Fulda. Die extrem rechte Kleinpartei „Der dritte Weg“ will am Samstag, 16. Februar, in Fulda aufmarschieren. Der geplante Protest der Fuldaer Zivilgesellschaft zeigte jedoch schon im Vorfeld Wirkung. Etwas mehr als 80 Organisationen, Parteien, Gewerkschaften, Vereine und andere Gruppen sind dem Aufruf „#wirsindmehr – wir sind Fulda“ gefolgt und beteiligen sich.
Ab den Mittagsstunden wollen am 16. Februar Gruppen, Vereine, Kirchen, Gewerkschaften und Einzelpersonen „mit friedlicher Kreativität“ für ein weltoffenes Fulda auf dem Universitätsplatz werben. Um 15.30 Uhr soll eine Auftaktkundgebung beginnen und um 16 Uhr eine Demonstration durch Fulda starten. Für 18.30 Uhr ist eine zentrale große Abschlusskundgebung vorgesehen.
Breite Unterstützung aus Politik und Kunst
Als RednerInnen zu den Protesten werden der Historiker Dr.Ulrich Schneider (Generalsekretär der F.I.R. Internationale Föderation der überlebenden Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus), der hessische Landtagsabgeordnete der Grünen Markus Hoffmann, die SPD-Europaabgeordnete Martina Werner, die Bundestagsabgeordnete der Linken Simone Barrientos und Sandro Witt (stellvertretender Vorsitzender des DGB Hessen/Thüringen) erwartet. Des weiteren soll es Grußbotschaften von Esther Bejarano und dem Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ und anderen geben.
Breite Unterstützung gebe es auch aus der Künstlerszene, berichtet das Bündnis „Fulda stellt sich quer“. So wollten die Songwriterin Cynthia Nickschas, die Band Blaufuchs aus Hildesheim und der Liedermacher Broder Braumüller die Aktivitäten am 16. Februar unterstützen. Nach der Abschlusskundgebung werde es im Kulturkeller ein kostenloses „After Demo Konzert“ mit Cynthia Nickschas und Band, Blaufuchs und einem Special Guest geben. Abgerundet wird das Musikprogramm an den Turntables von DJ Shaggy.
Nationalistische Mobilisierung
Die Rechte-Szene mobilisierte im Vorfeld nicht nur bundesweit nach Fulda. Anreisende Neonazis werden bislang aus Thüringen und Bayern, aber auch aus Sachsen, Hessen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Baden-Württemberg erwartet. Aus anderen Bundesländern und vereinzelt aus dem Ausland, teils durch organisierte „Zugreisen“, werden wohl weitere Nationalisten nach Fulda kommen, so Andreas Goerke, Sprecher des Bündnisses „Fulda stellt sich quer“.
Auflagen durch Verwaltungsgericht reduziert
Die Stadt Fulda musste ihre Auflagen für die Demonstration der rechten Kleinstpartei reduzieren. Das Verwaltungsgericht Kassel hat einer Klage des „dritten Wegs gegen einen Auflagenbescheid der Stadt Fulda in wesentlichen Teilen stattgegeben. Damit wird es der rechten Szene ermöglicht, die von ihr geplante Kundgebung auf dem zentral gelegenen Platz „Unterm Heilig Kreuz“, ehemals „Adolf-Hitler-Platz“, durchzuführen.
Die Stadt Fulda hatte zuvor versucht, die Veranstaltung auf den ebenfalls in der Innenstadt gelegenen „Buttermarkt“ zu verlegen, die Verwendung von Fahnen und Pyrotechnik einzuschränken sowie die akustische und optische Simulation eines „Fliegeralarms“ zu verbieten. Nach derzeitigen Erkenntnissen und der Mobilisierung der Neonazis, die zum Teilen auch mit Unterstützung aus dem Ausland einhergeht, werden bis zu 200 Nationalisten in Fulda erwartet.
Das VGH untersagte jedoch die Verwendung eines Sirenentons und erlaubt den Einsatz von Lichteffekten nur während der stationären Kundgebungen. Die Anzahl der Fackeln, die während des Umzugs mitgeführt werden dürfen, schränkten die Richter ebenfalls ein. Gegen das Urteil können sowohl die Stadt als auch die Veranstalter Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einlegen.
Satirische Mahnwache in Sichtweite
Die Satire Partei „DIE PARTEI“, Kreisverband Fulda, will ab 13.30 Uhr am Borgiasplatz in Fulda eine Mahnwache abhalten. Unter dem Motto „“IIV. Bildungsweg – Kartoffelabitur“ stellt sie sich traditionell auf satirische Art, der rassistischen Micropartei „der IIV. Weg“ entgegen. In ihrem Aufruf verachtet der Kreisverband von „DIE PARTEI“, die Microparteien und ganz besonders, wenn sie rassistisch sind. Weiter befindet „DIE PARTEI“: „Wie passt es eigentlich zusammen, dass diese sogenannte ‚Partei‘ eine Blut-und-Boden-Ideologie vertritt und zum geplanten Fackelmarsch KameradX aus halb Europa ankarrt? Wenn das der Führer wüsste…“, und weiter; „Unser Kreisverband findet, dass sich der „IIV. Weg“ statt mit geschichtsrevisionistischen Verschwörungstheorien lieber mit dringenden aktuellen gesellschaftlichen Problemen befassen sollte. Die deutsche Kartoffel zum Beispiel wird in unseren Küchen immer mehr durch die zugewanderte Süßkartoffel ersetzt und kaum ein Medium berichtet darüber, Skandal! Linda, Augusta, Goldmarie, Nicola, Laura, Charlotte und Sieglinde werden wohl bald auf der Roten Liste gefährdeter Arten zu finden sein!“, heißt es weiter in ihrem Aufruf. „DIE PARTEI“ versteht sich als die Partei der extremen Mitte und ruft alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an den Demonstrationen gegen diese Geschichtsunterrichtsschläfer zu beteiligen.
Um über diesen Trend zu informieren, wird „DIE PARTEI“ zusätzlich ein Kartoffelabitur an ihrem Infostand anbieten, das von KartoffelfreundInnen und -KritikerInnen abgelegt werden kann. Zu den sieben Prüfungsfächern sollen unter anderem „Geschichtsrevisionismus“ und „Artete Kunst“ gehören. Ferner soll es Redebeiträge geben und zur Verpflegung heiße Getränke. Falls möglich, bittet „DIE PARTEI“, eigene Trinkgefäße mitzubringen! Das „N“ in „Die PARTEI“ steht für Nachhaltigkeit, so der Kreisverband abschließend in ihrem Aufruf.
Antifaschistischer Gegenwind deutlich
Auch die Solidarität anderer Organisationen zeige, dass Fulda nicht alleine steht. Es werden Gruppen, Gewerkschaften und Vereine aus dem ganzen Bundesgebiet und Hessen und eine Delegation aus Como erwartet. Die Veranstalter rechnen bei den Protesten mit einer Teilnehmerzahl von über 2000 Menschen, so Andreas Goerke, Sprecher des Bündnisses „Fulda stellt sich quer“. Ein zentraler Anlaufpunkt für Stärkung und Erholung soll mit veganem Essen, Kaffee und Tee gegen Spende im L14zwo (Lindenstraße 2) eingerichtet werden. Zusätzlich sollen die KundgebungsteilnehmerInnen auf dem Universitätsplatz mit einer Gulaschkanone und Getränken gestärkt werden.
Mit bunter Kreativität, die die Vielfalt von Fulda zeigt, wolle sich das Bündnis „Fulda stellt sich quer“ unter dem Motto „#wirsindmehr – wir sind Fulda“ dem Geschichtsrevisionismus des „dritten Wegs“ entgegenstellen. „Auf das Schärfste“ verurteilt das Bündnis auch die „Kindererziehung“ und Instrumentalisierung von Minderjährigen beim „dritten Weg“, wie sie es etwa im sächsischen Plauen gab.
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