Ellwangen/Stuttgart. Alassa M. erhob im September Klage gegen das Land Baden-Württemberg wegen des Polizeieinsatzes, der am 3. Mai in der Landeserstaufnahmeeinrichtung Ellwangen (LEA) stattfand. Mehr als 500 Polizeibeamte sollen bei diesem Großeinsatz beteiligt gewesen sein (siehe hierzu „Viel wurde über uns geredet, jetzt reden wir“ und „Protest gegen Kriminalisierung„). Nach Angaben von Rechtsanwalt Roland Meister, der den Kläger vertritt, soll für die „Maßnahmen unmittelbaren Zwangs verbundene nächtliche Großrazzia“ keine richterlichen Durchsuchungsbeschlüsse vorgelegen haben. Die Klage komme daher zum Ergebnis: „Die Maßnahmen am 3. Mai 2018 erfolgten ohne Rechtsgrundlage und ohne richterliche Anordnung, waren willkürlich und in krassem Maße unverhältnismäßig. Gefahr im Vollzug oder eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit lagen unter keinem Gesichtspunkt vor.“
Es sollen 11 Flüchtling verletzt worden sein und allein 40 – nicht verschlossene! – Türen seien durch die Polizeikräfte beschädigt worden, die diese rücksichtslos eingetreten haben sollen. Die Polizeirazzia sei als Reaktion auf den verfassungsrechtlich geschützten Flüchtlingsprotest am 30. April in der LEA gegen die Abschiebung eines Flüchtlings aus Togo erfolgt, heißt es in einer Pressemitteilung der Anwaltskanzlei Meister & Partner.
Vorwurf: Irreführende Unterstellung der Landesregierung und Strafaktion
Demgegenüber seien bundesweit von der baden-württembergischen Landesregierung die irreführende Unterstellung verbreitet worden, der Protest der Flüchtlinge am 30. April sei rechtswidrig gewesen und in der LEA Ellwangen habe sich ein „rechtsfreier Raum“ entwickelt, so Meister.
Nach Angaben von Rechtsanwalt Meister heißt es in der Klageschrift: „Der Protest von Flüchtlingen gegen eine routinemäßige Dublin – Abschiebung war durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt und zu jedem Zeitpunkt friedlich. (…) Durch das beklagte Land wurde auf diesen spontanen und durch die Flüchtlinge selbst organisierten Protest reagiert und (…) deshalb am 3. Mai 2018 eine Strafaktion durchgeführt.“
Bisher keine Stellungnahme der Landesregierung
Das beklagte Land und seine Landesregierung seien durch Dr. Weis, Vorsitzender Richter der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart, zur Stellungnahme aufgefordert worden. Eine solche liege bislang nicht vor.
Rechtsanwalt Roland Meister führt weiter aus, „der aus Kamerun stammende Kläger ist einer der profilierten und öffentlich bekannten Sprecher des Anliegens der Flüchtlinge in Ellwangen und Kritiker der seinerzeitigen polizeilichen Großrazzia. Gewaltsam und willkürlich wurde er deshalb am 20. Juni 2018 nach Italien abgeschoben. Bereits am 12. Juli 2018 hatte er deshalb beim – dem Bundesinnenminister Seehofer unterstehenden – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Antrag auf Rückholung gestellt. Über diesen ist noch nicht entschieden. Die Klage richtet sich auch gegen diese Polizeimaßnahme.“
Siehe auch:
Ellwanger Flüchtlinge: „Jetzt sprechen wir selbst“
U-Haft für nichts
Grundlose Razzia endet mit Haft
Polizisten und bewaffnete Spezialkräfte stürmen Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge
Kundgebung für Alassa Mfouapon
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