Erbstetten. An einer Bushaltestelle in Erbstetten im Rems-Murr-Kreis hat ein Busfahrer Anfang Januar einen 24-jährigen Nigerianer geschlagen, getreten und dabei schwer verletzt. Das Bündnis Zusammen gegen Rechts spricht von einem „rassistischen Angriff“ und fordert das Busunternehmen in einem offenen Brief auf, Stellung zu beziehen und den Busfahrer aus dem Außendienst zu entfernen. Es soll sich außerdem bei dem Betroffenen entschuldigen und sich von Diskriminierung und Gewalt distanzieren.
Zeugen beobachteten den Übergriff im Bus von außen. Der 48-jährige Busfahrer hat nach Polizeiangaben auch auf den Mann eingetreten, als dieser am Boden lag. Er wurde so schwer verletzt, dass er ins Krankenhaus gefahren werden musste. Die Polizei ermittelt wegen schwerer Körperverletzung. Laut Staatsanwaltschaft Stuttgart ist der Fall noch nicht geklärt. Der Nigerianer habe nun Angst, den Bus weiterhin zu benutzen, um zu seiner Arbeitsstelle zu gelangen, so das Bündnis.
Der offene Brief von Zusammen gegen Rechts an das Omnibusunternehmen Friedrich Müller im Wortlaut:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
am 3. Januar 2019 ereignete sich in einem ihrer Fahrzeuge ein rassistischer Angriff auf Paul*, einen Geflüchteten aus Nigeria. Dieser wurde von einem ihrer Fahrer attackiert, geschlagen und dazu noch getreten, als er bereits am Boden lag. Paul wurde durch diesen Angriff schwer verletzt und musste von einem Krankenwagen ins Krankenhaus gefahren werden.
Ihr Fahrer versuchte seinen rassistischen Übergriff zu rechtfertigen, in dem er angab, der Geflüchtete wollte eine Pizza mit in den Bus nehmen, was andere Fahrgäste belästigen würde. Jedoch waren zu diesem Zeitpunkt weder andere Fahrgäste im Bus noch ist die Beförderung einer Pizza nach VVS-Beförderungsrichtlinien verboten. Dennoch entriss der verantwortliche Fahrer Paul das Essen und warf es aus dem Bus, ehe er damit begann, auf Paul einzudreschen. Erst nachdem Paul um Hilfe rief und AnwohnerInnen auf die Straße eilten, lies der Täter von Paul ab.
Seitdem hat Paul zu Recht Angst, einen ihrer Busse zu nutzen, beispielsweise um zu seiner Arbeitsstelle zu gelangen, denn der verantwortliche Angreifer wurde bis jetzt nicht zur Rechenschaft gezogen. Für uns als Bündnis Zusammen gegen Rechts stellt sich die Frage: Warum wurde Paul attackiert? Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist ihr Fahrer aufgrund von Aggressivitätsproblemen eine Gefahr für jeden Fahrgast oder es handelt sich um einen rassistischen Übergriff.
In beiden Fällen ist ein Busfahrer, der einen Fahrgast wegen einer solchen Meinungsverschiedenheit krankenhausreif prügelt, nicht tragbar. JedeR unserer Mitmenschen sollte keine Angst haben, zu seiner Arbeitsstelle zu gelangen oder von ihr nach Hause aufzubrechen. Jeder Mensch hat das Recht auf ein friedliches Zuhause, einen Arbeitsplatz, seine Würde und auf einen fairen Umgang mit ihm. Angriffe auf diese humanitären Werte, für die wir alle eintreten, verurteilen wir auf’s Schärfste.
Gerade in der heutigen Zeit, in der rechte Parteien und Organisationen unverhohlen wie in Chemnitz Jagd auf MigrantInnen machen und ein politisches Klima des Hasses gegen alle schüren, die nicht in ihr menschenverachtendes Weltbild passen, ist die Verteidigung oben genannter Werte unabdingbar. Denn rassistisch motivierte Angriffe hören nicht auf, wenn man sie ignoriert. Im Gegenteil, durch Wegschauen nehmen sie sogar zu.
Paul hingegen muss sich nach dem Angriff auf ihn gegen Vorwürfe wehren, die ihn als Provokateur darstellen. Desweiteren hat er bislang keine Entschuldigung erfahren und muss nun seine Erlebnisse in einer überfüllten Unterkunft verarbeiten.
Wir, das Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr, welches aus mehr als 19 Organisationen und Einzelpersonen besteht, fordern Sie dazu auf, Stellung zu beziehen. Der für die Attacke verantwortliche Täter ist unverzüglich aus dem Außendienst zu entfernen. Dieser Mann ist eine ernsthafte Gefahr für alle, die nicht in sein (rassistisches) Weltbild passen. Zum zweiten verlangen wir von Ihrem Unternehmen eine schriftliche und öffentliche Entschuldigung für den Betroffenen und eine Positionierung ihres Unternehmens gegen rassistische Diskriminierung und Gewalt.
In Erwartung ihrer Antwort verbleiben wir
Mit freundlichen Grüßen
Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr“
* Namen geändert
Mitglieder des Bündnisses:
Amnesty International Waiblingen
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistische Linke (Antiautoritäre) Rems-Murr
Attac Fellbach
DGB Ortsverband Fellbach
DGB Rems-Murr
Die Linke Kernen-Fellbach
Die Linke Rems-Murr
DKP Rems-Murr
IG Metall Rems-Murr
Initiative Rems-Murr nazifrei!
linksjugend[‘solid] Rems-Murr
Jusos Rems-Murr
MLPD Ludwigsburg/Rems-Murr
Offenes Antifaschistisches Treffen Rems-Murr
ÖkoLinx – ARL Ludwigsburg
VVN-BdA Rems-Murr
Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
und Einzelpersonen
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