Kandel. Das Amtsgericht Kandel hat am Dienstag, 12. November, den Sprecher der Kurfürstlich Kurpfälzischen Antifa (KKA), Holger Heim, freigesprochen. Ihm war ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen worden.
Die KKA hatte am 23. Oktober 2018 auf Facebook auf eine Veranstaltung („Bürgerdialog“) des AfD-Kreisverbands Germersheim am 26. Oktober 2018 hingewiesen und Interessierte satirisch verpackt aufgefordert, diese AfD-Versammlung für einen kritischen Dialog zu nutzen. Bei Ankunft am Versammlungsort wurde den potenziellen KritikerInnen jedoch der Zutritt zu der als „Bürgerdialog“ getarnten Selbstbeweihräucherungsveranstaltung der AfD verwehrt.
Nachdem sich die Abgewiesenen vor Ort beraten haben, meldete Heim eine Eilversammlung bei den anwesenden Polizisten an. Danach holten die AktivistInnen Banner, Fahnen, Trillerpfeifen und ein Megafon aus ihren jeweiligen Fahrzeugen und versammelten sich gegenüber dem Ort der AfD-Veranstaltung.
Diese Versammlung verlief ohne Zwischenfälle. In einem internen Polizeivermerk, welcher vor Gericht thematisiert wurde, wurde schriftlich festgehalten, wie es zu der Anmeldung kam und dass von den KKA-DemonstrantInnen keine Straftaten und Ordnungswidrigkeiten begangen wurden.
Strafbefehl wegen Verstoß gegen Versammlungsgesetz
Dennoch flatterte Heim später ein Strafbefehl des Amtsgerichts Kandel über 1200 Euro wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ins Haus, welcher wohl durch eine Anzeige der Versammlungsbehörde des Kreises Germersheim bei der Staatsanwaltschaft initiiert wurde.
Gegen diesen Strafbefehl legte Heim Einspruch ein. So kam es zu der Verhandlung.
Der Oberstaatsanwalt machte sich in seiner Anklageschrift die Sichtweise der zuständigen Versammlungsbehörde zu eigen, wonach der Aufruf auf Facebook, zu der AfD-Veranstaltung zu gehen, ein Demonstrationsaufruf gewesen sei. Damit sei die geforderte 48-Stunden-Frist zur Anmeldung einer Versammlung unter freiem Himmel nicht eingehalten worden.
Heim schilderte vor dem Gericht schlüssig und nachvollziehbar, dass keine Demonstration geplant gewesen war. Erst nach der Verweigerung der AfD, einen echten Dialog zu führen, sei vor Ort beschlossen worden, eine Eilversammlung anzumelden, welche die 48-Stunden-Frist nicht berücksichtigen kann und auch nicht muss.
Angeblich gab es Vuvuzelas

Wo ist der Polizeifilm geblieben? – Symbolbild
Nach der Aussage eines vom Gericht als Zeuge der Anklage geladenen Polizisten machte sich Erstaunen breit. Der geladenen Polizist war als Vorgesetzter der in Hagenbach eingesetzten Polizisten an besagtem Tag nicht vor Ort in Hagenbach. So konnte er zu dem Ablauf nur vom Hörensagen berichten.
Die Heim zur Last gelegten und von ihm bestrittenen Vorwürfe – wie auch den behaupteten Einsatz von Vuvuzelas – konnten nicht belegt werden. Auf die Nachfrage, ob die von der Polizei angefertigten Aufnahmen der KKA-Demo denn Vuvuzelas zeigen, antwortete der Oberstaatsanwalt, dass er nicht wisse, ob oder dass solche Aufnahmen angefertigt wurden. Der Polizeizeuge konnte hierzu auch keine Angaben machen.
Allerdings berichtete der Polizist, dass er – abgesehen von der strittigen Frage ob die Versammlung ordnungsgemäß angemeldet wurde – Kenntnis davon habe, dass es zu keinen Straftaten oder Vergehen gekommen sei.
Oberstaatsanwalt schlägt Einstellung vor
Die als Zeugin der Anklage geladene Mitarbeiterin der Versammlungsbehörde glänzte mit Nichtwissen und Erinnerungslücken. Auf die Frage, wo eine Versammlung angemeldet werden müsse, antwortete sie: bei der Versammlungsbehörde. Auf die Frage, bis wann die Versammlungsbehörde zur Entgegennahme an fraglichem Tag besetzt gewesen sei, hatte sie keine Erinnerung. Sie betonte aber, dass freitags die Versammlungsbehörde in der Regel bis 12 Uhr besetzt sei, wenn es Demonstrationen gebe, auch schon mal bis 16 Uhr. Aber „arbeiten dürfen wir nur bis maximal 14 Uhr“.
Damit war klar, dass an besagtem Tag die Versammlungsbehörde für eine Anmeldung einer Versammlung nicht mehr erreichbar war und die Anmeldung bei den vor Ort anwesenden Polizisten rechtens und geboten war.
Der Oberstaatsanwalt machte daraufhin den Vorschlag, das Verfahren gegen Heim nach § 153 StO einzustellen, welchem sich der Richter nach eigenem Bekunden anschließen könnte.
Angeklagter besteht auf Freispruch
Nach einer kurzen Beratung mit seinem Rechtsbeistand bestand Heim allerdings auf einem Urteil – und zwar einem Freispruch.
Dies hatte zur Folge, dass Oberstaatsanwalt und Richter noch einen Zeugen der Verteidigung vernehmen wollten. Die Angaben der Entlastungszeugin war im Wesentlichen deckungsgleich mit den Einlassungen des Angeklagten.
Danach kam es zu den Plädoyers:
Der Oberstaatsanwalt schilderte das angeklagte Vergehen nochmals, ging auf die Zeugenaussagen ein und beantragte – Freispruch. Diesem Antrag schloss sich die Verteidigung an.
Nach kurzer Beratungszeit verkündete der Richter im Namen des Volkes: Der Angeklagte ist freizusprechen, die Kosten des Verfahrens und die Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.
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