Von Tape Lago – Wiesbaden. In der Wiesbadener Innenstadt demonstrierten am Sonntag, 19. August, weit über 1600 Menschen gegen den Landtags-Wahlkampfauftakt der extrem rechten AfD. Während die Partei in einem Vorort offiziell in den Wahlkampf starten wollte, versammelten sich hunderte GegnerInnen auf dem Bahnhofsvorplatz, um ein klares Zeichen gegen Rechts und für Toleranz zu setzen.
Zum Protest hatte das Bündnis „Keine AfD in den Landtag“ aufgerufen. Vor Beginn der Demonstration provozierten einige AfD-Vertreter in Hessen ihre GegnerInnen, indem sie sich unter die Demonstrierenden mischten, um angeblich mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Dies löste einen wütenden Protest gegen die AfD-Delegation aus. Anschließend musste die Polizei die unerwünschten AfDler von der Demo entfernen, um eine mögliche körperliche Auseinandersetzung zu vermeiden.
Am 28. Oktober findet die Wahl zum 20. Hessischen Landtag statt. Eine Mehrheit der demokratischen Parteien betrachten die AfD als rassistisch und eine Gefahr für ein solidarisches und friedliches Zusammenleben in Hessen. Aus diesem Grunde will das Bündnis „Keine AfD in den Landtag“, das aus Parteien, Gewerkschaften, Organisationen der Zivilgesellschaft und den Kirchen besteht, einen möglichen Einzug der AfD in den Landtag verhindern.
Protest gegen provozierende AfD-Vertreter
Offenbar hatte die hessische AfD über soziale Netzwerke angekündigt, zu der Demonstration zu kommen – angeblich, um mit OrganisatorInnen und TeilnehmerInnen ins Gespräch zu kommen. Doch die AfD-GegnerInnen wollten keine „AfD-Gesichter“ sehen. Sie bewerteten das Vorhaben der extrem rechten Partei als klare Provokation. Sie reagierten mit lautem Protest auf dem Bahnhofsvorplatz gegen die AfD-Delegation.
So wurden Robert Lambrou (AfD-Vorstand Hessen), Klaus Hermann (AfD-Vorstand Hessen), Walter Wissenbach (AfD-Hanau) und ihre Begleiter von der Polizei aufgefordert, die Demonstration zu verlassen, um eine mögliche körperliche Auseinandersetzung mit den Demonstrierenden zu vermeiden. Sie kamen der Aufforderung der Polizei nach und verließen den Bahnhofvorplatz, wo die Auftaktkundgebung bereits um 11 Uhr begonnen hatte.
Linke, SPD und Grünen gemeinsam gegen die AfD
Der Bahnhofsvorplatz war voller Menschen und bunt. Die landesweite Demonstration sollte eine klare Botschaft gegen die AfD an die Bevölkerung senden: „Keine AfD in den Landtag“. Die Protestierenden trugen Anti-AfD-Schilder und Transparente.
Ein ungewöhnliches Bild ließ sich ausmachen: VertreterInnen der Linken, SPD und Grünen standen Schulter an Schulter, um gemeinsam der AfD klarzumachen, dass sie im Landtag unerwünscht sei. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und seine Partei sollen die Demo abgelehnt haben und erschienen daher nicht. Auch Vertreter der FDP waren nicht vor Ort zu sehen.
Ulrike Eifler: „AfD hat wenig Berührungsängste“
Ulrike Eifler vom Bündnis „Keine AfD in den Landtag“ eröffnete die Auftaktkundgebung und kritisierte die BundesvertreterInnen der AfD wegen ihren rassistischen, menschenfeindlichen und „faschistischen“ Äußerungen scharf. Die Partei von Alexander Gauland stehe für ein völlig anderes politisches System und habe erstaunlich wenig Berührungsängste mit Faschismus und Holocaust.
Deshalb sei der Protest gegen die extrem rechte Partei genau der richtige Weg im Umgang mit der AfD. Denn wenn es keine Proteste mehr gegen die AfD gäbe, würde sie normal. Und wenn sie normal würde, würden auch Rassismus und Ausgrenzung normal, mahnte Eifler. Die AfD sei zwar gefährlich, aber man könne sie stoppen, betonte die Bündnissprecherin.
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) gegen die AfD
Michael Rudolph, Sprecher des DGB Hessen-Thüringen, prangerte in einer Ansprache die spalterische und unsolidarische Politik der AfD den ArbeitnehmerInnen gegenüber an. Anschließend erklärte Rudolph, dass der DGB gegen die AfD auf die Straße gehe, weil die Rechtsaußepartei gegen die Werte, die von Gewerkschaftern vertreten werden stehe. Die Botschaft des DGB auf der Demo war klar: „Gegen Hass und Gewalt – Solidarität statt Rassismus“.
Hibba Kauser, ehemalige Stadtschulsprecherin in Offenbach und Anti-Abschiebe-Aktivistin, kritisierte ebenfalls die AfD und rief die TeilnehmerInnen und die Gesellschaft auf, zusammenzuhalten, sachlich zu bleiben und mit Mut und Argumenten jeder Art von Rassismus und Ausgrenzung entgegenzuwirken.
Janine Wissler: „Seenotrettung ist kein Verbrechen“
„Wir dürfen nicht zulassen, dass die AfD die politischen Themen setzt und die politische Agenda bestimmt“, sagte Janine Wissler, Vorsitzende der Hessischen Linken, in einer kämpferischen Rede. Die AfD vertrete rassistischen Parolen. Sie sei offen rassistisch, nationalistisch und verkörpere ein Frauen- und Familienbild aus den 50er Jahren, erklärte sie. Mit Blick auf den tätlichen AfD-Angriff auf Gewerkschafter in Hanau bezeichnete sie die AfD als gefährliche Partei.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass die AfD und andere rechte Parteien in Europa den politischen Diskurs immer weiter nach Rechts verschieben. Es sei nicht zulässig, dass SeenotretterInnen, die Geflüchtete und MigrantInnen auf dem Mittelmeer retten, diskreditiert, kriminalisiert und vor Gericht in Malta und Italien gestellt werden. Seenotrettung sei kein Verbrechen“, sagte Wissler weiter unter lautem Beifall. Sie plädierte abschließend für eine tolerante und solidarische Gesellschaft.
Thorsten Schäfer-Gümbel: „Keine Nationalisten in Parlamenten“
Der grüne Spitzenkandidat und hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir kritisierte ebenso die AfD scharf und rief dazu auf, die Errungenschaften der vergangenen 70 Jahre zu verteidigen. Er lasse sich von der AfD und ihren Anhängern nicht diktieren, was Heimat bedeute.
SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel verurteilte zunächst die AfD-Gewalt gegen Gewerkschafter in Hanau. Wenn Gewalt zum Mittel der politischen Auseinandersetzung wird, dann seien die elementaren Grundsätze des demokratischen Gemeinwesens in Frage gestellt, mahnte er. „Keine Nationalisten in Parlamenten und der gesellschaftlichen Mehrheit“, so seine Forderung. „Kein Zurück zu den ideologischen Verhältnissen der 50er Jahren, verlangte Schäfer-Gümbel kämpferisch. Die AfD wolle die Meinungsvielfalt abschaffen, so der SPD-Politiker.
Lautstarke und bunte Demonstration in der Innenstadt
Nach der Auftaktkundgebung setze sich der Demonstrationszug gegen 12.30 Uhr vom Hauptbahnhof in die Innenstadt in Bewegung. Mit Plakaten, Transparenten und Sprechchören machten die AfD-GegnerInnen deutlich, dass sie weder Rassismus, noch Ausgrenzung dulden wollen. Am Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma fand eine Zwischenkundgebung statt. Danach zog die bunte und lautstarke Demonstration mit mehr als 1600 TeilnehmerInnen durch die Innenstadt bis zum Kochbrunnenplatz zur Abschlusskundgebung.
Dort kritisierten Christine Buchholz, MdB (Die Linke) und Sprecherin des Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“ (AgR) und weitere RednerInnen die AfD scharf. Die Rechtsaußenpartei mache unzählige Menschen in dieser Gesellschaft zum Opfer, darunter Geflüchtete, Muslimen, JüdInnen, Linke und Gewerkschafter. Deshalb sei es notwendig, Widerstand gegen sie zu leisten, so Buchholz. Die Veranstaltung verlief insgesamt friedlich.
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