Von Andreas Scheffel – Stuttgart. Der bislang größte Prozess gegen Kleinwaffenexporte des Waffenherstellers Heckler & Koch aus Oberndorf startete am Dienstag, 15. Mai, vor dem Stuttgarter Landgericht. Dem Waffenhersteller wird vorgeworfen, bei Waffenlieferungen nach Mexiko gegen das Kriegswaffenkontroll- und das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. Nach einem Bericht des Magazins „Report Mainz“, dem der interne Bericht eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens vorliegt, soll der Waffenhersteller Politikern von CDU und FDP Geld angeboten haben.
Nach den Recherchen soll Heckler & Koch zwei mit Rüstungsthemen befassten Bundestagsabgeordneten der FDP jeweils 5000 Euro angeboten und auf Konten der Partei überwiesen haben. CDU-Politikern aus dem Kreisverband Rottweil habe der Konzern 10 000 Euro zukommen lassen. Eines der prominentesten Mitglieder des Kreisverbandes der CDU ist Volker Kauder, Unions-Fraktionschef im Bundestag.
In dem Prozess wegen der Waffenexporte nach Mexiko sitzen sechs Mitarbeiter des Unternehmens auf der Anklagebank. 25 Verhandlungstermine wurden angesetzt. Den Angeklagten wird vorgeworfen, an 16 Lieferungen in den Jahren von 2006 bis 2009 nach Mexiko beteiligt gewesen zu sein. Fast 5000 Gewehre und Zubehörteile des TYP G-36 sollen so in die Krisenregionen Chiapas, Chihuahua, Guerrero und Jalisco in Mexiko gelangt sein. Laut Rüstungsexportbericht der Bundesregierung, dürfte es keine Waffen von Heckler & Koch in dem Bundesstaat Guerrero in Mexiko geben.
Konzern soll um Exportgenehmigungen gebeten haben
KriegsgegnerInnen werfen den verantwortlichen Politikern und dem zuständigen Wirtschaftsministerium schon lang vor, nur lapidar gegen den Waffenhersteller aus Oberndorf vorzugehen. Aus dem internen Bericht soll auch hervorgehen, dass sich der damalige Geschäftsführer von Heckler & Koch drei Wochen nach der Überweisung schriftlich an den CDU-Politiker Volker Kauder gewandt hat. Der damalige Geschäftsführer der Waffenschmiede soll den Politiker um Unterstützung dafür gebeten haben, dass er eine Exportgenehmigung nach Mexiko erhält. Ob die Geldspenden tatsächlich Auswirkungen auf die Genehmigungspraxis hatten, ist derzeit nicht bekannt.
Fast 5000 Gewehre des Typs G36
Das 2010 eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Heckler & Koch wegen illegaler Ausfuhr von Sturmgewehren hatte zu einem Ausfuhrverbot von Waffen des Rüstungskonzerns nach Mexiko geführt. In den umkämpften Regionen des Landes tobt ein regelrechter Krieg zwischen Behörden, Polizei und Drogenbanden.
Korrupten Polizeibeamten wurde vorgeworfen, mit den Drogenbanden gemeinsame Geschäfte zu machen – zuletzt mit vielen Toten und schweren Menschenrechtsverletzungen. Vor vier Jahren wurden in Guerrero 43 Studenten entführt und ermordet, angeblich auch mit Waffen von Heckler & Koch. 5000 Gewehre des Typs G36 und Zubehörteile sollen nach Mexiko gelangt sein.
Friedenskundgebung vor Prozessbeginn
Friedensaktivisten hatten zum Prozessauftakt zu einer Kundgebung vor dem Gericht aufgerufen. Mit Bannern, Transparenten und Plakaten kritisierten die AktivistInnen die Waffenexporte. Mehrere RednerInnen warfen der Rüstungsfirma Heckler & Koch vor, mit dem Tod von Menschen Profit zu erzielen.
Die Bundesregierung müsse ein nachhaltiges Waffenexportverbot verhängen. Von mehreren RednerInnen wurde eindringlich dargestellt, wie wichtig die Aufklärung der Waffenexporte sei. Sie erinnerten an die ermordeten Studentinnen in Mexiko.
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