Heilbronn. Die Castor-Transporte auf dem Neckar sind vorbei – das Atommüllproblem aber ist weiterhin ungelöst. Diejenigen, die gegen die Atommüll-Verschieberei von Obrigheim nach Neckarwestheim demonstriert haben, stehen seit gut einem Jahr vor Gericht. Am Donnerstag, 28. März, findet um 14 Uhr im Saal 54 vor dem Amtsgericht Heilbronn (Wilhelmstraße 2-6) der Prozess gegen eine Atomkraftgegnerin statt, die sich im November 2017 mit gelben Castor-Enten als Symbol des Widerstandes gegen die Atomtransporte und Anti-Atom-Fässern im Neckar schwimmend an einer Protestaktion beteiligte (siehe „Störmanöver bei nächtlichem Castortransport„).
Der Aktivistin wird ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz zur Last gelegt. Die Versammlungsbehörde will die Versammlung im Neckar wegen angeblicher Gefährdung der Sicherheit und Ordnung durch die AktivistInnen aufgelöst haben. Aus Sicht der AtomkraftgegnerInnen stellen „faktisch nicht die AktivistInnen einen Gefahr dar, sondern die radioaktive Fracht, die an die schwimmenden Personen in zum Teil nur zwei Metern Entfernung vorbei fuhr“.
- Archivbilder
Geschichten von Videos, die es irgendwo gebe oder gegeben habe
„Die Aktion im Neckar war kreativ und bunt. Sie hat öffentliche Aufmerksamkeit auf die ungelöste Atommüllproblematik gelenkt. Ich stehe zu meinem Engagement gegen die todbringende Atomindustrie – selbst wenn ich deswegen vor Gericht stehe. Kriminell ist die Atomindustrie und der Staat, der die eigenen Gesetze verletzt, um diese Politik durchzusetzen“, erklärt die Aktivistin unter anderem auf ihre damalige Festnahme. Die Akte enthalte viele Videos der Aktion. Das Video ihrer Festnahme habe die Polizei allerdings nicht zur Akte genommen, aktenkundig sei nur, dass es dieses Video irgendwo gebe oder gegeben habe. Damit solle die Polizeigewalt vertuscht werden, vermutet die Aktivistin. Die Polizei soll die Aktivistin misshandelt haben, „indem sie Schmerzgriffe anwendete, um sie dazu zu zwingen, zu einem Polizeifahrzeug mitzukommen. Dabei ignorierten die Beamten sowohl ihre Aussage, sie sei aufgrund einer Gehbehinderung nicht in der Lage der Aufforderung nachzukommen, als auch den vorgezeigten Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen G und GdB 80, der ihre Aussage belegte“, heißt es in einer Pressemitteilung der AktonkraftgegnerInnen.
„Wer seine Grundrechte verteidigt, fliegt raus“
Die Verhandlung soll vor Richter Michael Reißer stattfinden. Er soll vor einem Jahr bereits für einen ersten Prozess gegen die Aktivistin zuständig gewesen sein. Hintergrund waren eine Abseil- und eine erste Schwimmaktion gegen zwei Castortransporte (wir berichteten). Die Verhandlung soll tumultartig abgelaufen sein, „weil die Aktivistin sich lautstark dagegen wehrte, dass Richter Reißer sie keine Anträge zu ihrer Verteidigung stellen ließ und sich auch weigerte ihre Beanstandung hierzu zu protokollieren“. Es soll ihr unter anderem untersagt worden sein, einen Antrag auf Genehmigung eines Verteidigers nach § 138 II der Strafprozessordnung (StPO) zu stellen. Beweisanträge oder einen Befangenheitsantrag habe sie auch nicht einbringen dürfen. Die Aktivistin sei aus dem Gerichtssaal getragen worden, weil sie darauf beharrte habe Anträge zu stellen. Die empörte Öffentlichkeit sei ebenfalls aus dem Saal geworfen worden (siehe „AG Heilbronn: Wer seine Grundrechte verteidigt, fliegt raus!„). Die Rechtmäßigkeit der Prozesshandlung des Richters habe aufgrund der Nicht-Protokollierung der Anträge und der Vorschrift des § 274 StPO nicht durch eine höhere Instanz überprüft werden können.
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