Stuttgart. Das Aktionsbündnis Recht auf Wohnen, die Anstifter und der Verdi-Bezirk Stuttgart rufen für Donnerstag, 14. Juni, zu einer Kundgebung auf dem Stuttgarter Marktplatz unter dem Motto “Wir lassen nicht locker und machen weiter! Wohnraum für alle, statt Profite für wenige“ auf. Beginn ist um 17 Uhr, Anlass eine Debatte des Stuttgarter Gemeinderats über Wohnungspolitik.
Die Veranstalter sind der Meinung, dass sich endlich etwas ändern müsse in Stuttgart. „Die Mietpreise explodieren – seit 2009 sind die Angebotsmieten um 40 Prozent gestiegen. Viele BewohnerInnen werden nach massiven Mieterhöhungen aus ihren Stadtteilen verdrängt. Während immer mehr Luxus-Eigentumswohnungen gebaut werden, ist es für Normal- und GeringverdienerInnen immer schwieriger bezahlbaren Wohnraum zu finden. Gleichzeitig werden erhaltenswerte Wohnungen abgerissen und stehen mehrere tausend Wohnungen leer – viele davon seit Jahren und aus Gründen der Spekulation“ führt das Aktionsbündnis Recht auf Wohnen aus.
Um auf den Missstand aufmerksam zu machen und ganz konkret Leerstand zu beleben, hätten Ende April rund hundert Menschen die Initiative ergriffen und zwei bis dahin leerstehende Wohnungen im Stadtteil Heslach besetzt (wir berichteten). Zwei von Wohnungsnot betroffene Familien mit Kindern seien daraufhin dort eingezogen und hätten die Wohnungen wieder mit Leben gefüllt. Einen Monat später wurden die Wohnungen mit einem Großaufgebot der Polizei zwangsgeräumt und stehen nun wieder leer (siehe auch „Polizei räumt besetzte Wohnungen“ und „Protest gegen Leerstand geht weiter„). Diese Wohnungsbesetzungen haben viel aufgewirbelt und breite Diskussionen über Wohnungsnot entfacht. Hierzu führt das Aktionsbündnis weiter aus, „die Besetzung hat aber vor allem gezeigt: Nicht individuell, sondern nur gemeinsam können wir uns gegen Mietenwahnsinn, Verdrängung und Leerstand zur Wehr setzten. Die Besetzung war nur möglich, weil hunderte Menschen die zwei Familien unterstützt haben.“
Die Wohnungsbesetzungen lösten weit über Stuttgart hinaus Reaktionen aus. So kam es in der Folge zu weiteren Hausbesetzungen – unter anderem auch in Berlin. Selbst die Stuttgarter Zeitung sprach von einem Weckruf an die Stadt Stuttgart, die für die Wohnungsnot mitverantwortlich ist. Das Aktionsbündnis zeigt sich von der Stadt Stuttgart enttäuscht und erklärt dazu, „statt zu reagieren, Verantwortung zu übernehmen und Sofortmaßnahmen in die Wege zu leiten, haben sich Oberbürgermeister Kuhn und die Stadtspitze in Schweigen gehüllt. Für uns kann das nur eines bedeuten: Wir müssen noch mehr und vor allem noch lauter werden, damit sich endlich etwas bewegt. Die Stadt muss konsequent und mit allen verfügbaren Mitteln gegen Spekulanten, unbegründeten Leerstand und steigende Mietpreise vorgehen.“
Am 14. Juni findet im Gemeinderat eine Generaldebatte zum Thema Wohnen statt. Das Aktionsbündnis will „mit einer lautstarken Kundgebung auf dem Marktplatz die PolitikerInnen daran erinnern, dass sie endlich den Schulterschluss mit renditeorientierten Wohnungsbau- und Immobilienfirmen beenden- und eine Politik im Interesse der Menschen und BewohnerInnen dieser Stadt machen muss.“
Die Kundgebung wird organisiert von:
Aktionsbündnis Recht auf Wohnen
Die AnStifter
Verdi-Bezirk Stuttgart
Wir dokumentieren nachstehend den Aufruf zur Kundgebung des Aktionsbündnisses Recht auf Wohnen:
„Donnerstag, 14. Juni | ab 17 Uhr | Marktplatz
Wir lassen nicht locker und machen weiter!
Wohnraum für alle, statt Profite für wenige
Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum treibt viele in Stuttgart um. 4.300 Haushalte stehen auf Wartelisten für Sozialwohnungen, viele weitere leben jahrelang in beengte Verhältnissen, weil sie keine bezahlbaren Wohnungen finden. Besonders betroffen sind Familien, Geringverdienende und Alleinerziehende. Doch auch NormalverdienerInnen haben mittlerweile in und um Stuttgart oft massive Probleme bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Diese Tragödie haben ein profitorientierter Wohnungsmarkt und eine neoliberalen Politik der Privatisierung und der Sparmaßnahmen geschaffen. Privatisierung öffentlichen Eigentums und die haushaltspolitische „schwarze Null“ sind die Schlagworte mit denen über Jahrzehnte der Ausverkauf von staatlichem Eigentum vorangetrieben wurde. So wurden städtische Wohnungsbaugesellschaften in ganz Deutschland privatisiert, Zuschüsse für Sozialwohnungen gestrichen und städtischer Immobilienbestand verkauft, oft unter Wert. Zeitgleich wurde und wird bezahlbarer Altbestand zugunsten von überteuertem Wohnraum oder teuren Prestigeprojekten (Einkaufszentren, S21, …) abgerissen oder saniert. „Beraten“ ließen und lassen sich die hohen Damen und Herren aus der Politik von Profiteuren dieses Systems, das aus einem menschlichen Grundbedürfnis ein renditeträchtiges Milliardengeschäft macht. In einem „Bündnis für Wohnen“ setzen sich etwa die Stuttgarter Stadtoberen mit Lobbyisten der Immobilienbranche zusammen.
Am 14. Juni trifft sich nun der Gemeinderat zur Generaldebatte zum Thema „Wohnen“. Klar ist aber: Die, die dort debattieren, können das Problem gar nicht lösen. Sie haben es über Jahrzehnte mitverursacht. Alles was von ihnen zu erwarten ist, sind Lippenbekenntnisse und leere Versprechungen für die Zeit nach den Kommunalwahlen im Frühjahr 2019.
Fest steht: Solange wir uns nicht bewegen und aktiv werden, ändert sich nichts. Aber auch dann braucht es einen langen Atem. Die Profite, die mit dem Wohnraum gemacht werden, sind viel zu groß, als dass die Herrschenden nach mehreren Demonstrationen und einer Besetzung einknicken würden. Sie setzen lieber erst einmal auf Aussitzen und Unterdrücken. Das hat auch der Verlauf der Besetzung von zwei Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße 4 gezeigt. Die ganze Zeit über kamen von der Stadtverwaltung nicht einmal Beteuerungen und Worthülsen dazu, dass und wie man der Wohnungsnot in Stuttgart begegnen will. Einzig Landesinnenminister Strobel äußerte sich konkret: „Rechtsfreie Räume“ werde man nicht dulden. Das und die Räumung mit einem massiven Polizeiaufgebot sprechen eine deutliche Sprache. Die Staatsmacht zeigt uns, dass Profite von wenigen mehr gelten, als das Grundrecht auf Wohnen für alle. Dass die Besetzung trotzdem einen Monat gehalten werden konnte, lag nach eigenen Aussagen der Eigentümer an der breiten Unterstützung. Auch die Polizei sah sich unter Rechtfertigungszwang. Das zeigt, wie stark wir sein können, wenn wir uns gemeinsam bewegen.
Kommt darum zur Kundgebung des Aktionsbündnisses Recht auf Wohnen am 14. Juni, parallel zur Gemeinderatssitzung. Die Kundgebung ist ein weiterer Schritt, mit dem wir auf das Problem aufmerksam machen können.
Bewegen und vernetzen wir uns!
Gegen Mietenwahnsinn, Wohnungsnot und Kapitalismus!“
Videos der Veranstalter:
https://www.facebook.com/RechtaufWohnen/videos/1769261489830011/
https://www.facebook.com/RechtaufWohnen/videos/1772223899533770/
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