Von Wolfgang Weichert – Stuttgart-Heslach. Der Bundesvorsitzende der Linken Bernd Riexinger stellte am Dienstag, 13. November, im Interview mit dem Journalisten Joe Bauer sein Buch „Neue Klassenpolitik – Solidarität der Vielen statt Herrschaft der Wenigen“ vor. Etwa 80 ZuhörerInnen lauschten dem Gespräch im Linken Zentrum „Lilo Herrmann“ in Stuttgart.
Joe Bauer und Bernd Riexinger kennen sich seit dem langen Journalistenstreik im Jahr 2011. Im Gespräch erörterten sie den Werdegang Riexingers von seiner Jugend über seine Tätigkeit als Gewerkschaftssekretär bei Verdi bis hin zum Bundesvorsitz der Linken und seiner Wahl in den Bundestag.
Erfolge und Misserfolge
Im Anschluss las Riexinger aus seinem Buch vor. In „Neue Klassenpolitik“ analysiert er Erfolge und Misserfolge der Arbeiterklasse in Deutschland und zieht daraus weitreichende Schlussfolgerungen. Um die Profitlogik des Kapitalismus zu durchbrechen, müsse man „die verschiedenen sozialen und identitären Kämpfe zusammen führen“.
„Die ArbeiterInnenklasse ist so groß wie nie (…), sie war noch nie homogen, doch der Kapitalismus, den wir gerade haben, spaltet die Leute in Leiharbeiter und Kernarbeiter, in befristete und in unbefristete ArbeitnehmerInnen, in welche mit Tarifvertrag und ohne Tarifvertrag, in Menschen die über Subunternehmen beschäftigt sind oder auch über Werkverträge arbeiten. Wir müssen eine Neudefinition der Solidarität herbeiführen. Wir müssen begreifen, dass der Angestellte bei Amazon und der Redakteur bei den Stuttgarter Nachrichten, der Fahrradkurier und der Arbeiter beim CallCenter die gleichen Interessen haben. Dass sie einer Klasse angehören, und nur wenn sie sich dessen bewusst sind, können sie auch füreinander Solidarität empfinden.“
Prekarisierung und Aufspaltung, aber auch Solidarität und Lebensfreude
Als Beispiel für die derzeitige Arbeitswelt las er einen Abschnitt aus Kapitel 3 über „Prekarisierung und Aufspaltung“ vor:
„Bei einem Besuch in einer bekannten schwäbischen Automobilfirma erzählten mir Betriebsräte: Ein Beschäftigter in der inneretrieblichen Logistik verdient inklusive Schichtzulagen 4400 Euro brutto. Für dieselbe Arbeit erhält ein Leiharbeiter 3300 Euro. Wird diese Arbeit von einer Werkvertragsfirma erledigt, erhhält der dort Beschäftigte nur noch 1700 Euro brutto. Das ist die Entwertung der Löhne um 60 Prozent. Man kann auch Enteignung dazu sagen.“
Auch sonst nimmt Riexinger immer wieder Bezug auf seine gewerkschaftliche Erfahrung. Im Vorwort zu seinem Buch schreibt er: „Ich hatte das Glück, mit mutigen Verkäuferinnen und Müllwerkern, mit Journalisten, Bankangestellten und Garderobefrauen, mit Erzieherinnen und Pflegern zu kämpfen. Sie haben mich gelehrt, wie schnell Menschen zum Widerstand finden können, wie sehr Solidarität und Lebensfreude zusammengehen. Sie haben mir gezeigt, dass sie sich selber führen, wenn Führung demokratisiert wird. Diese Erfahrungen sind in diesem Buch eingeflossen.“
Am Ende der Veranstaltung gab es Gelegenheit zu Fragen an Riexinger, was das Publikum auch rege in Anspruch nahm.
Neue Klassenpolitik
Solidarität der Vielen statt Herrschaft der Wenigen
160 Seiten | 2018 | EUR 14.80
ISBN 978-3-89965-827-9
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