Von Walter Burkhardt – Fellbach. Bei den diesjährigen Fellbacher Weltwochen lud der DGB-Ortsverband am Dienstag. 8. Oktober, zu einem Vortrag über den „sozialökologischen Umbau der Gesellschaft – gegen Raubbau an Mensch und Natur!“ mit Walter Listl vom Institut für sozialökologische Wirtschaftsforschung (isw) München ein.
Walter Listl unterstrich die einleitende Feststellung von Dieter Keller, des DGB-Vorsitzenden von Fellbach: „Kriege und Militär zerstören Umwelt und Natur. Die kapitalistische Profitlogik gefährdet die menschliche Zivilisation und das Leben auf unserem Planeten. Doch es gibt auch Hoffnung und gesellschaftliche Kämpfe für soziale, ökologische und friedliche Perspektiven.“
Klimakatastrophe nur ein Teilaspekt
Für Walter Listl ist die Klimakatastrophe nur ein Teilaspekt des eigentlichen Problems: Es gehe um eine umfassende Bio-Krise. Zu ihr gehöre neben dem Klimawandel etwa das fortgesetzte Artensterben, die Vermüllung der Meere, die systematische Vergiftung der Nahrung, die Luftverschmutzung, der Schwund tropischer Regenwälder und die Überfischung der Meere. Ebenso die radioaktive Belastung der Atmosphäre durch die oberirdischen Atomwaffenversuche in den fünfziger Jahren oder die tausenden Tonnen radioaktiven Abfalls, den wir nachfolgenden Generationen über Jahrhunderte hinterlassen.
Die Folgen des Klimawandels verdeutlichte der Referent mit einem Zitat von Karl Marx: „Je mehr ein Land (…) von der großen Industrie als dem Hintergrund seiner Entwicklung ausgeht, desto rascher dieser Zerstörungsprozess. Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen allen Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter.“
Demnach ist die Klimakatastrophe kein Politikversagen, sondern ein Systemversagen.
Die Ärmsten dieser Welt werden die Folgen erste zu spüren bekommen
Eine weitere dramatische Folge des Klimawandels ist für Walter Listl der drastische Anstieg der Zahl der Klimaflüchtlinge. Listl: „Schätzungen reichen von 50 bis 200 Millionen Klimaflüchtlinge im Jahr 2050. Diese Thematik weist auf eine doppelte Ungerechtigkeit hin: Während die Ärmsten dieser Welt, die an der Klimaerwärmung unschuldig sind, als erste die Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen, verleugnen die reichen Industriestaaten als Hauptverursacher dieser Klimaerwärmung die Existenz von Klimaflüchtlingen und schotten sich gegen Flüchtlinge ab. Ein inhumaner Skandal!“
Walter Listl sieht in Militär und Krieg den Klimakiller Nummer eins. In seinem Vortrag erwähnte er, dass die Bedeutung von Militär und Kriegseinsätzen ein noch wenig beachteter Zusammenhang in der aktuellen Debatte um Klimaschutz sei. „Weil wir den Weg der Klimazerstörung weiterverfolgen, bekommen wir schon heute militärische Antworten auf den Klimawandel: Militärische Abschottung (zunächst noch) sicherer Zufluchtsorte, also militärische Abwehr der zu erwartenden Flüchtlingsströme, Kriege um Wasser und Rohstoffe, um strategische Positionen oder um die Sicherung von Handelswegen.“
Krieg, Rüstung und Militär gehören zu den größten Verursachern
Listl zitierte aus einer Studie der IMI Tübingen (Informationsstelle Militarisierung): „Die Armeen weltweit verursachen enorme Mengen an klimaschädlichen Emissionen, indem sie mit Rüstungsproduktion und Rüstungsexport Kriege vorbereiten, bei Manövern und schließlich im Einsatz selbst, aber auch bei anschließenden Besatzungen. Krieg und Militär gehören zu den größten Verbrauchern von Energie und anderen Ressourcen und verschlingen weltweit 1,8 Billionen Dollar/Jahr an Rüstungsausgaben.“
Zum Schluss seines Vortrags formulierte Walter Listl Alternativen und Maßnahmen im Kampf gegen die Klimakatastrophe. Diese wurden in der anschließenden Diskussion intensiver erörtert:
1. Klimaschutz braucht Abrüstung. Damit würden die materiellen und finanziellen Mittel frei für eine sozialverträgliche Rüstungskonversion – und damit verbunden ergäbe sich eine Reduktion des CO-2-Ausstoßes.
2. Statt einer imperialen Produktions – und Lebensweise brauche man globale Klimagerechtigkeit. Die Klimaschulden der kapitalistischen Metropolen gegenüber dem globalen Süden müssten beglichen werden. Das bedeute auch eine globale Umverteilung des Reichtums zugunsten der Regionen, die zuvorderst Opfer eines Klimawandels werden, der wesentlich durch die imperiale Lebensweise im globalen Norden verursacht wird.
3. Man brauche eine aktionsorientierte Zusammenarbeit von Friedens- und Umweltbewegung, von Gewerkschaften, Kirchen und sozialen Bewegungen. Bei dieser Zusammenarbeit müsse es auch um die Vermittlung von Einsichten gehen, dass die Biokatastrophe nicht der Unvernunft und Gier der Menschen entspringt, sondern der kapitalistischen Produktionsweise.
Die Systemfrage stellen
Walter Listls Schlussfolgerung: „Die Lösung der ökologischen Probleme ist nicht möglich ohne Klassenkampf und ohne die Befreiung der Menschen vom Kapitalismus – und umgekehrt, ist die Befreiung der Menschen, die Lösung der sozialen Fragen nicht möglich ohne den Kampf für eine ökologische Zukunft!“
Dem Vortrag schloss ich eine lebhafte und interessante Diskussion an.
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