Von unseren ReporterInnen – Kornwestheim. Die Polizei hielt beide Seiten strikt getrennt, vereitelte am Morgen auch den Versuch, die Zufahrt zu der mit Hamburger Gittern abgesperrten Kundgebung der Rechten zu blockieren: 120 bis 140 Menschen beteiligten sich am Samstag, 7. Juli, am Protest gegen eine AfD-Kundgebung auf dem Kornwestheimer Marktplatz. Die Rechtsaußen-Partei will den Neubau einer Moschee der türkisch-islamischen Gemeinde verhindern. Die Protestierenden werfen der AfD vor, gegen Muslime zu hetzen. Bei der von etwa 100 Personen besuchten AfD-Kundgebung gab es Übergriffe auf eine ZDF-Journalistin mit türkischen Wurzeln. Die Polizei berichtet von einem „weitgehend friedlichen“ Geschehen.
Die angegriffene Journalistin gehörte zu einem Team des ZDF, das Aufnahmen für eine Dokumentation machte. Die Journalistin wurde als einzige von AfD-Anhängern angegangen, weggestoßen und betatscht. Keine Frage für sie, dass die Anfeindungen mit ihrer türkischen Herkunft zusammenhängen. Sie suchte und erhielt Schutz von der Polizei. Die BeamtInnen begleiteten sie und garantierten so die Pressefreiheit – leider eine absolut nicht selbstverständliche Situation.
- Rassistische Übergriffe …
- … auf eine ZDF-Journalistin
Auf der anderen Seite der Hamburger Gitter eröffnete und moderierte Friedhelm Hoffmann, früherer Stadtrat der Linken, die Protestkundgebung. Aufgerufen hatte ein breites Bündnis. Die AfD spreche von „Islamkritik“, sagte ein Redner von der Grünen Jugend, versuche aber in Wirklichkeit, „mit stumpfen Parolen ein Klima der Angst zu schaffen und unsere Gesellschaft zu spalten“.
- Friedhelm Hoffmann, Die Linke
- Redner der Grünen Jugend
„Natürlich müssen wir uns auch mit Ditib kritisch auseinandersetzen“ stellte er klar. Der Religionsverband stehe „dem türkischen Religionsministerium in Ankara nahe – und damit einer Regierung, „die die Pressefreiheit mit Füßen tritt, Oppositionelle und Journalisten ins Gefängnis wirft, LGBTQ-Menschen verfolgt und für tausende zivile Opfer und zehntausende Vertriebene in Nordsyrien verantwortlich ist.“
AfD und Ditib unterscheide jedoch nur wenig. Beide stünden „für ein reaktionäres und totalitäres Weltbild“. Auch Antisemitismus finde sich in beiden Organisationen. „Lasst uns gemeinsam einstehen für Toleranz, Solidarität und Mitmenschlichkeit“, so der Appell der Grünen Jugend.
Eine ähnliche Stoßrichtung verfolgte das AABS Stuttgart: Widerstand gegen die AfD, Kritik aber auch am Islamverband Dtib – wobei Erdogan und Dtib „Brüder im Geiste“ seien. David Schwarz von den Jusos warnte eindrücklich vor der AfD. Sie sei nicht gefährlich, weil sie im Bundestag mit 15 Prozent der Stimmen so viel ausrichten könne – sondern „weil sie den restlichen 85 Prozent erzählt, dass der rassistische Unsinn, den sie verbreitet, die Mehrheitsmeinung sei.“
Die AfD manipuliere das Denken in der Politik. Die eigentliche Gefahr sei nicht, dass sie Volkspartei werde, „sondern dass sie die Stimmung so weit nach rechts verschiebt, dass es egal ist, ob man AfD, CDU oder CSU wählt“.
„Antifaschismus ist Solidarität mit geflüchteten Menschen“, stellte Oli Kube klar, Ökolinx-Stadtrat aus Ludwigsburg. Dort stieg am Nachmittag das Festival „Mut gegen Rechts“ (wir berichteten). Herbert Würth vom Aktionsbündnis Castor-Widerstand Neckarwestheim, „seit jeher Antifaschist“, reihte sich in den Protest gegen die AfD ein. Ihn treibe besonders um, was die CSU im Vorfeld der Bayern-Wahl an Rechtsradikalismus und Ausländerhetze entwickle, sagte er.
- Herbert Würth, Castor-Widerstand Neckarwestheim
- Oli Kube, Ökolinx-Stadtrat aus Ludwigsburg
Das Original war jenseits der Hamburger Gitter zu sehen. „Wir wollen keine Islamisierung“, rief der Bundestagsabgeordnete Martin Hess rund 100 Anhängern zu – gerade so, als ob eine solche drohe. Prof. Lothar Maier, ebenfalls Bundestagsabgeordneter der AfD, begrüßte „den demokratischen Sektor“, dem er einen angeblich undemokratischen Sektor von AntifaschistInnen entgegen zu setzen versuchte. Als er sich an die „Bürger von Kornwestheim“ wandte, wurde allerdings klar, dass sich kaum jemand von diesen Bürgern in die Reihen der AfD eingereiht hatte. Als weiterer Redner trat der „Islamkritiker“ Hans-Michael Höhne-Pattberg auf.
- Hans-Michael Höhne-Pattberg, „Islamkritiker“
- AfD-Kundgebung
- Lothar Maier, AfD
Ein rechter Provokateur, der innerhalb der antifaschistischen Kundgebung für einen kurzen Tumult sorgte und von uniformierten Beamten aus der Kundgebung entfernt wurde, tauchte plötzlich in den Reihen der Polizei wieder auf. Zu welcher „Provokateur-Truppe“ er letztendlich gehört blieb offen.
- Rechter Aufwiegler …
- … oder ein …
- … Agent Provocateur?
Nach Abschluss der beiden Kundgebungen zogen die AfD-GegnerInnen in einer Spontandemo mit rund 80 TeilnehmrInnen zum Bahnhof. „Rassistisch, sexistisch, neoliberal – AfD, Partei des Kapitals“, wurde etwa skandiert – ebenso „Schulter an Schulter, gegen Rassismus“ und „Wer schweigt, stimmt zu – lasst Rassisten nicht in Ruh“. Für den 21. Juli hat die AfD eine erneute Veranstaltung in Stuttgart-Vaihingen angekündigt. Der Protest dagegen formiert sich bereits.
Video
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