Von Tape Lago – Alzey/Wörrstadt/Wöllstein. In den Innenstädten von Alzey, Wörrstadt und Wöllstein in Rheinhessen, demonstrierten am Samstag, 2. Februar, etwa 50 AntifaschistInnen gegen 8 Neonazis der Splitterpartei „Die Rechte Südwest“, „Kameradschaft Rheinhessen“ und „Nationaler Widerstand Zweibrücken“. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. Wenn sie den Protest gegen die Neonazis nicht massiv behindert und zum Teil verhindert hätte, wäre die extrem rechte „Tour der Gerechtigkeit 2019“ zum Desaster geworden, so die NazigegnerInnen.
Zum Protest gegen die Neonazis hatten unter anderem die Antifaschistische Initiative Alzey und das OAT (Offene Antifaschistische Treffen) Mannheim und Kaiserslautern gegen Rechts aufgerufen. Ziel der Demonstration gegen die extrem rechte „Tour der Gerechtigkeit 2019“ sei es gewesen, die Neonazis zu blockieren, um derer rassistische und antisemitische Propaganda in der Region zu verhindern.
Roßmarkt in Alzey hermetisch abgeriegelt
Vor Beginn der neonazistischen Kundgebungstour in Alzey rückte die Polizei in der Innenstadt mit einem Großaufgebot und riegelte den Roßmarkt, Kundgebungsort der Neonazis, hermetisch ab. Sie sperrte alle Zugänge zu diesem Zentralpunkt der Innenstadt mit Einsatzfahrzeugen und Kräften ab. Um ihren Unmut gegen die Kundgebung der Neonazis kund zu tun, versammelten sich etwa 50 AntifaschistInnen aus Alzey, Mannheim und Kaiserslautern auf der südlichen Seite des Roßmarkts.
Dort war ein Protest in Sicht und Hörweite der Neonazis nicht möglich. Ein Antifaschist, der aus Mannheim anreiste, wurde von der Polizei aus der antifaschistischen Versammlung gezogen und kontrolliert. Er soll bei dem Neonazi-Angriff auf AntifaschistInnen, am Samstag, 5. Januar, am Bahnhof in Schifferstadt im Zug gewesen sein.
NazigegnerInnen: „Kein Recht auf Nazipropaganda in Alzey und anderswo“
Geführt von Florian Grabowsky (Die Rechte Südwest) und Detlef Walk (Widerstand Zweibrücken) trafen die Neonazis gegen 14.30 Uhr mit einem „Demo-Fahrzeug“ – mit Kennzeichen-Endung „888“ – auf dem Roßmarkt ein. Die Zahlenkombination „88“ steht im neonazistischen Jargon für „Heil Hitler“. Es waren insgesamt 8 Neonazis, darunter offenbar gewaltbereite „Schläger“.
Um ihren Protest in Sicht und Hörweite der Neonazis zu tragen, versammelten sich die AntifaschistInnen auf der nördlichen Seite des Roßmarkts. Dort wollten die NazigegnerInnen die neonazistische Veranstaltung übertönen, blockieren und zum „Desaster“ machen. Mit einem Megaphon, Trillerpfeifen, Tröten und lautstarken Sprechchören machten die AntifaschistInnen Lärm. Denn es gebe kein Recht auf Nazipropaganda, hieß es in der Innenstadt.
Polizei behindert Protest gegen Neonazis mit Gewalt
Doch Polizei und Versammlungsbehörde sahen es anders. Es ging ihnen offenbar darum, die Neonazis und ihre Veranstaltung mit allen Mitteln zu schützen. Kurz nach Beginn des Protests gegen die Anhänger des Nationalsozialismus und Hitler-Fans fand eine Vertreterin der Versammlungsbehörde den „Lärmpegel bei der Gegendemo“ zu hoch. Daraufhin gingen PolizistInnen mit Tritten und Schlägen gegen den antifaschistischen Protest vor.
Eine Demonstrantin wurde mit Gewalt aus der Gegendemo gezogen, weil sie angeblich einen Polizisten als „Arschloch“ bezeichnet hätte. Immer wieder drängte die Polizei die Demonstrierenden mit Schlägen und Tritten zurück. Dabei zerbrachen PolizistInnen Fahnenstangen der Protestierenden. Als die Neonazis nach ihrer blitzschnellen Kundgebung den Roßmarkt verließen und sich auf dem Weg nach Wörrstadt machten, wurden die Gruppe der AntifaschistInnen eingekesselt und einzelne herausgezogen, die öfter an Demos und Protesten gegen Neonazis und Rechte teilgenommen haben.
NazigegnerInnen lassen sich nicht unterkriegen
Nachdem alle AntifaschistInnen wieder frei und der Polizeikessel aufgelöst waren, zogen die AntifaschistInnen in einer Spontandemonstration durch die Alzeyer Innenstadt zum Hauptbahnhof. Von dort reisten die NazigegnerInnen nach Wörrstadt, um dort ihren Protest gegen die Neonazis fortzusetzen.
In Wörrstadt versammelten sich die 8 Neonazis auf dem Neunröhrenplatz, um ihre Propaganda-Kundgebung abzuhalten. Währenddessen wurden die AntifaschistInnen, die versuchten, in die Nähe der rechten Kundgebung zu gelangen, von der Polizei blockiert und daran gehindert, ihren Protest gegen die Neonazis fortzusetzen.
Die AntifaschistInnen wurden an zwei Stellen in Hör und Sichtweite der Neonazis von der Polizei gestoppt. Ein Demonstrant wurde gewaltsam herausgezogen und in Gewahrsam genommen. „Eine ganz normale Polizeikontrolle“ soll es gewesen sein. Es kam wieder zu Schlägen, Tritten und Gerangel. Ein Polizist, der übermotiviert schien, zog eine Dose Pfefferspray heraus und drohte den NazigegnerInnen damit. Trotz der drohenden Polizeigewalt ließen sich die NazigegnerInnen nicht unterkriegen und protestierten gegen die Neonazi-Gruppierung weiter.
Neonazi-Tour der Gerechtigkeit wäre Desaster geworden
Vor der Abreise der Neonazis kam es erneut zu Rangeleien. Die Polizei drängte die Protestierenden zurück, um den Weg nach Wöllstein für die „NeofaschistInnen“ frei zu machen. Anders als in Alzey und Wörrstadt fiel der Protest gegen die Anhänger des Nationalsozialismus kleiner aus, da die Gruppe der AntifaschistInnen keine Zugverbindung nach Wöllstein hatten.
Insgesamt werteten die AntifaschistInnen ihren Protest gegen die Tour der Neonazis als Erfolg. Sie kritisierten die Eskalation und Gewalt der Polizei gegen sie. Die extrem rechte „Tour der Gerechtigkeit 2019“ wäre zum Desaster geworden wenn die Polizei nicht den Protest gegen die Neonazis massiv behindert und zum Teil verhindert hätte, so die NazigegnerInnen. Und das wenige Tage nach dem Jahrestag der Befreiung von Auschwitz vor 74 Jahren.
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