Von unseren ReporterInnen – Karlsruhe. Ein eher zwielichtiges Bild gab die erste „Gelbwesten“-Demonstration in Karlsruhe ab. Eine undurchsichtige Mischung aus aufgebrachten Bürgern, Familien, Reichsbürgern und Rechtsextremen zog am Samstag, 9. Februar, durch die Karlsruher Innenstadt. Rund 120 Personen nahmen zunächst an dem Marsch teil. Zum Ende hin waren es lediglich noch circa 60.
Bereits beim Zusammentreffen auf dem Marktplatz in Karlsruhe war zu ahnen, in welche Richtung sich die angeblich „unpolitische“ Demonstration entwickeln würde. Bekannte Rechtsextreme, Anhänger der Identitären Bewegung und Personen aus dem Umfeld des rechten „Frauenbündnis Kandel“ waren unter den Wartenden auszumachen.
Um diese Unterwanderung von rechts erkennbar zu machen, hatten sich einige AntifaschistInnen zu einer etwas anderen Protestform entschieden. Sie erschienen ebenfalls in gelben Westen mit Transparent und Fahnen zur „Gelbwesten“-Demo und mischten sich selbstbewusst unter die Demonstranten. Es wurden Flyer verteilt und Passanten über das Geschehen aufgeklärt. Federführend bei der Aktion war die anarchistische libertäre Gruppe Karlsruhe.
Die Rechten unterdes waren völlig überfordert mit der Situation und schauten sich ratlos um. Auch die Polizei war verunsichert, nahm die Intervention der AntifaschistInnen jedoch hin, da es keine Auseinandersetzungen oder Konfrontationen gab.
Ohne weiteres Aufsehen oder etwa einer Rede startete die erste „Gelbwesten“-Demo. Es war ein skurriles Bild. Personen aus dem rechtsextremen Spektrum liefen unmittelbar neben Nazi-GegnerInnen, eine einzelne Deutschland-Flagge wehte hinter einer schwarz-roten Fahne. Quer durch die Demonstration verteilt liefen AntifaschistInnen und dominierten zunächst mit lauten Sprechchören. Auf rechte Parolen wie „Macht die Grenzen dicht“, war ein noch viel lauteres „Refugees are welcome here!“ zu hören.
So kam die Demonstration nur gut hundert Meter weit, ehe sie von der Polizei gestoppt wurde. Beamte bildeten einen Ring um eine größere Gruppe linker Aktivisten und drängten diese aus der Demonstration an den Straßenrand. Einige Minuten wurden die Personen so eingekesselt, während die „Geldwesten“-Demo weiterlief, nun nur noch mit einer Handvoll AntifaschistInnen als TeilnehmeInnen. Fraglich bleibt, warum es die linken Demonstranten traf, da die Demonstration doch eindeutig als politisch offen definiert worden war.
Die eingekesselten DemonstrantInnen wurden nach gut fünf Minuten mit Platzverweisen entlassen. Die Stimmung in der Demonstration wurde nun weitaus aggressiver. Bekannte rechte bis rechtsextreme Parolen wurden gerufen. Als der Demonstrationszug nach einigen Minuten am Ziel – einer Feinstaub-Messanlage – ankam, herrschte zunächst wieder Ratlosigkeit über das weitere Geschehen.
Die Frage des Demo-Anmelders, wo denn die Person sei, die jetzt die Rede halten wolle, blieb unbeantwortet. So drehten sich die nun noch circa 70 Personen um und begannen ihren Rückweg auf derselben Route. Der Bitte des Anmelders, auf rechte Parolen zu verzichten, es gehe doch um den Diesel, schenkte niemand Beachtung.
Vor dem Rückweg wurden dann auch noch die letzten antifaschistischen GegendemonstrantInnen von der Polizei herausgezogen, kontrolliert und mit Platzverweisen belegt. Rund 20 Minuten später trafen die verbliebenen „Gelbwesten“-Demonstranten wieder auf dem Marktplatz ein. Nach dem Singen der Nationalhymne löste sich die Demonstration auf. Abgesehen von Parolen und Fahnen blieb es also eine Demonstration ohne Inhalt. Die Dieselfahrverbote, die in Karlsruhe ohnehin nicht geplant sind, waren höchstens eine Randnotiz.
Unser Kommentar: Was als „unpolitische“ Dieseldemo geplant gewesen war, entpuppte sich rasch als offen rechte Demonstration. Die Protestaktion der linken Aktivisten enttarnte dabei den bürgerlichen Deckmantel der rechten bis rechtsextremen Teilnehmer ab der ersten Minute. Wer bei einer Veranstaltung zum Thema Dieselfahrverbote hauptsächlich die Abschottung Europas fordert und „Nationaler Widerstand“ schreit, macht seine politische Agenda klar.
Schade ist, dass der Demo-Anmelder bereits bei seinem ersten Versuch als Organisator hinnehmen musste, dass seine Versammlung derart von rechten Kräften unterwandert wurde und dass er auf deren Kalkül hereingefallen ist. Fatal wäre, wenn er sich auch in Zukunft vor den Wagen extrem Rechter spannen lassen und weiterhin als Marionette die politische Verantwortung für das Treiben der Rechten auf sich nehmen würde.
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