Von unserer Redaktion – Pforzheim. „Wie kommt es dazu, dass vermummte Polizeikräfte scheinbar wahllos und ohne Konsequenzen Bürgerinnen und Bürgern Gewalt antun?“ Diese Frage stellt die Linke Pforzheim/Enzkreis „zum unverhältnismäßigen Gewalteinsatz der Polizei“ am 23. Februar gegenüber NazigegnerInnen, die gegen die „Fackelmahnwache“ des sogenannten „Freundeskreises Ein Herz für Deutschland“ auf dem Pforzheimer Wartberg protestierten. Die Polizei hatte ohne ersichtliche Gründe eine Gruppe von Demonstrierenden auch mit Schlagstockeinsatz gestoppt. Dabei gab es Verletzte (siehe Mit Pfefferspray gegen NazigegnerInnen).
„Die Stadt Pforzheim, die Pforzheimer Bevölkerung und zahlreiche auswärtige Unterstützende haben sich klar gegen diese ‚Mahnwache‘ positioniert und dies in vielfältiger Weise zum Ausdruck gebracht, unter anderem mit einem Demonstrationszug auf den Wartberg, um in friedlicher Weise den Rechtsradikalen ihren skandalösen Aufzug so schwer wie möglich zu gestalten“, heißt es in einer Pressemitteilung der Linken. Auf dem Wartberg sei es „leider zur gewalttätigen und in keiner Weise gerechtfertigten Eskalation der Ordnungskräfte in Form von Schlagstockgebrauch und Einsatz von Pfefferspray gegen die Demonstrierenden“ gekommen.
Davon berichtete das Polizeipräsidium Pforzheim zunächst nichts. Es sprach nur von „Provokationen“ der Demonstrierenden“ und dementierte zunächst auf Nachfragen sogar, überhaupt Schlagstöcke eingesetzt zu haben.
Allerdings dokumentiert ein Video der Beobachter News nicht nur den gewaltsamen Einsatz. Es ist auf der Aufzeichnung auch zu hören, dass die Einsatzleitung den klaren Befehl gab, die Demonstrierenden passieren zu lassen. Dazu äußerte sich die Polizei bisher nicht. Sie spricht stattdessen von einer „noch laufenden Nachbereitung“.
Die Linke fragt nun nicht nur, wie es dazu kam, „dass vermummte Polizeikräfte scheinbar wahllos und ohne Konsequenzen Bürgerinnen und Bürgern Gewalt antun“. Sie will auch wissen, ob die Polizei Baden-Württemberg „Verständigungsprobleme“ hat oder „bestimmten Polizeibeamten in Baden-Württemberg“ generell schwer falle, „klare und deutliche Befehle einer weiblichen Vorgesetzten zu befolgen“. Die Linke sieht hierin „einen schweren Fall von Gehorsamsverweigerung im Dienst, allein dies wäre disziplinarisch zu rügen“.
Sie fragt auch, ob die Polizei Baden-Württemberg „ein internes Problem mit der Gleichstellung von Frauen im Dienst, dem modernen Frauenbild und der Emanzipation im Allgemeinen“ hat. Ebenso, wie es sein kann, dass viele Bürgerinnen und Bürger sahen, wie am Straßenrand Verletzte behandelt wurden, dieses aber in der Pressemitteilung der Polizei nicht thematisiert wurde. Dabei seien auch Polizeikräfte an den Verletzten vorbeigelaufen.
Die Partei fordert nun umfassende Aufklärung, klare Richtlinien für die Zukunft und eine Entschuldigung „der Polizei sowohl für den Einsatz von unverhältnismäßiger Gewalt als auch für den offensichtlichen Versuch, diese durch Verharmlosung und Auslassung zu vertuschen“.
Neben der Pforzheimer Zeitung haben inzwischen auch die Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) den Vorfall aufgegriffen – auch mit Bezug zu unserem Video. Obwohl die Auswertung andauere, sei schon jetzt festzuhalten, dass es am 23. Februar auf dem Wartberg nicht so gelaufen sein wie geplant. Die Zeitung zitiert den Grünen-Stadtrat Felix Herkens, der selbst vor Ort war: „Offensichtlich war der Einsatz nicht gut koordiniert.“ Einiges sei „einfach total überzogen“ gewesen.
Polizei-Pressesprecher Frank Otruba zufolge suche die Polizei selbst noch nach einer Erklärung für das Geschehen. Er warb gegenüber der BNN „einstweilen um Verständnis für die Kollegen im Einsatz“. Sie seien bei Dunkelheit nah an den Demonstranten gewesen, die sich plötzlich mit verschärftem Tempo bewegt hätten. Überdies sei die Umgebung laut gewesen. Das alles könne die Wahrnehmung einschränken. „Das könne vielleicht auch erklären, warum die Anweisung von Revier-Nord-Leiterin Elke Heilig, die im Video zu hören ist, zunächst ins Leere lief“, schreibt die BNN. Heilig hatte die Polizisten dazu aufgefordert, die Spitze der Demo an dieser Stelle durchzulassen, statt sie aufzuhalten.
Ein Nachspiel ganz anderer Art hat das Geschehen auf dem Wartberg im Pforzheimer Gemeinderat (siehe „Barbarische Unkultur auf dem Pforzheimer Wartberg„). Die AfD-Fraktion kritisiert, dass aus dem Wartbergfreibad Rockmusik erschallte. AfD-Stadtrat Bernd Grimmer erklärte der BNN zufolge, dass sich die Verwaltung „durch die Erfüllung dieses Wunsches der Organisatoren der jährlichen Randale auf dem Wartberg völlig zum Büttel der von der linksradikalen Antifa beeinflussten Initiative gegen Rechts gemacht“ habe.
Folge uns!