Von Sahra Barkini – Stuttgart. Am Morgen des 20. Juni 1938 wurde die junge Kommunistin und Mutter Liselotte (Lilo) Herrmann von Nazis ermordet. 81 Jahre später versammelten sich 80 AntifaschistInnen am Gedenkstein für Lilo Herrmann bei der Stuttgarter Universität. Bei der von der VVN-BdA und dem Linken Zentrum Lilo Herrmann organisierten Gedenkveranstaltung wurde an das Leben und Wirken der jungen Widerstandskämpferin erinnert.
Für die musikalische Untermalung sorgte der Freie ArbeiterInnen Chor Heslach. Mit zwei Liedern aus seinem Repertoire – „Bella Ciao“ und „Bread and Roses“ – trug er zu einer würdigen Umrahmung der Kundgebung am Fronleichnamstag bei. Zu Ehren Lilo Herrmanns und weiterer ermordeter AntifaschistInnen legten die TeilnehmerInnen Nelken und Kerzen sowie einen Kranz am Grabstein nieder.
Als junge Mutter gegen die Nazis
Lilo Herrmann wurde 1909 in Berlin geboren und war später Studentin an der Technischen Hochschule Stuttgart. Sie kämpfte als junge Mutter gegen die Nazis und wurde aufgrund ihres Engagements im Dezember 1935 verhaftet. Der “Volksgerichtshof” verurteilte sie 1937 zum Tod. Sie wurde kurz vor ihrem 30. Geburtstag zusammen mit Stefan Lovász, Josef Steidle und Artur Göritz in Berlin-Plötzensee hingerichtet.
Lilo Herrmann wuchs in einem bürgerlichen Elternhaus auf. Ihr Vater war Ingenieur. Sie wurde in Frankfurt politisiert und schloss sich in Wilmersdorf dem Sozialistischen Schülerbund an.Von 1929 bis 1931 studierte sie an der TH Stuttgart Chemie. Gleichzeitig setzte sie ihre politische Arbeit fort. 1930 wurde sie wegen Verteilens eines Flugblatts zu einer Geldstrafe verurteilt.
Sie schwieg selbst unter der Folter
Später zog Lilo Herrmann wieder nach Berlin, brach ihr Chemie Studium ab und studierte Biologie. Am 15. Mai 1934 brachte sie ihren Sohn Walter zur Welt. Er wuchs bei seinen Großeltern auf. Lilo Herrmann verriet auch unter Folter in der Gefangenschaft nie die Namen ihrer GenossInnen. Trotz einer Protestkampagne gegen das Todesurteil starb Liselotte Herrmann als erste deutsche Mutter am 20. Juni 1938 unter dem Fallbeil in Plötzensee.
Die RednerInnen erwähnten auch, dass es vor zehn Jahren die richtige Entscheidung gewesen sei, das „Gelbe Haus“, so der Heslacher Volksmund, nach der Stuttgarter Widerstandskämpferin „Linkes Zentrum Lilo Herrmann“ zu nennen. Sie fragten sich, was Lilo Herrmann wohl dazu sagen würde, wenn sie wüsste, dass es in Stuttgart ein Haus gibt, das ihren Namen trägt.
Entschlossen gegen Hass und Hetze
Alle RednerInnen waren sich einig, dass Gedenk- und Erinnerungskultur ein wichtiger Bestandteil antifaschistischer Arbeit sei – allerdings nicht als Selbstzweck, sondern in Bezug zur heutigen Situation: als Aufforderung, vergangene Kämpfe fortzuführen. Die lebendigste und würdigste Erinnerung an Lilo Herrmann bleibe die alltägliche antifaschistische Arbeit.
Mit Blick auf die Frauenstreik-Demonstrationen am 14. Juni in der Schweiz sagte eine Rednerin, die vielen TeilnehmerInnen in den Schweizer Städten hätten gezeigt, was Frauen bewirken können. Vor dem Hintergrund der rechten Umtriebe der vergangenen Jahre und auch des Mordes an dem Kasseler CDU-Politiker Walter Lübcke werde deutlich, dass antifaschistischer Widerstand noch immer wichtig sei und sich die Gesellschaft entschlossen gegen Hass und Hetze stellen müsse.
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