Von Sahra Barkini – Stuttgart. Nachdem US Präsident Donald Trump den Truppenabzug des US-Militärs aus dem Grenzgebiet Nordsyriens angekündigt hat, ist nun faktisch grünes Licht für eine türkische Militärintervention in Rojava gegeben. Gegen den bevorstehenden völkerrechtswidrigen Krieg und die daraus folgende humanitäre Katastrophe versammelten sich am Dienstagabend, 8. Oktober, etwa 500 Menschen vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof, um ihre Solidarität mit den KurdInnen in Rojava auszudrücken.
Der Platz vor dem Haupteingang des Stuttgarter Bahnhofs reichte kaum aus, um den vielen Menschen, die sich versammelt hatten, Platz zu bieten. Auf Flugblättern und in Reden war zu lesen und hören, dass der deutsche Innenminister Horst Seehofer erst wenige Tage zuvor in der Türkei war. Thema des Treffens war der Flüchtlingsdeal zwischen der Türkei und der EU.
Bei diesem Treffen forderte der türkische Innenminister Unterstützung für die Errichtung einer türkischen „Sicherheitszone“ in Nordsyrien. Mit einer Intervention in diesem Gebiet will die Türkei den Weg für die Umsetzung dieses Plans ebnen. Dies käme einer ethnischen Säuberung gleich. Akut betroffen wären neben KurdInnen auch Mitglieder der ezidischen und christlichen Religionsgemeinschaften, die gemeinsam ein demokratisches und pluralistisches Selbstverwaltungssystem aufgebaut haben.
„Nicht schweigen, sondern den Protest immer wieder auf die Straße tragen“
Die RednerInnen betonten mehrfach, dass man auch in Deutschland nicht schweigen und den Protest immer wieder auf die Straße tragen wird. Sie riefen die Öffentlichkeit dazu auf, gemeinsam die Stimme zu erheben und der Solidarität mit der demokratischen Selbstverwaltung in Nordsyrien Ausdruck zu verleihen. Sollte es zum Angriff auf Nordsyrien kommen, wird es auch in Stuttgart wieder eine Kundgebung geben. Dieser Angriff geschah am Nachmittag des 9. Oktober: Da begann die türkische Armee ihre Invasionsoffensive im nordsyrischen Serekaniye/Ras Al Ayn.
Nach der etwa halbstündigen Kundgebung vor dem Bahnhof zogen die DemonstrantInnen, angeführt von kurdischen und linken AktivistInnen, am 8. Oktober lautstark in einer Spontandemonstration durch die Stuttgarter Innenstadt. Dies weckte die Aufmerksamkeit der PassantInnen, die sich sowohl positiv als auch negativ über die Demonstration äußerten. Zu Störungen von türkischen Nationalisten kam es aber nicht.
Die Stuttgarter Polizei filmte DemonstrantInnen ab. Auf Nachfrage hieß es, es würden Parolen gerufen und Fahnen der YPG geschwenkt, die nicht erlaubt seien. Dies legitimiere ein Abfilmen. Man sollte meinen, wenn ein Krieg bevorsteht, seien gerufene Parolen oder Fahnen das kleinste Problem, befand ein Demoteilnehmer. Dem ist jedoch offensichtlich nicht so.
- Am Bahnhof
- Auf der Königstraße
- Gezieltes Abfilmen von Gesichtern
- Angemessene Filmerei?
Weitere Demo am Samstag
Vom Bahnhof ging es die Königsstraße entlang bis zum Rotebühlplatz. Dort gab es eine kurze Zwischenkundgebung. Danach wurde die Demonstration weiter in die Kronprinzstraße und wieder die Königsstraße entlang in Richtung Schlossplatz fortgesetzt. Dort endete sie am „Kobanêplatz“ mit der Ankündigung, dass für Samstag, 12. Oktober, eine weitere baden-württembergweite Demonstration in Stuttgart geplant sei. Sie soll ab 18 Uhr in der Lautenschlager Straße beginnen.
Update: Zwischenzeitlich mobilisieren verschiedene Gruppen auf 15 Uhr.
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