Von Sandy Uhl – Radolfzell. Der „Dritte Weg“ und Neonazis nehmen den 8. Mai als Jahrestag der Befreiung schon länger zum Anlass, um am umstrittenen Kriegerdenkmal am Luisenplatz in Radolfzell Kränze abzulegen. Das wollte das Offene Antifa Treffen Konstanz (OAT Konstanz) wie jedes Jahr verhindern. Das Friedensfest des Bürgerbündnisses „Radolfzell für Demokratie“ (BRD) machte ihr jedoch einen Strich durch die Rechnung.
Wer war zuerst da? Das war die große Frage des Tages. Das OAT wollte am 8. Mai an dem Kriegerdenkmal über die NS-Vergangenheit und Nazistrukturen in Radolfzell und Umkreis aufklären, hieß es in einem Flyer. Einen Tag vor dem Termin bekam der Anmelder jedoch einen neuen Platz zugewiesen.
Obwohl er seine Veranstaltung bereits einen Monat zuvor angemeldet hatte, sollte er nun einem Friedensfest des Bürgerbündnisses am Luisenplatz zur selben Zeit weichen, berichtet er. Das Offene Antifa Treffen (OAT) wirft den Behörden deshalb erneut vor, rechtswidrige Methoden genutzt zu haben, um ein Fest zur Blockade linker Politik zu erfinden (siehe auch „Protest gegen Behördenwillkür in Radolfzell„. Das OAT will gegen das Vorgehen der Stadt Radolfzell erneut Klage einreichen.
Das OAT hatte als Versammlungsort einen Platz in der Seestraße abseits des Luisenplatzes zugeteilt bekommen. Dort wurde sein Infotisch von mehreren BeamtInnen in fünf Polizeifahrzeugen überwacht.
„Christo“ lässt grüßen
Das Friedensfest des „BRD“ begann gegen 15 Uhr auf dem Luisenplatz. TeilnehmerInnen hatten die dort stehende Statue zweier bewaffneter Soldaten – offenbar nach Christos Vorbild – mit Tüchern verhüllt. Vor dem Kriegerdenkmal waren Leinentücher ausgelegt, die Kinder und Erwachsene mit Farbe in ein buntes Transparent verwandelten. Des Weiteren konnte man sich an einem „Nazi-Symbol-Quiz“ beteiligten. Auch die Initiative „Stolpersteine-Radolfzell“ war vor Ort. Hinterbliebene der Deportierten Johann Baptist Kaiser und Carl Dietz berichteten eindrucksvoll über deren Leben.
Teilnehmerin verwechselt Links mit Rechts
Vier Mitglieder des OAT stellten sich gegen 16 Uhr direkt am Kriegerdenkmal auf, um ihren Protest gegen die Nazistrukturen in Radolfzell sichtbar zu machen und über die NS-Vergangenheit aufzuklären. Auf Plakaten zeigten sie NS-Straftäter und Opfer des NS-Regimes auf. Als eine ältere Teilnehmerin des Friedensfestes die Personen stehen sah, rief sie in die Menge „Jetzt sind sie da, die Rechten.“ Das führte kurzzeitig zu allgemeiner Verwirrung.
Als einer der hinzugezogenen Polizeibeamten merkte, dass es sich um Mitglieder des OAT handelt, drohte er ihnen eine Strafanzeige an. Dies wohl vor dem Hintergrund, dass das OAT eine nicht angemeldete Versammlung in einer genehmigten Versammlung abhalte. Erst nach Rücksprache mit der Anmelderin des Friedensfestes sah der Polizist von einer Strafanzeige ab. Zuvor hatte er sich mehrfach vergewissert, dass es kein Problem darstelle, dass die jungen Menschen an dem Fest teilnehmen und ihre Flyer verteilen. Etliche TeilnehmerInnen des Friedensfestes stellten überrascht fest, dass es sich ja um sehr nette Personen handele, die vor Ort antifaschistische Arbeit leisten.
Traue nicht dem Frieden
Gegen 18.30 Uhr war das Friedensfest beendet und keine TeilnehmerInnen mehr zu sehen. Auch die Statue war wieder enthüllt. Da das OAT dem Frieden jedoch nicht traute, machte es sich in den Abendstunden auf der Wiese vor dem Kriegerdenkmal bequem. Bei kühlen Getränken, einem Snack und spannender Lektüre hielt es die Stellung, um zu verhindern, dass der „Dritte Weg“ und Neonazis erneut einen Kranz niederlegen. Das war wohl auch erfolgreich. Am Ende des Tages siegte „die Antifa“.
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