Stuttgart. Vor dem Stuttgarter Amtsgericht musste sich ein Stuttgarter verantworten, der wegen einer Solidaritätskundgebung zu Chemnitz am 29. August 2018 am Stuttgarter Marienplatz angeklagt wurde. Vorgeworfen wurde ihm, einen Polizisten tätlich angegriffen zu haben. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich darauf, das Verfahren nach §153a gegen eine Geldstrafe von 800 Euro einzustellen.
Am 26. und 27. August 2018 gab es in Chemnitz pogromartige Ausschreitungen von Neonazis. Es gab mehrere Jagdszenen auf MigrantInnen und Linke. Als Zeichen der Solidarität mit den Verfolgten gab es in Stuttgart eine spontane Kundgebung mit anschließender Spontandemonstration. An der Solidaritätskundgebung unter dem Motto „Dem rechten Mob keinen Meter“ auf dem Stuttgarter Marienplatz beteiligten sich etwa 300 Menschen, an der anschließenden Spontandemonstration durch die Tübinger Straße in Richtung Rotebühlplatz etwa 150.
Während dieser Demonstration schritt die Polizei mehrfach ein (siehe „Polizei stoppt Spontandemo„). Dem Angeklagten wurde nun vorgeworfen, einen Polizisten „tätlich angegriffen“ zu haben, indem er sich nach einem Schlag des Polizeibeamten an dessen Arm festgehalten habe.
Zum Auftakt des Prozesses versammelten sich vor dem Stuttgarter Amtsgericht rund 25 AntifaschistInnen, um den Prozess zu begleiten und sich solidarisch mit dem Angeklagten zu zeigen. Es gab massive Vorkontrollen mit Metallscanner und der Durchsuchung von Taschen.
Nach der Verlesung der Anklageschrift gab es einige technische Schwierigkeiten bei dem Versuch, die Beweisvideos einzusehen. Dann wurde der laut Anklageschrift geschädigte Polizist befragt. Er versuchte zunächst, sein eigenes Protokoll vorzulesen. Das unterband der Verteidiger jedoch. Nach gezielten Fragen stellte sich heraus, dass der Polizist nicht wusste, warum er die Demonstranten aufhalten sollte. Die Verteidigung fragte nach, ob es überhaupt nötig sei, diesen Prozess weiterzuführen. Schließlich einigten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf eine Einstellung nach §153a und eine Geldstrafe von 800 Euro als Auflage.
Zuletzt richtete die Richterin mahnende Worte an den Angeklagten. Er solle sich in Zukunft zusammenreißen, da er bereits eine Bewährungsstrafe erhalten habe und es beim nächsten Mal „nicht so glimpflich“ ausgehen werde. Sie sprach auch von der „armen Polizei“, welche nur ihren Job mache und daher niemals als Zielscheibe dienen dürfe.
Hier sieht man die „arme Polizei“ beim Einsatz am 29. August 2018
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