Von Tape Lago – Frankfurt. Unter dem Motto „Seebrücke statt Seehofer – Demo für Humanität und Menschenrecht. Das solidarische Frankfurt gegen Seehofers Politik der Angst“ demonstrierten am Montag, 17. September, 8000 Menschen gegen die „unmenschliche Flüchtlingspolitik“ des Bundesinnenministers. Sie verlangten kämpferisch und lautstark, dass Frankfurt zu einem sicheren Hafen erklärt wird, und forderten den Rücktritt von Horst Seehofer (CSU). Die Demonstration wurde von einem breiten Bündnis unterstützt und getragen. Die Polizei war vor Ort mit einem Großaufgebot und hielt sich insgesamt zurück.
Horst Seehofer soll dem Protest aus dem Weg gegangen sein. Deshalb habe er sich nicht nach Frankfurt getraut, erklärten viele TeilnehmerInnen der Großdemonstration „Seebrücke statt Seehofer“ auf dem Willy-Brandt-Platz. Außerdem sei Seehofer als Bundesinnenminister wegen der Kriminalisierung der Seenotrettung und seiner gezielten Hetze gegen Geflüchtete nicht mehr tragbar. Es müsse zurücktreten.
Tausende gegen „menschenfeindliche“ Abschottungspolitik
Vor Beginn der Auftaktkundgebung um 18.30 Uhr versammelten sich tausende AktivistInnen – auch Familien mit Kindern, MigrantInnen und Geflüchtete – auf dem Willy-Brandt-Platz, um ein starkes Zeichen gegen Seehofers Politik der Angst und die menschenfeindliche Abschottungspolitik der Bundesregierung und der EU zu setzen. Ein Rettungsboot, das während der Demonstration von AktivistInnen getragen wurde, symbolisierte die Solidarität mit der Seenotrettung auf dem Mittelmeer. Auch die Frankfurter Oper setzte durch eine Banner-Aktion ein Zeichen der Solidarität mit „Seebrücke Frankfurt“ und den Demonstrierenden.
Seehofer sei in Frankfurt nicht willkommen, sagte die Moderatorin der Veranstaltung bei der Eröffnung der Auftaktkundgebung. Die Absage Seehofers sei ein Erfolg für „Seebrücke Frankfurt“. Sie sei auch ein Zeichen dafür, dass die Rücktrittsforderung gegen Hans-Georg Maaßen, Präsident des Verfassungsschutzes, in Erfüllung gehen könnten, sagte sie weiter.
- Demonstrant fordert Seehofers Abschiebung. Wohin?
- „Seebrücke Frankfurt“ für einen sicheren Hafen
Für sichere Fluchtwege und Entkriminalisierung der Seenotrettung
„Wir wollen heute für sichere Fluchtwege, die Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme aller demonstrieren“, ergänzte eine Sprecherin von „Seebrücke Frankfurt“. „Wir fordern, dass sich Frankfurt zur einer solidarischen Stadt und zum sicheren Hafen erklärt, wie Köln, Bonn, Düsseldorf, Berlin, Barcelona, Palermo und auch Offenbach es bereits getan haben“, betonte sie.
„Außerdem wollen wir uns gegen den massiven Rechtsruck in der Gesellschaft und auch in der Politik stellen“, sagte sie. „Wir wollen auch ein Zeichen der Solidarität setzen, indem wir gegen die Angstmacherei, Ausgrenzung, Abschottung und Abschiebung demonstrieren“, fügte sie hinzu.
„Seehofer Vater aller Probleme“
Ruben Neugebauer, Mitbegründer und Sprecher der Hilfsorganisation Sea-Watch, kritisierte den Bundesinnenminister scharf. Horst Seehofer sei „der Vater aller Probleme“, der die Menschenrechte zur Verhandlungsmaße mache, um Migration zu verhindern. Die Verfassung schütze die Würde des Menschen und nicht die Würde des „weißen Deutschen“, erklärte er unter Beifall. Auf dem Mittelmeer sei die Menschenwürde durch PolitikerInnen wie Seehofer antastbar geworden, mahnte er. Neugebauer kritisierte auch die rassistische Politik und Stimmungsmache der extrem rechten AfD gegen die Geflüchteten.
Daraufhin prangerten die Pressesprecherin vom „Afghan Refugees Movement“ und eine Sprecherin des Hessischen Flüchtlingsrats die Flüchtlingspolitik Seehofers und der Bundesregierung an. Anschließend setze sich der Demonstrationszug mit tausenden TeilnehmerInnen Richtung Paulskirche in Bewegung.
Lautstarke Demonstration in der Innenstadt
Mit Plakaten und Transparenten in den Händen skandierten viele TeilnehmerInnen Parolen wie „Say it loud, say it clear – Refugees are welcome here“, um ihre Solidarität mit Geflüchteten kund zu tun. Auch einen Stopp des Rechtsrucks in Deutschland wurde von DemonstrantInnen gefordert. Mit Trillerpfeifen und Vuvuzelas machten mehrere TeilnehmerInnen Lärm gegen die Flüchtlingspolitik Seehofers.
Jo Reinhartz von der Greenpeace-Gruppe Frankfurt erklärte, dass die Umweltorganisation bei der „Seebrücke-Demo“ dabei sei, weil sie verhindern wolle, dass auf der Welt viel mehr Menschen wegen des Klimawandels flüchten müssen. Das Klima müsse geschützt werden, damit die Menschen nicht ihre Heimatsländer verlassen müssen. Er forderte die Bundesregierung auf, den Klimaschutz schneller voran zu treiben. Das Sterben von Menschen im Mittelmeer sei eine Katastrophe und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, erklärte Reinhartz.
Bei der Zwischenkundgebung in der Berliner Straße gegenüber der Paulskirche kritisierten RednerInnen von Medico International und „Eine Stadt für Alle“ ebenfalls die Flüchtlingspolitik Seehofers, der Bundesregierung und der EU. Im Anschluss setze sich der große Demonstrationszug in Bewegung in Richtung Paulsplatz zur Abschlusskundgebung.
„Libyen ist kein sicherer Platz“
Dort kritisierte Kapitän Thomas Nuding die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und der EU aufs Schärfste. Nuding war viermal auf der Sea-Eye und habe mit seinen Crews bereits rund 2800 Menschen vor dem Tod gerettet. Vom 10. bis zum 29. Juni, war Nuding auf der „Lifeline“, dem Rettungsschiff der Organisation Mission Lifeline aus Dresden, hauptverantwortlich als Einsatzleiter. Er habe getan, was Regierungen aus humanitären Gründen tun sollten. Nämlich gemäß See- und Völkerrecht das Richtige.
„Wir sind dem Sterben im Mittelmeer entgegengetreten. Wir haben nichts Falsches getan“, sagte er kämpferisch. Libyen sei nach der Genfer Flüchtlingskonvention kein sicherer Platz. Das Völkerrecht, die Humanität und das Grundgesetz würden mit Füssen getreten, erklärte er.
Verhinderung der Seenotrettung Mord an Menschen
„Herr Seehofer wenn Sie nicht im Stande sind, gemäß unserem Grundgesetzt zu handeln, dann verdienen Sie den Posten des Innenministers nicht“, sagte Nuding. Seehofer solle gehen und Platz für jemanden machen, der das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland kennt und respektiert, betonte er. Solange die Ursachen der Flucht aus Afrika nicht zusammen mit den Betroffenen erfolgreich bekämpft werden, würden weitere Menschen fliehen müssen, sagte Nuding weiter.
Malta und Italien mit ihren „faschistischen Regierungen“ müssten aufgefordert werden, die zivilen Rettungsschiffe wieder fahren zu lassen und die Piloten den Moonbird wieder fliegen zu lassen, forderte er. Seenotrettung zu verhindern, sei Mord an den fliehenden Menschen und auch Mord an unseren Grundwerten, erklärte der Kapitän und Senotretter.
Großdemo gegen Rassismus in Hamburg angekündigt
Im Anschluss kündigte eine Sprecherin des Netzwerks „We´ll come United“ eine antirassistische „Parade“ am 29. September in Hamburg an. Unter dem Motto „Vereinigt gegen Rassismus“ wollen tausende Menschen auf die Straße gehen.
Aus Sicht der OrganisatorInnen und vielen Teilnehmerinnen war die „Seebrücke-Großdemonstration“ in der Bankenmetropole ein starkes Zeichen gegen die rassistische Abschottungspolitik Seehofers. Davor demonstrierten am Samstag, 15. September, rund 300 Menschen in der Pforzheimer Innenstadt ebenfalls gegen die europäische Politik der Abschottung und gegen das Sterben von Geflüchteten und MigrantInnen im Mittelmeer. Zur Demonstration hatte „Seebrücke Pforzheim“ aufgerufen.
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