Tenor der Redner.
Warnung vor einem Polizeistaat
Nach und nach füllte sich am frühen Freitagabend der Aufseßplatz. Nach der Auftaktkundgebung zogen die DemonstrantInnen mit Transparenten und Bannern zum Jakobsplatz.
Bei der Demonstration, die von wenigen BeamtInnen begleitet wurde, skandierten die TeilnehmerInnen „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit klaut“ und „Hoch mit der Freiheit, runter mit der Sicherheit“ oder auch „Wir wollen keinen Polizeistaat“. Mit ihren Parolen erreichten sie bei ihrem Zug durch die Stadt viele PassantInnen.
Überwachung auch ohne Straftat
Besonders kritisch sehen es die Gegnerinnen des Gesetzentwurfs, dass die Polizei in Zukunft leichter Telefone überwachen und Briefe öffnen darf als bisher. Schon im Juli 2017 wurde die Schwelle abgesenkt, ab der die Polizei tätig werden kann. Nach dem geplanten PAG soll es schon ausreichen, wenn die Wahrscheinlichkeit begründet wird, dass in überschaubarer Zukunft eine Straftat begangen werden könne, kritisierte ein Redner das PAG.
„Grundrechte werden zu Ruinen“
GegnerInnen des Gesetzes beobachten seit Jahren, dass die demokratischen Rechte durch immer neue Überwachungsmaßnahmen eingeschränkt werden. Besonders die CSU trete als Hardliner auf.
„Mit ihrem Bundesinnenminister Horst Seehofer hat die CSU nun auch einen willfährigen Vollstrecker ihrer Fantasien in der Bundesregierung platziert“, sagte ein Demonstrant. Wer die Eingriffsbefugnisse des Staates noch mehr ausweiten wolle, schleife jedoch die Grundrechte, „bis sie nur noch Ruinen sind“.
Psychisch Kranke sollen wie Straftäter behandelt werden
Die GegnerInnen des PAG nahmen auch das „Hilfe-Gesetz“ ins Fadenkreuz. Demnach sollen künftig psychisch kranke Menschen mit Gefährdern gleichgesetzt werden. Depressive Menschen sollen in Bayern künftig registriert und behandelt werden, als wären sie Straftäter.
Das sei kein Hilfe-Gesetz, sondern eine Erweiterung der Polizeigesetze und dürfe so nicht angewendet werden, da es ebenfalls die Grundrechte von Menschen beschneidet, führte eine Rednerin aus.
Abschlusskundgebung mit Badaboom
Nachdem die Demonstration den Jakobsplatz erreicht und die TeilnehmerInnen sich um den Bühnen-Lastwagen formiert hatten, kritisierten mehrere Redner abermals das geplante PAG der Landesregierung. Die Band „Badaboom“ sorgte zwischen den Reden mit ihrem explosiven Rock trotz des ernsten Themas für eine ausgelassene Stimmung bei den TeilnehmerInnen.
Am 10. Mai wollen die PAG-GegnerInnen mit einer Großdemonstration in München erneut gegen das Gesetz protestieren. Die Organisatoren rechnen erneut mit mehreren tausend TeilnehmerInnen, die ein deutliches Signal gegen die bayrische Landesregierung setzen wollen.
Der Gesetzentwurf kann hier nachgelesen werden.
Fotos und Videos: Andreas Scheffel und Alfred Denzinger
Videos
Videos zu den einzelnen Statements und den Redebeiträgen (bitte anklicken):
Bündnissprecher Henning Zimmermann
Bündnis gegen das PAG – Debora Pihan
Bündnis gegen das PAG – Chippy
Bündnis gegen das PAG – Mareike Schildbach – Abschluss-Redebeitrag
DIE GRÜNEN – Redebeitrag Markus Ganserer
DIE LINKE – Statement von Uwe Halla
DIE LINKE – Rede von Uwe Halla
DIE LINKE / SDS – Rede von Gizem Fesli
DIE LINKE / SDS – Statement von Gizem Fesli
FAU – Freie ArbeiterInnen Union -Statement von Michael
FDP – Matthias Fischbach
Gruppe „31. Mai“ – Redebeitrag
Grüne Jugend – Jule Ziegler
Junge Liberale / FDP – Rede von Simon Landenberger
Junge Liberale / FDP – Statement von Simon Landenberger
Piratenpartei – Statement von Daniel Gruber
Poetry Slam von Lara
SPD – Stefan Schuster, MdL
SPD – Rede von Magdalena Reiß
SPD – Statement von Magdalena Reiß
SPD – Statement von Christine Kayser & Hans Russo
Verdi – Redebeitrag von Ulli Schneeweiß
Wissam, Geflüchteter aus Syrien
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