Von Paul Linker – Stuttgart. Der sogenannte Volkstrauertag ist in Deutschland ein staatlicher Gedenktag und wurde auf Vorschlag des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge für die gefallenen deutschen Soldaten des 1. Weltkrieges erstmals im März 1925 begangen. In den Folgejahren fanden überall in Deutschland Gedenkfeiern ausschließlich für die deutschen Gefallenen des durch das imperialistische wilhelminische Kaiserreich verursachten Krieges statt. In Stuttgart gab es Protest.
Nach dem Beginn der Terrorherrschaft der Nazis wurde dieser Volkstrauertag in den sogenannten „Heldengedenktag“ umbenannt, wobei sich dessen Charakter weiter militarisierte. Nicht mehr nur das Gedenken an die im Dienste des Imperialismus gestorbenen Menschen, sondern vor allem deren „Heldenverehrung“ standen fortan im Mittelpunkt.
Die unsägliche Traditionslinie: NSDAP, Wehrmacht, Bundeswehr
Träger waren dabei neben der NSDAP auch die Wehrmacht, aus deren Reihen nach der Befreiung von Faschismus und Terror wieder eine Vielzahl von Generälen und Offizieren bei der Gründung der heutigen Bundeswehr 1955 in Amt und Würden kam. So konnten sie die unsägliche Traditionslinie des deutschen Militärs nahtlos fortsetzen.
Seit 1952 wird dieser Volkstrauertag stets zwei Sonntage vor dem ersten Advent mit aufwendigen Feierlichkeiten begangen. Die zentrale Gedenkstunde für die sinnlosen Opfer zweier durch Großkapital, Banken und Konzerne verursachten ebenso sinnlosen Kriegen, findet im Deutschen Bundestag statt, aber auch in allen Bundesländern und zahlreichen Städten und Gemeinden gibt es solche „Gedenkstunden“.
„Blut“ auf ihren Wegen
Am diesjährigen Volkstrauertag, dem 17. November, durfte da auch das grün regierte Stuttgart nicht fehlen. Für die militaristischen Feierlichkeiten war das pompöse Ambiente des Neuen Schlosses der passende Ort. Er wurde aber aus Sicht der in festtäglicher Paradeuniform angetretenen Bundeswehrsoldaten in der Nacht zuvor auf für sie wohl unerträgliche Art verändert wurde.
Unbekannte hatten, vermutlich um ihren Protest gegen die heutigen imperialistischen Kriege der Bundeswehr von Syrien bis Afghanistan symbolisch auszudrücken, die Stufen des Neuen Schlosses mit roter Farbe verschönert.
Am Nachmittag fanden sich gegenüber dem Neuen Schloss etwa 50 AktivistInnen ein, um ein klares Zeichen gegen diese Veranstaltung zu setzen, in der Krieg und Militär in verharmlosender Art und Weise gefeiert werden.
Mehrere RednerInnen – so zum Beispiel von der Stuttgarter Linkspartei und vom OTKM Stuttgart (Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung) – wiesen auf die heutigen Kriege im Auftrag des Kapitals hin, in die die Bundeswehr verwickelt ist. Transparente mit antimilitaristischen Losungen wurden gezeigt und Flugblätter mit Informationen zu den aktuellen Konflikten, an denen die Bundeswehr beteiligt ist, an Passanten und BesucherInnen verteilt, unter denen sich überraschend viele Jugendliche befanden.
- Sprecher des OTKM Stuttgart
- Bunter Protest
- Thomas, Die Linke Stuttgsrt
Ungebührliches Verhalten?! Fragt sich nur von wem
Nach Auskunft einer Mutter, die die Veranstaltung besuchte, wurde die Schulklasse ihrer Tochter zum Singen festlicher Lieder extra für diese militaristische Veranstaltung eingeladen. Das ist ein klares Zeichen dafür, wie subtil die Bundeswehr immer tiefer in die Gesellschaft eindringt und bereits Jugendliche für ihre Zwecke missbraucht.
Pöbeleien von Besuchern der „Gedenkveranstaltung“ an die Adresse der AntimilitaristInnen blieben nicht aus. Ein in feinen Zwirn gekleideter Mann, der nach eigenen Angaben Mitglied der Kriegsgräberfürsorge ist, beschimpfte die AktivistInnen. Sie sollten sich gefälligst schämen für ihr ungebührliches Verhalten an diesem festlichen Ort. Auch sonst wurde immer wieder insistiert, man solle doch die „Feier“ nicht mit antimilitaristischen Liedern und Parolen stören.
Der Protest zeigte auf jeden Fall deutliche Wirkung nicht nur auf die BesucherInnen der Veranstaltung, sondern auch auf die anwesenden Bundeswehrangehörigen, die immer wieder ängstlich aus dem Neuen Schloss besorgte Blicke auf die AntimiliaristInnen warfen.
Trotz Polizeiübergriffe und Festnahme klares Zeichen gegen Krieg
Wie bei sozialen und politischen Protesten leider nur allzu üblich und bekannt, fühlten sich auch die zum Schutze ihrer Kameraden von der Bundeswehr eingesetzten Fußtruppen der Polizei äußerst pikiert und handelten militärisch aggressiv. Als die AktivistInnen mit Transparenten ihren Protest unmittelbar vor die Stufen des Veranstaltungsortes verlegten, kam es zu üblen Schubsereien durch PolizistInnen. Plakate wurden zerstört und einzelne Personen vorübergehend festgenommen.
Trotz dieser Gewalttätigkeiten blieb auch nach Beginn der Veranstaltung im Neuen Schloss den Protest noch längere Zeit aufrechterhalten – als klares und entschlossenes Zeichen gegen Krieg und die Bundeswehr.
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