Kommentar von Sandy Uhl – Ulm. Dass die Vergangenheit von Markus Mössle, Ulmer Spitzenkandidat der AfD für die Kommunalwahl, hohe Wellen schlagen würde, war vorhersehbar. Was sich allerdings im Ulmer Wahlkampf der AfD für die Kommunal- und Europawahl abspielt, gleicht einer Wiederaufnahme von „Das Leben des Brian“ auf Schwäbisch.
Es ist relativ ruhig im Ulmer Wahlkampf. Zumindest, was den Protest gegen den Ulmer AfD Wahlstand anbelangt. Hier und da hört man ein lautes Schimpfen gegen die Partei und vereinzelt auch Zustimmung. Keine AntifaschistInnen weit und breit, womit man durchaus in Spitzenzeiten des Wahlkampfs rechnen könnte. Ein junger Mann ruft „euch wähle ich, nur ihr seid wählbar.“ Doch wen meint er denn mit „ihr“?
Ich stehe zu diesem Zeitpunkt bei Markus Mössle, dem Spitzenkandidaten auf der AfD-Kommunalwahlliste. Auf seinem Flyer ist in fetten roten Buchstaben „Unser Geld für unsere Bürger“ zu lesen. Ein Satz, der für einen ehemaligen Bankräuber vor Ironie nur so strotzt. Das Logo der „Alterative für Deutschland“ prangt ebenfalls auf dem Flyer. Der Alternative, für die er gar nicht antritt oder nach deren Ansicht gar nicht antreten dürfte. Denn im Gegensatz zu Fellbach, wo die AfD ihren Stand wohl selbst zerlegte, zerlegt sich in Ulm gleich die AfD.
Ja mir san mim Radl da
Ich wollte es genauer wissen, was denn da so los ist unter den Alternativen. In diesem Fall mit der Ulmer AfD und dem Spitzenkandidaten der Ulmer AfD. War mir doch ein Kommentar auf Facebook aufgefallen, in dem sich ein Ulmer Parteimitglied über Mössle, „dem Nichtmitglied und der Wurzel allen Übels“, ausließ. Zudem hatte ich ein Foto erhalten, auf dem Mössle mit einem „Radl-Wahlstand“ zu sehen war. Das war dann auch das Bild, das sich mir in der Ulmer Fußgängerzone bot. Hier die „AfD-Volksfront“, dort der Spalter. Auf den Vergleich mit „Das Leben des Brian“ hat mich Mössle gebracht. Er findet den Film genial. Der Moment, in dem ich tatsächlich eingestehen musste, dass wir einer Meinung sind.
Vergangenheit war bekannt
Eine ganze Weile höre ich mir Mössles Vergangenheit und seine rechten Thesen an. Eine Vergangenheit, für die er sich teilweise schämt, wir er mir überraschender Weise mit Tränen in den Augen erzählt. Dabei wollte er anfangs gar nicht mit mir reden. Wüsste er doch ganz genau, für wen ich schreibe. Da bin ich allerdings nicht alleine. Auch dem Südwest-Presse-Redakteur Matthias Stelzer will Mössle kein Interview mehr geben. Für ihn ist Stelzer kein Journalist, sondern ein Märchenerzähler. Hatte dieser doch als Überschrift bei der Veröffentlichung von Mössles Vergangenheit geschrieben „Ex-Nazi“ Markus Mössle sprengt die Wahlliste“.
Für Mössle Fakenews. Nicht das „Ex-Nazi“, sondern dass er die Wahlliste sprengt. Denn laut Mössle wussten alle über seine Vergangenheit Bescheid, was mir von Eugen Ciresa, Sprecher des Kreisverbands, bestätigt wird. Dennoch standen ursprünglich zwölf Kandidaten auf der Wahlliste, von denen noch vier übrig sind, darunter Mössles Mutter.
Mut zur Wahrheit
Am Wahlstand der AfD fällt die Äußerung, dass man sich von Mössle distanziert hat. Es sei bereits zu verbalen Auseinandersetzungen mit ihm und Parteimitgliedern gekommen. Und nicht zuletzt will man wohl eine Klage gegen Mössle einreichen, da er das AfD-Logo unberechtigt für seine Wahlwerbung verwende. Mössle steht diesem Konflikt gelassen gegenüber. Er ist sich sicher, dass sich der ganze Wirbel um seine Person und Vergangenheit schnell wieder legt.
Ciresa sieht die Sache allerdings anders. Für ihn steht fest, dass es auf politischer Ebene keine Zusammenarbeit mehr gibt. Zudem hat er die Hoffnung aufgegeben, dass die AfD mit einem Kandidaten in den Ulmer Gemeinderat einziehen kann. Einer der wenigen Momente, in denen der „Mut zur Wahrheit“ durchdringt.
Die AfD spaltet die Gesellschaft, ein Kandidat spaltet die Ulmer AfD. Ein AfD-Ortsverband zerlegt offenbar den eigenen Stand. Bleibt zu hoffen, dass sie sich irgendwann tatsächlich selber zerlegen.
Siehe auch „„Ex-Nazi“ als Spitzenkandidat„
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