Tübingen. Tobias Kaphegyi, stellvertretender DGB-Vorsitzender von Tübingen, soll eine Strafe von 20 Tagessätzen zu je 70 Euro bezahlen. Angeblich hat er vor dem Real-Markt im Stadtteil Weilheim im Juli mit zwei weiteren Personen zwölf Minuten lang eine nicht genehmigte Versammlung abgehalten. Der Gewerkschafter hat Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Am Mittwoch, 2. Januar, steht er vor dem Tübinger Amtsgericht. Die Verhandlung beginnt um 9.15 Uhr im Sitzungssaal 13 im Erdgeschoss.
Update:
Vor Verhandlungsbeginn findet am Mittwoch, 2. Januar, 8.45 Uhr, vor dem Tübinger Amtsgericht (Doblerstraße 14) eine Solidaritätskundgebung statt.
Die Staatsanwaltschaft wirft Tobias Kaphegyi vor, am 13. Juli 2018 auf dem Gehweg vor dem Realmarkt in Weilheim eine angekündigte, aber nicht angemeldete Versammlung abgehalten zu haben. An diesem Tag hatte die Gewerkschaft Verdi die Beschäftigten der SB-Warenhäuser Real bundesweit zu einem ganztägigen Streik aufgefordert.
Die Gewerkschaft wollte damit der Forderung Nachdruck verleihen, dass der Verdi-Flächentarifvertrag auf alle 34 000 Beschäftigten in dem Unternehmen angewandt wird. Real hatte im Juni 2018 Tarifflucht aus dem Flächentarifvertrag begangen und wendet für Neueinstellungen nun einen mit dem Verein DHV abgeschlossenen Billig-Tarifvertrag an, was nach Verdi-Angaben einen Gehaltsverlust von bis zu 30 Prozent bedeutet. 4500 Arbeitsverträge mit befristet Beschäftigten seien nicht verlängert worden.
Nach Gewerkschaftsangaben gab es am 13. Juli bundesweit viele Solidaritätsaktionen mit den Real-Beschäftigten. Zu einer solchen Aktion rief auch der Verein „Arbeitsunrecht“ auf. Meist wurden vor den Filialen Flugblätter verteilt. Auch vor der Real-Filiale in Weilheim gab es eine Unterstützungsaktion von DGB-GewerkschafterInnen.
Während sie Informationsblätter an Kundinnen und Kunden verteilten, hatte die Geschäftsleitung Verdi zufolge bereits einen Wachdienst informiert. Die ehrenamtlichen Unterstützerinnen und Unterstützer des DGB seien des Grundstückes verwiesen worden.
Man habe dann auf dem Gehweg noch ein Abschlussfoto mit Plakaten gemacht, um die Aktion zu dokumentieren, erklärte Tobias Kaphegyi gegenüber dem in Tübingen erscheinenden „Schwäbischen Tagblatt“. Als er gerade mit Kollegen habe ins Auto steigen wollen, um seine Kinder von der Kita abzuholen, sei ein Streifenwagen vorgefahren. Die Polizei habe sie an der Abfahrt gehindert und seine Personalien verlangt. Sie habe mit Festnahme gedroht, wenn kein Hauptverantwortlicher genannt werde. Daraufhin gab Kaphegyi den Beamten seinen Namen.
Er habe auf dem Gehweg vor dem Realmarkt eine nicht angemeldete Versammlung abgehalten, an der außer ihm noch zwei weitere Personen für etwa zwölf Minuten teilgenommen hätten, heißt es im von der Staatsanwaltschaft erwirkten Strafbefehl. In Tübingen wundern sich viele über das Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Verdi und der DGB haben mit deutlichen Worten protestiert. „Es ist befremdlich, dass die gewerkschaftlichen Unterstützerinnen und Unterstützer in solchen Auseinandersetzungen in Fragen der Beschäftigungsbedingungen nun kriminalisiert werden sollen“, erklärte Verdi-Sekretär Jan Bleckert.
Gegenüber dem „Schwäbischen Tagblatt“ rechtfertigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft das Vorgehen seiner Behörde so: „Es handelt sich um ein Offizialdelikt, das wir verfolgen müssen.“ Alles Weitere wird nun in der am 2. Januar um 9.15 Uhr beginnenden Verhandlung im Sitzungssaal 13 des Tübinger Amtsgerichts in der Doblerstraße 14 geklärt.
Folge uns!