Von Mirjam Kohler – Basel. Sein nackter Hintern im Video-Interview mit einer Zeitung macht ihn zum schweizweiten Youtube-Phänomen. “Staatsanwaltschaft, leckt mich am Arsch!” kreischt der Lokalpolitiker Eric Weber, 54, mit seiner Fistelstimme. Nicht nur dieses Video sorgt für Belustigung. Dennoch hat es Weber als Mitarbeiter ins Bundestags-Büro eines AfD-Abgeordneten geschafft – zumindest vorübergehend.
Weber kündigte nach seiner Wahl ins Basler Regionalparlament 2013 an, das Parlament lahmzulegen. Sein Instrument dazu: schriftliche Anfragen. Über 700 davon reichte er ein, nutzte die Regierung als persönlichen Google-Ersatz für Fragen wie: “Gibt es in Basel Seen?”, “Ist es schädlich, das Handy nachts auf dem Nachttisch zu platzieren?” oder “Ist Sex in der Öffentlichkeit strafbar?”. Aber auch egozentrische Fragen wie “Kann Basel in Eric-Weber-Stadt umbenannt werden?”, “Warum darf Eric Weber nicht mit der Polizei mitfahren?” oder „Sex ohne Kondom – was sagt der Regierungsrat dazu?“ sorgten für ungläubige Lacher.
Am ehesten ins politische Spektrum einordnen lassen sich Nachfragen wie jene, ob „Ausländer an der Taubenplage schuld“ seien. Die Regierung muss zu jeder Frage schriftlich oder mündlich Stellung nehmen, Webers Anfragen kosten Unsummen an Geld und Zeit. Weber wurde nach vier Jahren abgewählt und suchte ein neues Wirkungsfeld. Das findet er, zumindest kurzfristig, im Büro des AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron. Er soll bei der Pressearbeit mithelfen.
Hitlergeburtstagsparty im Rathaus
Trotz dieses unfreiwillig komischen Durchfalls aus schriftlichen Anfragen: Eric Weber ist mehr als nur ein Politclown. Er verwendet nationalsozialistisches Vokabular wie „Umvolkung“ oder „Mischrasse“, bezeichnet AusländerInnen als „Ungeziefer“. Sein Sprachgebrauch ist mit ein Grund, weshalb es das Basler Strafgericht für zulässig erklärt, Weber als „Nazi“ zu bezeichnen.
In den 80er-Jahren wurde er zum ersten Mal ins Basler Parlament gewählt. Weber fiel schon damals auf, sorgte für Skandale, als er Asyl für verfolgte deutsche Nazis verlangte oder Hitlers Geburtstag im Rathaus feiern wollte. Es war die Zeit, in der er mit dem Hitlergruß ins Parlament marschierte.
International mit Rechtsextremen vernetzt
Weber, der sich selbst als Journalist bezeichnet (in der Vergangenheit hat er nach eigenen Angaben auch für die BILD gearbeitet; die Zeitung dementiert dies), ist international mit Rechtsextremen vernetzt. Stolz präsentiert er auf seiner Homepage Bilder, die ihn mit dem verstorbenen Jörg Haider (FPÖ) oder Marine und Jean-Marie le Pen (FN) zeigen.
Bekannt ist seine Teilnahme an NPD-Stammtischen mit deutschen und österreichischen Rechtsextremen, sogenannten „gesamtdeutschen“ Treffen. Er befindet sich mit unterschiedlichsten NPD-AktivistInnen im regen Austausch. Auch zur AfD suchte Weber früh den Kontakt, tauchte 2014 das erste Mal bei einer Wahlparty der rechtspopulistischen Partei auf. Die AfD distanzierte sich von Weber. Dieser wiederum behauptete, sich freiwillig für den Wahlkampf der AfD engagiert zu haben.
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Ein „Aus-Versehen-Mitarbeiter“ der AfD
Nach ihrem Erfolg bei der Bundestagswahl erhält die AfD durch die Mandate etliche Millionen an Steuergeldern. Auch der ehemalige Landesvorsitzende der AfD Bayern und jetzige Bundestagsabgeordnete Petr Bystron leistet sich von diesem Geld persönliche Angestellte. Einer von ihnen ist eben jener Basler Krawallmacher Eric Weber.
Auf Anfrage erklärt das Büro von Bystron, die Einstellung Webers sei ein Versehen gewesen und nicht von langer Dauer. „Wir haben daraus gelernt”, heißt es. Bystron selbst wurde 2017 vom Verfassungsschutz beobachtet. Grund dafür waren seine Sympathien mit der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ und Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen. Mit seiner Wahl als Bundestagsabgeordneter wurde die Beobachtung eingestellt.
Weitere extrem Rechte im Abgeordnetenbüro
Recherchen der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München zeigen: Es arbeiten weitere Rechtsextreme für Bystron. Die AfD leistet damit Unterstützung und Stabilisierung rechtsextremer Strukturen. Auf die Mitarbeiterin Dagmar S. angesprochen, die bei einer AfD-Kundgebung einen Pressefotografen angegriffen und NPD-Verbindungen haben soll, wurde mir erklärt, betreffende Mitarbeiterin erledige für die AfD „einfachste Bürotätigkeiten“ und habe keinerlei Einfluss. Auf weitere schriftliche Nachfragen ging das Büro nicht ein. Warum also nicht beispielsweise ein Student oder eine Studentin ohne rechten Hintergrund die Briefe an Bystron öffnet, bleibt unklar.
Also alles halb so wild bei der AfD? In erster Linie alte Muster: Schießt die Partei über das Ziel hinaus, wird es als Versehen deklariert oder heruntergespielt. Sie weitet dabei das Sag- und Machbare immer weiter aus – Richtung rechts. Trotzdem scheint es nicht so, als würde Weber sobald wieder bei den RechtspopulistInnen angestellt. Er könne uns Eric Weber als Mitarbeiter wirklich nicht empfehlen, falls wir jemanden suchen würden, sagt mir der Mitarbeiter von Petr Bystron am Ende unseres Telefonats. Kommt jetzt das „AfD, leckt mich am Arsch!“-Video von Weber?
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