Von Franziska Stier – Basel/Berlin/Köln. Rund 30 AktivistInnen machten am Donnerstag, 13. September, in Basel auf den großen Widerstand gegen den Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogans in Berlin und Köln aufmerksam. In beiden Städten sind Protestkundgebungen angekündigt.
Rund 10 000 TeilnehmerInnen werden zur wohl größten Protestdemonstration am Freitag, 28. September, unter dem Motto „Erdoğan not welcome“ in Berlin erwartet. Sie startet um 16 Uhr am Potsdamer Platz und soll am Schloss Bellevue enden, wo Erdoğan am Abend vom Bundespräsidenten begrüßt wird. Zu der Demo ruft ein breites Bündnis von über hundert Gruppierungen auf, darunter Gewerkschaften und besonders viele kurdische Gruppen.
„Reporter ohne Grenzen“ (ROG) ruft in einem Bündnis mit anderen Journalisten- und Menschenrechts-Organisationen bereits ab 11 Uhr zu einer Kundgebung für die in der Türkei inhaftierten Journalisten auf. Mit zwei bildstarken Aktionen wird ROG bereits am Vortag, dem 27. September, um 9.30 Uhr am Flughafen Tegel und am 28. September um 17.30 in der Nähe des Schlosses Bellevue zudem ein Zeichen gegen die Einschränkungen der Pressefreiheit in der Türkei setzen.
Protest auf der Deutzer Werft in Köln
Verschiedene kurdischen Gruppierungen wollen unter dem Motto „Erdogan not welcome – keine schmutzigen Deals mit der Türkei!“ am Samstag, 29. September, auf der Deutzer Werft gegen den Köln-Besuch Erdogans protestieren. Um 10 Uhr soll die Großkundgebung beginnen, ab 12 Uhr soll ein Zug durch die Innenstadt folgen. Die Abschlusskundgebung beginnt um 14 Uhr wieder auf der Deutzer Werft.
In einer kleiner kleinen, aber auffälligen Demonstration zogen die Leute vom Basler Dreirosenpark zum Hirscheneck und verteilten Flugblätter an die weitestgehend offenen PassantInnen. Mehrere Interessierte kamen aus den umliegenden Restaurants und begrüßten die Demonstration. Am Claraplatz gab es eine Zwischenkundgebung.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier richtet ein Staatsbankett zu Erdogans Ehren aus, und er wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen. „Dies bedeutet nichts weniger, als dass sich die (Haupt-)verantwortlichen des Krieges gegen Rojava in Berlin treffen, um weitere Rüstungsdeals und repressive Maßnahmen gegen die kurdische Freiheitsbewegung in die Wege zu leiten“, hieß es in einem Flugblatt.
Das Baseler Bündnis kritisiert den Empfang mit offenen Armen massiv. Zunehmend werde in der Türkei Kritik kriminalisiert. KritikerInnen würden verfolgt und eliminiert. Rund 100 000 Menschen wurden aus dem öffentlichen Dienst entlassen, 220 000 sind inhaftiert, und etwa 180 Medienorganisationen wurden geschlossen. Daneben arbeite die türkische Regierung an der Einführung der Todesstrafe.
„Vielmehr muss es darum gehen, den Verantwortlichen aufzuzeigen, dass ihre Handlungen Konsequenzen nach sich ziehen… Denn wir tragen hier im Hinterland des Krieges eine politische Verantwortung, von der wir uns nicht freisprechen können“, heißt es im Flugblatt weiter.
Zum Abschluss riefen die Beteiligten dazu auf, nach Berlin zu reisen und sich am Protest zu beteiligen. „Wir rufen dazu auf sich diesem Widerstand in all seinen möglichen Formen anzuschließen und kreativ zu intervenieren – weil die Verteidigung Rojavas und die Fortführung der Revolution auch unsere Aufgabe ist.“
Kein Propaganda-Auftritt von Erdogan
Mehre Berliner PolitikerInnen haben angekündigt, dem Staatsbankett für Erdogan fern zu bleiben – unter ihnen Sevim Dagdelen, Bundestagsabgeordnete der Linken. „Es ist eine politische Bankrotterklärung, dass die Bundesregierung den Propaganda-Auftritt Erdogans zulässt. Erdogan vergiftet das Klima in Deutschland und streut Hass und Hetze in die Gesellschaft“, erklärte sie. Mit der Eröffnung der DITIB-Zentralmoschee in Köln untermauere der türkische Präsident „dreist und unverhohlen seinen Machtanspruch auch in Deutschland“, heißt es weiter in der Mitteilung der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Linken.
Die Forderung der Außenpolitikerin: „Statt Erdogan und DITIB zu hofieren, müssen Bund und Länder endlich die Kooperation mit der von Ankara aus gesteuerten Türkisch-Islamischen Union in Deutschland einstellen. DITIB-Moscheen sind nichts anderes als außenpolitische Vorposten Erdogans. In DITIB-Einrichtungen wird gegen Andersdenkende, Demokraten und kurdische Politiker Stimmung gemacht, die völkerrechtswidrige Besetzung des syrischen Afrin durch die türkische Armee an der Seite islamistischer Mörderbanden der FSA und al-Qaida wird glorifiziert, antisemitische Hetze betrieben, und Kinder werden islamistisch indoktriniert.
Erdogans Machtdemonstration muss verhindert werden. Statt des Kuschelkurses mit dem Despoten braucht es klare Kante gegen Erdogan und seine Helfershelfer in Deutschland.“
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