Stuttgart. Die Mitgliedschaft in den beiden christlichen Großkirchen in Stuttgart ist in der Zeit von 1986 bis 2017 von 74,8 Prozent auf 47,2 Prozent der Bevölkerung zurückgegangen. Damit gehört nur noch weniger als die Hälfte der Stuttgarter der katholischen oder evangelischen Kirche an. Darauf weist die Giordano-Bruno-Stiftung hin. Sie fordert eine klare Trennung zwischen Kirche und Staat.
Die Zahl der Kirchenmitglieder nehme durch Todesfälle immer mehr ab. Von den Kindern im Alter von bis zu sechs Jahren seien in Stuttgart nur noch knapp 25 Prozent, also knapp ein Viertel Mitglied. Damit gehört in Stuttgart unter vier Kindern nur eines der katholischen oder evangelischen Kirche an. Diese Entwicklung sei deutschlandweit zu beobachten.

Rund 200 Menschen demonstrierten am Karfreitag 2018 auf dem Stuttgarter Schlossplatz für die Trennung von Staat und Religion
Der Anteil der konfessionsfreien Bürger dürfte in Stuttgart bei etwa 40 Prozent liegen, so die Stiftung. Sie stellten damit die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe. Viele Noch-Kirchenmitglieder seien zudem „Taufscheinchristen“, die aus familiären Gründen, aus Bequemlichkeit oder womöglich deshalb in der Einrichtung blieben, weil sie als Beschäftigte in einer kirchlichen Einrichtung Zwangsmitglieder bleiben müssten.
„Es wird höchste Zeit, dass die Politik aufhört, die größte Bevölkerungsgruppe, die Konfessionsfreien, zu diskriminieren“, fordert Werner Koch von der Giordano-Bruno-Stiftung Stuttgart. Tanz- und Filmverbote am Karfreitag „sowie ähnliche religiöse Relikte“ gehörten abgeschafft. Es werde Zeit „für eine echte Trennung von Kirche und Staat – das umfasst auch die Abschaffung der Kirchensteuer und die Einführung von Ethik- oder Religionskundeunterricht für alle.“
Religionszugehörigkeit der Einwohner der Stadt Stuttgart, Stand 31. Dezember 2017:
Die Regionalgruppe Stuttgart der Giordano-Bruno-Stiftung setzte sich dafür ein, dass „die staatliche Bevormundung der Gesamtbevölkerung mit kirchlichen Normen beendet wird.“ Sie möchte dazu beitragen, dass sich weltanschaulich neutrale Gesetze durchsetzen, die auch die Interessen der konfessionell ungebundenen Menschen berücksichtigen. Religiös begründete Gesetze und kirchliche Privilegien seien zu hinterfragen.
Gleiche Rechte für alle Weltanschauungen bedeute nicht, dass christliche Kirchen diskriminiert würden, betont die Stiftung. Es gehe vielmehr darum, historische Privilegien und Sonderrechte abzubauen und die Diskriminierung anderer Weltanschauungen zu beenden: „Die Vielfalt der Weltanschauungen erfordert einen Staat mit mehr Säkularität und weniger Religiosität.“
Die Giordano-Bruno-Stiftung versteht sich als Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung, der zahlreiche bekannte Wissenschaftler, Philosophen und Künstler angehören. Ziel der Stiftung ist es, die Grundzüge eines logisch konsistenten, naturalistischen Weltbildes sowie einer säkularen, evolutionär-humanistischen Ethik und Politik zu entwickeln und einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Stiftung versteht sich in diesem Sinne „auch als Interessenvertretung und Sprachrohr aller einem rationalen Weltbild verpflichteten Menschen“. Die Regionalgruppe Stuttgart/Mittlerer Neckar des Förderkreises vertritt die Anliegen der Giordano-Bruno-Stiftung auf regionaler Ebene.
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