Tübingen. Die Gewerberäume des Hauses standen seit über 20 Jahren leer, die Wohnräume darüber waren mindestens zehn Jahre unbewohnt: In der Tübinger Gartenstraße 7 wurde am Freitag, 19. Juli, ein großes Haus in bester Lage mit Blick auf die Tübinger Neckarbrücke besetzt. Die BesetzerInnen haben das alte Gebäude Gartensia getauft und direkt mit dem Putzen und Reparieren begonnen.
Am Sonntag wurde im Erdgeschoss ein barrierefrei zugängliches Café eröffnet, das Menschen jeden Alters unabhängig von der Größe ihres Geldbeutels als Treffpunkt und als Raum zum Verweilen dienen soll. Eine Podiumsdiskussion „Besetzungen als Chance“ schloss sich an. Es ging um politische Handlungsmöglichkeiten wie das Züricher Modell, nach dem Besetzungen nur geräumt werden können, wenn eine zeitnahe Nachnutzung garantiert wird. Zum anderen gab es Berichte aus Reutlingen, Stuttgart, Tübingen und Berlin.
In dem Haus gibt es Platz zum gemeinschaftlichen Wohnen und zum Zusammensein. „Vom Doppelkopf-Stammtisch bis zum Akustik-Konzert, Treffen von Gruppen oder neuen und alten FreundIinnen, Filmabende, Diskussionsrunden, Yoga- oder Rückensportstunden … – wer eine Idee hat, kann sie hier umsetzen! Und wer einfach nur da sitzen möchte, ist frei auch genau das zu tun“, schreiben die BesetzerInnen.
AktivistInnen suchen langfristige Lösung
Nach Gesprächen zwischen dem Ordnungsamt, dem Vertreter der EigentümerInnen und AktivistInnen sei klar, dass die Besetzung vorerst geduldet werde. Die „GärtnerInnen“, wie sie sich selbst nennen, wollen sich für eine langfristige soziale Nutzung der Räume einsetzen und haben nicht vor, „das Haus ergebnislos wieder zu verlassen“.
Die Idee, den Leerstand zu beenden, treffe sowohl bei der Stadt als auch in der Nachbarschaft auf allgemeine Zustimmung. Schon am Tag der Besetzung habe sich die Gartensia über viel Besuch freuen dürfen: TübingerInnen jeden Alters und mit unterschiedlichem Hintergrund seien zu Besuch gekommen, hätten Essen und Werkzeuge vorbeigebracht oder direkt selbst mit angepackt. Man sei überwältigt von der Solidarität.
Schon einmal besetzt
Bereits 2015 war das Haus in der Gartenstraße 7 besetzt worden – allerdings nur vorübergehend. Die Stadt hat mehrfach Gespräche mit den EigentümerInnen geführt, die jedoch erfolglos blieben. Nach Berichten des in Tübingen erscheinenden Schwäbischen Tagblatts war die auswärts lebende Eigentümerin nicht bereit, den Leerstand des Hauses zu beenden. Inzwischen habe der beauftragte Makler mitgeteilt, vor einem Verkauf des Hauses seien noch Erbschaftsfragen zu klären. Nach den Vorstellungen der BesetzerInnen könnte beispielsweise eine Lösung nach dem Modell des Mietshäuser-Syndikats gesucht werden.
Weitere Infos gibt´s hier: https://gartensia.noblogs.org/
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