Hamburg. Mehr als 700 AntifaschistInnen demonstrierten am Montagabend, 17. Juni, spontan im Schanzenviertel gegen rechte Gewalt. Konkreter Anlass war der mutmaßlich rechtsterroristische Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Mit Parolen und Sprechchören wie „Nazis morden, der Staat macht mit – der NSU war nicht zu dritt“ wurde zum Ausdruck gebracht, dass der Mord an Lübcke kein Einzelfall sei, sondern rechte Gewalt immer wieder verharmlost werde. Die Polizei stoppte die Demonstration.
Dazu erklärt die Aktivistin Kim Filipo: „Aus der Mordserie des NSU wurde nichts gelernt. Regelmäßig werden rechte Zellen aufgedeckt – in der Bundeswehr, beim SEK, bei der Polizei. Der große Aufschrei in den Medien und der Mehrheitsgesellschaft bleibt jedoch aus. Wir haben mit unserer spontanen Demonstration deutlich gemacht, dass es viele Menschen gibt, die dem Rechtsruck nicht länger zusehen werden“.
Auf welcher Seite steht die Polizei?
Die Demonstration sammelte sich um 20 Uhr an der Roten Flora im Schanzenviertel, um schließlich lautstark Richtung St. Pauli zu laufen.
Laut einer Pressemitteilung der Initiatoren soll die Polizei vor dem Neuen Pferdemarkt den Aufzug gestoppt haben und mit Tritten und Faustschlägen gegen DemonstrantInnen vorgegangen sein.
Dazu Filipo: „Das Vorgehen der Polizei zeigt, auf welcher Seite der Staat steht. Eine antifaschistische Demonstration wird mit einem Großaufgebot eingehegt und angegriffen, während Nazis wie zum Beispiel in Chemnitz unter staatlicher Aufsicht auf Menschenjagd gehen dürfen“. Das eigentliche Ziel der Demonstration habe dadurch nicht erreicht werden können: Die Kreuzung Clemens-Schulz-Straße/Detlev-Bremer-Straße, an der sich die Dichterin Semra Ertan 1982 aus Protest gegen Rassismus selbst verbrannt hatte. „Wir wollten unsere Demonstration mit einer Kundgebung zu Ehren von Ertan beenden, was von der Polizei gewaltsam verhindert wurde. Unsere Demonstration war allen Opfer rechter und rassistischer Gewalt und damit auch Walter Lübcke gewidmet. Der Mord an ihm fand in einem Klima statt, das geprägt ist von Hetze gegen Geflüchtete und MigrantInnen. Rechte GewalttäterInnen fühlen sich dadurch in ihrem Tun bestätigt. Keineswegs ist nur die AfD für dieses Klima verantwortlich – auch Horst Seehofer und die CDU beteiligen sich am Rechtsruck“, so Filipo.
Die OrganisatorInnen der Demonstration, deren erwartete TeilnehmerInnenzahl von 150-300 Menschen um Längen übertroffen wurde, ziehen eine positive Bilanz: „Wir werden weitermachen mit unserem Protest. Der Mord an Lübcke muss schonungslos aufgeklärt werden. Es ist Zeit für einen konsequenten Antifaschismus“.
Alle Fotos: Antifaschistische Gruppen Hamburg
Kundgebung gegen rechten Terror in Stuttgart
Ein Stuttgarter Bündnis will ebenfalls gegen den rechten Terror protestieren. Es ruft ruft für Mittwoch, 19. Juni, 17 Uhr, zu einer spontanen Kundgebung auf dem Marienplatz in Stuttgart auf. Man wolle aufzuzeigen, „dass Morde, wie der an Lübcke oder den Opfern des „NSU“ uns alle etwas angehen und wir die Verstrickungen klar und deutlich aufdecken müssen“.
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