Von Angela Berger – Waiblingen. Unter dem Motto „Europa. Jetzt aber richtig“ rief ein starkes linkes Bündnis von Gewerkschaften und Parteien zur 1. Mai-Demonstration mit anschließendem Fest auf dem Marktplatz auf. Pünktlich um 10.30 Uhr kamen etwa 200 DemonstrantInnen vor dem Werkstor der Firma Stihl in Waiblingen zusammen, um gemeinsam den Tag der Arbeit zu feiern.
In drei Blöcken liefen die Demonstrierenden durch Waiblingen, am Bahnhof vorbei und in Richtung Marktplatz, wo Stände der Unterstützer aufgebaut waren. Dort gab es Verpflegung und ein buntes Programm rund um den 1. Mai.
In der Jesistraße auf Höhe der Eisenbahnbrücke wurde ein Banner auf der Brücke entrollt und Pyrotechnik sowie ein Feuerwerk gezündet. Weiter ging es über die Devizestraße und die Dammstraße in Richtung Marktplatz.
Dort startete das Programm mit einem Tanz der portugiesischen Gruppe Rancho Folclorico Estrelas de Fellbach. Ihr Thema war die Nelkenrevolution, von der auch Reinhard Neudorfer später berichtete.
„Die Gerechtigkeitslücke wächst“
Die Moderation der Kundgebung übernahm Christa Walz, die Kreisvorsitzende des DGB-Kreisverband Rems-Murr. Der erste Redner war Horst Schmitthenner, ehemaliger Vorsitzender der IG Metall. Den nun mehreren hundert TeilnehmerInnen riet er, nicht den Statistiken zu glauben und vielmehr auf die konkrete Situation der Menschen zu schauen. Der Reichtum in Deutschland wachse, aber die Gerechtigkeitslücke öffne sich noch viel schneller. Wenn man aus den Konzernzentralen und den Regierungssitzen auf das Land schaue, sehe alles aus, als sei es „in Butter“. Aber wer nah bei den Menschen sei, der erlebe eine ganz andere Wirklichkeit.
- Christa Walz, DGB Kreisvorsitzende
- Horst Schmitthenner, ehemaliger Vorsitzender der IG Metall
Die Verteilung des Reichtums schreie doch förmlich nach einer Umverteilung von oben nach unten und das europaweit. Statt sich auf Handelskriege einzulassen, sollten sich die Staatschefs um die Besteuerung von hohem Einkommen und Vermögen kümmern.
„Diese ignorante Deutschtümelei macht wütend“
„Her mit einer europäischen Vermögenssteuer und her mit einer Steuer für die Googles, Amazons, Facebooks und wie sie alle heißen!“, forderte er. Er wünsche sich ein starkes Europa, ein Parlament, das Europäerinnen und Europäer brauche und keine nationalistischen Maulhelden. Was ihn wirklich wütend mache sei „diese ignorante Deutschtümelei“. Eine Partei, die schon mit ihrem Namen lüge, wenn sie sich eine „Alternative für Deutschland“ nenne.
„Ich bin kein Patriot, ich bin Gewerkschafter und deshalb Internationalist“, so Schmitthenner weiter. „Aber wäre ich Patriot, ich würde mich schämen. Wer auf der Flamme von Bürgerwut und Zukunftsängsten seine braune Suppe kochen will, der meint es nicht gut mit seinem Land.“
Millionen sind vom Hungertod bedroht
Hetze gegen Minderheiten helfe nicht gegen kapitalistische Ungerechtigkeit, weder im Betrieb noch in der Gesellschaft. Hier sei Widerstand angesagt, gegen Menschenverachtung und Dummheit. Auch wenn die eigenen Sorgen drückten, solle daran gedacht werden, dass der 1. Mai vor allem auch für internationale Solidarität stehe.
Die acht reichsten Personen der Welt besäßen mehr Vermögen als die untere Hälfte der Menschheit, dazu seien 20 Millionen Menschen vom Hungertod bedroht. Er hoffe, dass der Kampf daran erinnere, dass die Gewerkschaften für ein großes Ziel angetreten seien. „Für das Ziel, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“, so zitierte Horst Schmitthenner Karl Marx.
Portugal profitiert von der Revolution
Danach berichtete Reinhard Neudorfer von der Partei „Die Linke“ über die Geschichte Portugals von der über 40 Jahre währenden Diktatur durch Salazar bis zur „Nelkenrevolution“ im Jahr 1974. Auch heute noch profitiere Portugal von der gelungenen Revolution. Denn entgegen der „Empfehlungen“ einiger Finanzpolitiker gab es keinen Sozialabbau, die Arbeitslosigkeit ist gefallen, und die Inlandsnachfrage sei gestiegen. Das sei einem starken linken Bündnis aus verschiedenen Parteien zu verdanken die für ein anderes Europa kämpfen.
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- Christa Walz, DGB
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