Stuttgart/Rudersberg. „Wir erklären uns solidarisch mit Alfred Denzinger und möchten ihn dazu ermutigen, mit seiner wertvollen journalistischen Arbeit fortzufahren“, schreibt das Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr (ZGR) und kündigt für Samstag, 15. Dezember, eine Solidaritätskundgebung in Rudersberg an. Ähnlich lauten auch die vielen anderen Solidaritätserklärungen, die den Chefredakteur der Beobachter News nach dem vierten Farbanschlag auf sein Wohnhaus und seinen Wagen in der Nacht zum 25. November teils persönlich, teils als Pressemitteilung erreichten. Der Landesvorstand der deutschen Journalistinnen und Journalisten Union dju in Verdi spricht von „gefährlichen Einschüchterungsversuchen durch Gegner von Demokratie und Pressefreiheit“.
Auch auf Kundgebungen und Demonstrationen komme es immer wieder zu Übergriffen von Rechten, die eine freie Berichterstattung verhindern wollen – so das Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr. Mit der systematischen Diskreditierung von JournalistInnen durch rechte Akteure fühlten sich Faschisten zu Attacken gegen die freie Presse ermutigt. Solche Zustände dürften auf keinen Fall toleriert werden: „Journalistische Recherche, sorgfältige und kritische Berichterstattung sind ein unverzichtbarer Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft.“
Kundgebung in Rudersberg angekündigt
ZGR-Pressesprecher Tim Neumann äußert sich in Bezug auf die anstehende Versammlung: „Wir haben in Rudersberg eine Kundgebung angemeldet, die sich klar gegen die Farbanschläge richtet. Wir wollen unsere Solidarität mit dem betroffenen Journalisten ausdrücken. Die Kundgebung in Rudersberg findet am Samstag, 15. Dezember, um 10 Uhr, vor dem Rudersberger Rathaus in der Backnanger Straße 26 statt. Es gilt, mit der Rudersberger Bevölkerung in einen Dialog zu treten und ein Bewusstsein zu schaffen, dass rechte Gewalt nicht hingenommen werden muss, sondern im Gegenteil Eingreifen sowie Solidarität mit den Betroffenen erfordert.“
Solidaritätskundgebung in Rudersberg am Samstag, 15. Dezember, 10 Uhr, vor dem Rudersberger Rathaus in der Backnanger Straße 26.
Die dju in Verdi weist in Zusammenhang mit dem Übergriff auf Denzinger auch auf den Fall eines Kolumnisten der „Stuttgarter Nachrichten“ hin, der seine Zeitungstexte auch auf seinem privaten Blog veröffentlicht. Er sehe sich mit der Aufforderung konfrontiert, eine strafbewehrte Unterlassungsgerklärung abzugeben – verbunden mit einer hohen Kostenforderung. Die Unterlassung fordere ein bekannt rechtsextremer Mitarbeiter der AfD-Landtagsfraktion.
In einem ähnlichen Fall in Ulm sei im Vorjahr ebenfalls ein journalistischer Blogger mit Unterlassungsansprüchen und hohen Kostenforderungen konfrontiert gewesen. Das dju-Mitglied habe die Forderungen des AfD-Politikers mit Hilfe des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes durch zwei Gerichtsinstanzen abwehren können. Der dju-Landesvorstand ist besonders empört darüber, dass AfD-Politiker mit Hilfe ihrer Anwälte gezielt gegen kleinere Online-Medien vorgehen, hinter denen keine finanzstarken Medienkonzerne stehen.
Versuch der Einschüchterung
Die Attacken sollten Denzinger einschüchtern und mundtot machen, erklärt die MLPD. Sie richteten sich gegen ihn, weil er „als freier Journalist und Chefredakteur der Beobachter News seit Jahren engagiert und mutig über verschiedenste Aktivitäten der rechten Szene“ aufkläre – „von Kritzeleien mit Runen, Graffitis mit faschistischen Sprüchen und Symbolen bis zum Brandanschlag von Winterbach“.
Die Kräfte, die hinter der Bezeichnung „ANRM“ stecken, werden nach Auffassung der MLPD „ermutigt durch die Rechtsentwicklung der Regierung mit Seehofer als Stichwortgeber und durch das Auftreten der dubios gesponserten AfD, die in vielen Medien als ‚gleichberechtigte‘ bürgerliche Partei verharmlost und damit als Wegbereiter des Faschismus objektiv gefördert wird.“
Aufdecken, wo andere zudecken
Die DKP Rems-Murr sieht im Angriff auf Denzinger einen Angriff auf die Pressefreiheit und auf die freie Berichterstattung. In den Beobachter News sei das zu lesen, was in Polizeiberichten nicht geschrieben oder oftmals falsch und völlig einseitig dargestellt werde. Denzinger sei ein Journalist, der mutig für die Versammlungs- und Pressefreiheit eintrete und über jede Form von faschistischer Propaganda und Handlungen und deren Unterstützung durch staatliche Organe in Wort und Bild berichte. „Mehr noch, ein Journalist der aufdeckt, wo andere zudecken.“
„Eine Gesellschaft die sich „demokratisch“ nennt braucht auf der Grundlage des Grundgesetzes kritischen Journalismus, Meinungs- und Pressefreiheit. Wenn das nicht gewährleistet ist, hat diese Gesellschaft das Recht verwirkt sich demokratisch zu nennen“, schlussfolgert die DKP.
Die Erklärung von Zusammen gegen Rechts Rems-Murr im Wortlaut:
„In der Nacht vom 24. Auf den 25. November kam es wiederholt zu einem Farbanschlag einer kriminellen, faschistischen Bande auf das Haus und Auto des Journalisten und Herausgeber der „Beobachter News“, Alfred Denzinger, in Rudersberg-Schlechtbach. Es ist nicht das erste Mal, dass Denzinger von Neonazis angegriffen wird – allein sein Haus und Auto wurden bereits vier Mal mit Farbe
attackiert, um ihn von seiner Berichterstattung abzuhalten. Auch auf Kundgebungen und Demonstrationen kommt es immer wieder zu Übergriffen von Rechten, die eine freie Berichterstattung verhindern wollen.
Mit der systematischen Diskreditierung von JournalistInnen durch rechte Akteure, fühlen sich Faschisten zu Attacken gegen die freie Presse ermutigt. Solche Zustände dürfen auf keinen Fall toleriert, sondern ihnen muss entschlossen entgegengetreten werden. Journalistische Recherche, sorgfältige und kritische Berichterstattung sind ein unverzichtbarer Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft. Wir erklären uns daher solidarisch mit Alfred Denzinger und möchten ihn dazu ermutigen, mit seiner wertvollen journalistischen Arbeit fortzufahren.
Wir appellieren daher an alle Organisationen oder Einzelpersonen, egal ob antifaschistische Gruppen, linke Parteien, Gewerkschaften, Sportvereine, die Nachbarschaft oder sonstige Institutionen des Gemeindelebens: Ein Angriff auf einen Journalisten ist ein Angriff auf uns alle. Schließt euch unserer Solidaritätserklärung an, verbreitet diese und lasst uns gemeinsam ein starkes Zeichen der Solidarität an Alfred Denzinger senden.“
UnterzeichnerInnen:
Amnesty International Waiblingen
Antifa Trier
Antifaschistische Aktion Südpfalz
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart
Antifaschistische Jugend 76
Antifaschistische Linke (Antiautoritäre) Rems-Murr
Attac Fellbach
BinMalWeg e.V.
Bündnis 90/Die Grünen OV Backnanger Bucht
DGB Ortsverband Fellbach
DGB Rems-Murr
Die Linke Kernen-Fellbach
Die Linke Rems-Murr
Die PARTEI Karlsruhe
DKP Rems-Murr
Heidelberg gegen Rassismus
IG Metall Rems-Murr
IG Metall Jugend Ludwigsburg/Waiblingen
Initiativgruppe 40 Jahre Radikalenerlass
Initiative Rems-Murr nazifrei!
linksjugend [‘solid] Rems-Murr
linksjugend [’solid] Ludwigsburg
Jusos Rems-Murr
Kurfürstlich Kurpfälzische Antifa
Männer*bündnis Kandel
MLPD Ludwigsburg/Rems-Murr
Offenes Antifaschistisches Treffen Landau i. d. Pfalz
Offenes Antifaschistisches Treffen Rems-Murr
ÖkoLinx – ARL Ludwigsburg
Unabhängiger Freundeskreis Asyl Murrhardt
VVN-BdA Rems-Murr
Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
… und weitere 60 Einzelpersonen.
Die Liste der UnterstützerInnen wird laufend ergänzt und kann hier eingesehen werden.
Die Erklärung des baden-württembergischen Landesvorstands der dju in Verdi:
Wieder Angriffe von rechts auf Journalisten
„Scharf verurteilt hat der Landesvorstand der deutschen journalistinnen und journalisten union (dju in ver.di) die neuesten Fälle von Angriffen Rechtsextremer auf Journalisten im Land. Das Gremium, das zu seiner konstituierenden Sitzung nach der Neuwahl bei der dju-Landesmitgliederversammlung zusammengekommen war, nannte die Angriffe gefährliche Einschüchterungsversuche durch Gegner von Demokratie und Pressefreiheit.
Konkret geht es um zwei aktuelle Fälle. In Rudersberg verübten Neonazis der „Autonomen Nationalisten Rems-Murr“ zum wiederholten Mal einen Sachbeschädigungs-Anschlag auf Wohnhaus und Auto des Herausgebers der „Beobachternews“ – einem Online-Medium, das insbesondere die Aktivitäten von Rechtsextremen in Baden-Württemberg und den Widerstand daagegen journalistisch begleitet. Der dju-Landesvorstand erinnerte in diesem Zusammenhang an seinen Brief an Landes-Innenminister Strobl vom August, in dem der Schutz von Journalisten vor Angriffen von Rechtsextremen gefordert hatte.
Im zweiten Fall wurde ein Kolumnist der „Stuttgarter Nachrichten“, der seine Zeitungstexte auch auf seinem privaten Blog veröffentlicht mit der Aufforderung konfrontiert, eine strafbewehrte Unterlassungsgerklärung abzugeben – verbunden mit einer hohen Kostenforderung. Die Unterlassung fordert ein bekannt rechtsextremer Mitarbeiter der AfD-Landtagsffraktion.
Dieser Fall ähnelt einem Fall aus Ulm aus dem Vorjahr, wo ebenfalls ein journalistischer Blogger mit Unterlassungsansprüchen und hohen Kostenforderungen konfrontiert war. Das Ulmer dju-Mitglied konnte jedoch die Forderungen des AfD-Politikers mit Hilfe des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes durch zwei Gerichtsinstanzen abwehren. Der dju-Landesvorstand ist besonders empört darüber, dass AfD-Politiker mit Hilfe ihrer Anwälte gezielt gegen kleinere Online-Medien vorgehen, hinter denen keine finanzstarken Medienkonzerne stehen.“
Die Solisaritätserklärung der MLPD im Wortlaut:
„Lieber Freddy,
in der Nacht vom 24. zum 25. November 2018 wurde ein Farbanschlag auf Dein Haus und Dein Auto verübt, unter anderem mit einem Hakenkreuz und den Initialen „ANRM“ der sogenannten „Autonomen Nationalisten Rems-Murr“. Damit bist Du zum vierten Mal Zielscheibe faschistischer Attacken geworden, die Dich einschüchtern und mundtot machen sollen. Sie richten sich gegen Dich, weil Du als freier Journalist und Chefredakteur der Beobachter News seit Jahren engagiert und mutig über verschiedenste Aktivitäten der rechten Szene aufklärst – von Kritzeleien mit Runen, Graffitis mit faschistischen Sprüchen und Symbolen bis zum Brandanschlag von Winterbach.
Die Kräfte, die hinter der Bezeichnung „ANRM“ stecken, werden ermutigt durch die Rechtsentwicklung der Regierung mit Seehofer als Stichwortgeber und durch das Auftreten der dubios gesponserten AfD, die in vielen Medien als „gleichberechtigte“ bürgerliche Partei verharmlost und damit als Wegbereiter des Faschismus objektiv gefördert wird.
In der gesellschaftlichen Polarisierung gibt es aber auch einen fortschrittlichen Stimmungsumschwung, der sich besonders deutlich mit den über 250 000 Teilnehmern der #unteilbar-Demonstration in Berlin gezeigt hat, aber auch in mehreren Kundgebungen im Rems-Murr-Kreis. Gegen Spaltungsmanöver und Ausgrenzungsversuche wie in Schorndorf halten wir an dieser Einheit fest und wollen sie weiter vertiefen und auch verbreitern.
Auch in Rudersberg kommt es darauf an, in der Bevölkerung eine demokratische Haltung zu stärken, eine Stimmung zu entwickeln, in der sich faschistische Kräfte nicht mehr so einfach trauen weitere Anschläge zu begehen. Von Polizei und Justiz muss eine unnachsichtige Aufklärung der Vorkommnisse, Ermittlung und strenge Bestrafung der Täter gefordert werden.
Verstärken wir die antifaschistische Aufklärungsarbeit und den Kampf gegen die Rechtsentwicklung der Regierung! Lieber Freddy, die MLPD steht solidarisch an Deiner Seite.
Mit kämpferischen Grüßen
Dieter Böttcher“
Die Solisaritätserklärung der DKP im Wortlaut:
„Lieber Freddy,
mit Empörung mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass erneut Dein Haus und Auto mit Nazisymbolen und Drohparolen beschmiert wurden. Das Kürzel „ANRM“ auf das Trafohäuschen in Sichtweite Eures Hauses, aber auch immer wiederkehrende Schriftbilder weisen darauf hin, dass diese kriminelle Handlung durch die neofaschistische Gruppe „ANRM“ (Autonomem Nationalisten Rems-Murr) verübt wurde.
In dem Angriff auf Dich sehen wir einen Angriff auf die Pressefreiheit, auf die freie Berichterstattung eines freien und kritischen Journalisten. Eines mutigen Journalisten der das schreibt, was in Polizeiberichten nicht geschrieben oder oftmals falsch und völlig einseitig dargestellt wird. Eines Journalisten der mutig für die Versammlungs- und Pressefreiheit, gegen jede Form von faschistischer Propaganda und Handlungen und deren Unterstützung durch staatliche Organe in Wort und Bild berichtet. Mehr noch, eines Journalisten der aufdeckt wo andere zudecken. Das zeigte auch die Ausstellung über den G20 Gipfel in der Manufaktur Schorndorf „Die Diskreditierten.“
Der Angriff auf Dich hat das Ziel Dich einzuschüchtern und zu verunsichern. Angst zu verbreiten und Dich finanziell fertig zu machen. Das alles bewegt Dich und Deine Familie sicherlich sehr stark. Aber wir sind überzeugt, das wird Dich in Deiner Haltung und die journalistische Arbeit von Dir, Dein Eintreten für Freiheit und Gerechtigkeit, gegen Rassismus, Faschismus und Krieg nicht brechen.
Eine Gesellschaft die sich „demokratisch“ nennt braucht auf der Grundlage des Grundgesetzes kritischen Journalismus, Meinungs- und Pressefreiheit. Wenn das nicht gewährleistet ist, hat diese Gesellschaft das Recht verwirkt sich demokratisch zu nennen.
Wir fordern die Aufdeckung der Hintergründe dieses faschistischen Farbanschlags und die konsequente Verfolgung und Bestrafung der Täter durch die staatlichen Organe.
Uns ist klar, der erneute Farbanschlag auf Dein Haus und Auto trifft Dich sicherlich sehr hart. Darüber hinaus sehen wir aber darin auch einen Angriff auf alle linken, antifaschistischen, demokratischen und kommunistischen Kräfte. Er zeigt uns erneut, dass wir noch enger zusammen rücken müssen.
Lieber Freddy, wir stehen an Deiner Seite und wünschen Dir und Deiner Familie weiterhin viel Kraft.
In herzlicher und solidarischer Verbundenheit
Dieter und Doris Keller
für den Sprecherkreis der DKP Rems-Murr.“
Folge uns!