Von Wolfgang Weichert und der Redaktion – Stuttgart. Rund 700 Menschen beteiligten sich am frühen Samstagabend, 19. Januar, an der zweiten Demonstration bei der Feinstaubmessstelle am Stuttgarter Neckartor gegen das geltende Dieselfahrverbot. Die Demonstrationen sollen nach Aussage des Initiators nicht zur Bühne für politische Organisationen und Parteien werden, das Gegenteil bahnte sich jedoch an. Nach einigem Hin und Her hat die AfD jetzt angekündigt, sich aus der Veranstaltung vorerst zurückzuziehen. Das Bündnis Stuttgart gegen Rechts hat seine geplante Gegenkundgebung daher abgesagt.
Zur nächsten Dieseldemo am Samstag, 26. Januar, um 14 Uhr auf dem Wilhelmsplatz hatte das Stuttgarter Bündnis gegen Rechts eine Gegenkundgebung am Neckartor unter dem Motto „Die AfD ist nicht die Lösung!“ angekündigt. Doch nun rufe die AfD sogar dazu auf, sich von der auf den Wilhelmsplatz verlegten Kundgebung fernzuhalten, erklärt das Bündnis. Ihre Begründung sei „konsequentes antifaschistisches Engagement aus unterschiedlichen Ecken“.
„Mit dem Rückzieher der AfD entfällt der Anlass für unsere am Samstag geplante Kundgebung in der Nähe des Neckartors. Die Kundgebung „Die AfD ist nicht die Lösung!“ ist daher abgesagt.
Die Absage heißt aber nicht, dass wir nicht weiterhin wachsam sind“, heißt es weiter in der Erklärung des Bündnisses.
Im Vorfeld zur 2. Demonstration gegen das Dieselfahrverbot hatten politische Organisationen zur Teilnahme aufgerufen. Darunter die türkische „AK Parti Germany“ über ihre Facebookseite. Ebenso die AfD-nahe Gewerkschaftsliste „Zentrum“. Der ehemalige stellvertretender Landesvorsitzende der AfD Heinrich Fiechtner (Mitglied des baden-württembergischen Landtags) rief ebenfalls zur Teilnahme an der Demo auf und sicherte sich sogar noch die nächsten Demo-Termine bei der Stadt Stuttgart.
- Screenshot Facebook
- Screenshot Facebook
- Screenshot Facebook
Bei der zweiten Auflage wurde dazu aufgerufen, die Parteilogos auf den Plakaten zu überkleben. Der Initiator der Demo gegen das Dieselfahrverbot (die Privatperson Joannis Sakkaros) war von dieser Übernahme der Termine durch Herrn Fiechtner nicht gerade begeistert. Er fürchtete eine Vereinnahmung der Demonstration
gegen das Dieselfahrverbot von Gruppierungen, die dem rechten Spektrum nahe sind.
Sakkaros, selbst in der IG Metall aktiv, ist deutlich angesäuert, dass die AfD-nahe Arbeitnehmervertretung „Zentrum Automobil“ damit geworben hat, sie gehe gemeinsam mit den Bürgern auf die Straße. Joannis Sakkaros möchte weiterhin versuchen, die Pro-Diesel-Demos vor Vereinnahmungsversuchen zu schützen.
„Es ärgert mich, dass sich Heinrich Fiechtner die kommenden Demonstrationstermine gesichert hat“, hielt er fest. Er wolle nicht, „dass unser Anliegen in eine bestimmte Ecke gedrängt wird, und ich möchte gerne weiter als neutraler Veranstalter auftreten.“
Schließlich einigten sich Joannis Sakkaros und Heinrich Fiechtner darauf, dass der Initiator die Demos wieder übernimmt, was nun zumindest bei der Anmeldung der dritten Demonstration der Fall war. Dennoch wurde damit gerechnet, dass sich Fiechtner als ursprünglicher Anmelder, die AfD und Organisationen wie „Zentrum Automobil“, AfD und andere beteiligen. Davon scheint die AfD nun abzusehen.
Die Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart verteilte auf der jüngsten Demonstration Handzettel mit dem Text: „Wölfe im Schafspelz … wie wir benutzt und für dumm verkauft werden sollen“. Zuerst wurden von den Demonstrationsteilnehmern die Handzettel gerne angenommen, aber als man den Absender der Handzettel erkannt hatte, wurden sie zerknüllt und mit wüsten Beschimpfungen gegen die Verteiler geworfen. Was sogar die Polizei auf den Plan rief, die die Verteiler daraufhin begleitete.
Es wird über den Samstag hinaus mit weiteren Demos gegen Fahrverbote gerechnet. Die FDP protestiert nach Angaben der „Stuttgarter Nachrichten“ am Samstag, 9. Februar, auf dem Schlossplatz. Auch die AfD wolle Kundgebungen dazu planen, Termine gebe es noch nicht.
Die Erklärung von Stuttgart gegen Rechts im Wortlaut:
„AfD zieht sich aus „Diesel-Demos“ zurück – Gegenproteste auf Eis gelegt
Die dritte „Diesel-Demo“ wird am Samstag nicht am Neckartor stattfinden. Sie wurde vom ursprünglichen Initiator auf den Stuttgarter Wilhelmsplatz verlegt. Politisch interessanter ist, dass
Mit dem Rückzieher der AfD entfällt der Anlass für unsere am Samstag geplante Kundgebung in der Nähe des Neckartors. Die Kundgebung „Die AfD ist nicht die Lösung!“ ist daher abgesagt.
Die Absage heißt aber nicht, dass wir nicht weiterhin wachsam sind. Nicht zuletzt, weil die AfD bereits angekündigt hat, das Thema zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzugreifen. Für uns ist klar: Rechte haben in sozialen Protestbewegungen keinen Platz. Weder in Stuttgart noch sonst wo.
Dass wirksame und sozial gerechte Klimapolitik dringend notwendig ist, steht außer Frage. Dafür auf die Straße zu gehen bleibt weiterhin wichtig. Dies zu organisieren ist jedoch nicht unsere Aufgabe als Bündnis ‚Stuttgart gegen Rechts‘. Wir werden dann aktiv, wenn Rechte auf die Straße drängen und versuchen Teil von Protesten zu werden.
Am Fall der aktuellen „Diesel-Demos“ wird zudem einmal mehr deutlich, wie wichtig eine klare Abgrenzung gegen Rechts ist. Die AfD ist nicht die Lösung, weder für Fahrverbote noch für die Feinstaubwerte. Im Gegenteil: Wer den Klimawandel leugnet, den Autokonzernen nach dem Mund redet und versucht, soziale Fragen rassistisch aufzuladen, der ist nicht auf der Seite der Menschen. Rechte Politik ist niemals eine Lösung für soziale, ökologische oder andere politische Probleme. Rechte Politik greift die Menschen an, vereinzelt sie und spielt sie gegeneinander aus. Es ist unsere Aufgabe das zu verhindern.“
Eine Erklärung von Stuttgart gegen Rechts.
Folge uns!