Kommentar von Sahra Barkini – Stuttgart. Deutschlandweit gab es am 24. Januar sogenannte Mahnwachen von „Fridays gegen Altersarmut“. So auch auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Unbestritten ist Altersarmut ein Thema, das alle angeht. Altersarmut zu bekämpfen, wäre mit Sicherheit auch unterstützenswert. Aber nicht unterstützenswert ist, wie Rechte dieses Thema unterwandern. Ähnlich wie bei den Stuttgarter Dieseldemos im vergangenen Jahr machen sie sich Themen zueigen, die Menschen bewegen. Sie mischen kräftig mit, und das Schlimme ist: Die DemonstrationsteilnehmerInnen stört größtenteils die Vereinnahmung und die Anwesenheit der Rechten nicht.
Vor ein paar Tagen warnte der VdK Kernen vor den Kundgebungen. So schrieb der VdK-Ortsvorsitzende Udo Rauhut in einer Pressemitteilung: „Rechte Organisationen wie die NPD, Die Rechte, Identitäre, die AfD oder der Dritte Weg nutzten das Thema Altersarmut als Vorwand, Stimmung zu machen.“ Siehe hierzu „Warnung vor rechten Rattenfängern„.
Auf den ersten Blick harmlos …
Die Kundgebung oder Mahnwache in Stuttgart wirkte auf den ersten Blick harmlos, eigentlich war nicht wirklich erkennbar, worum es überhaupt geht. Auf einem Auto, das zur Kundgebung gehörte, stand: „Keine Jobs ohne Autos“. Das hat ja nun nicht zwingend was mit dem Thema zu tun. Aber beim genaueren Hinschauen fiel auf, dass unter den KundgebungsteilnehmerInnen auch Leute waren, die an den Demos gegen das Fahrverbot teilnahmen, gut erkennbar an ihren gelben Westen. Wahrscheinlich war es eine gute Gelegenheit, die auch mal wieder aus dem Schrank zu kramen, da die „Dieseldemos“ ja nicht mehr stattfinden, seit der Initiator für die CDU im Stuttgarter Gemeinderat sitzt.
Die PassantInnen haben sich nicht wirklich dafür interessiert, was da stattfand. In den ersten eineinhalb Stunden stand das Grüppchen nur rauchend und in Gesprächen mit anderen KundgebungsteilnehmerInnen verwickelt herum.
Ein einzelnes Transparent wurde hochgehalten. Flyer verteilten die Initiatoren so gut wie keine. Da frage ich mich schon, wie sie auf das wichtige Thema Altersarmut aufmerksam machen wollen, wenn sie keinerlei Versuche unternehmen, auf PassantInnen zuzugehen. Auf Nachfrage hieß es, diese Mahnwache diene erstmal zum Kennenlernen und zum Austausch. Okay, aber das ginge ja auch in jeder Eckkneipe.
… auf den zweiten Blick Klarheit
Außer den GelbwestenträgerInnen befanden sich auch noch einige zwielichtige Typen in der Runde. Einer in Rammstein-Shirt mit Reichsadler, und auch Böhse Onkelz-Fans durften nicht fehlen. Und natürlich gab sich noch jemand aus der Gefolgschaft eines in der Region bekannten rechten Hetzers die Ehre.
Nach 1,5 Stunden unsinnigen Rumstehens wurde eine Rede gehalten. In ihr ging der Redner auf einen Zeitungsartikel der Waiblinger Kreiszeitung und die Pressemitteilung des VdK ein. Natürlich ist beides laut ihm eine falsche Berichterstattung. Auf das Wort Lügenpresse verzichtete der Redner, denn diese Mahnwachen seien weder von einer Partei gesteuert noch hätten Parteien etwas damit zu tun. Dann frage ich mich, warum die Partei „Die Rechte“ und auch Jörg Meuthen von der AfD zur Teilnahme aufriefen.
Außerdem seien die Demoveranstalter natürlich überhaupt gar nicht rechts. Das werfe ihnen nur die linke Presse und die Antifa vor. Dann sagte der Redner, dass er in seiner Kundgebung keine rechten Personen sehe und auch nirgendwo Linke. Somit hat er seiner Ansicht nach wohl die Presse Lügen gestraft. Linke und der VdK scheuten den Diskurs mit den Mahnwachen, sonst wären sie ja auch anwesend.
Er kritisierte, dass der VdK auf seiner Homepage vorgebe, etwas gegen Altersarmut tun zu wollen, aber sich dann nicht an dieser Mahnwache beteilige. Die sehr guten Gründe des VdK wurden ja in der schon erwähnten Pressemitteilung dargelegt. Mehr gibt es zum Inhalt dieser Rede dann auch nicht zu sagen. Und eigentlich gibt es auch zu dieser Kundgebung nicht mehr wirklich viel zu sagen.
„Es interessiert mich nicht, ob da Rechte sind …“
Ich finde es nur sehr erschreckend, dass es anscheinend den Menschen egal ist, mit wem sie sich auf der Straße tummeln. Ob das am fehlenden Geschichtsbewusstsein liegt oder an Naivität, weiß ich nicht. Beruhigend fand ich, dass die Stuttgarter PassantInnen kaum Notiz von dieser Kundgebung nahmen. Und eins ist auch klar: Diese ganzen „Fridays gegen/für“-Gruppierungen haben zum Ziel, die „Fridays for Future“-Bewegung und deren wichtigen Ziele zu diskreditieren. Denn in all den anderen „Fridays“-Geschichten mischen rechte Kräfte mit. Weshalb dies nicht durchschaut wird, bleibt mir ein Rätsel. Vielleicht wird es auch durchschaut, aber es interessiert einfach keinen. In einem Facebook-Kommentar zum Thema las ich: „Es interessiert mich nicht, ob da Rechte sind, Hauptsache sie retten meine Rente“.
Auch hier fehlt wohl das Geschichtsbewusstsein. Denn Rechte, Rassisten, Nazis haben noch nie was gerettet, sie zerstören nur.
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