Von Sahra Barkini – Stuttgart. Deutschlandweit gab es am 5. April einen Aktionstag der Seebrücke. Die TeilnehmerInnen forderten die Evakuierung der griechischen Geflüchteten-Lager. Allein oder in Zweier-Gruppen beteiligten sich in ganz Deutschland tausende Menschen. So auch in Stuttgart. Die Polizei war mit einem großen Aufgebot vor Ort. Vereinzelt stellte sie Personalien fest. Sie scheuten auch die Kosten für den Einsatz eines Polizeihubschraubers nicht, der beobachtend die Aktionen aus der Luft verfolgte.
Zur Vorbereitung auf den Aktionstag in Stuttgart wurde bereits am frühen Sonntagmorgen ein Transparent mit der Botschaft „Dem Virus ist deine Herkunft egal, dem System leider nicht“ vor dem Neuen Schloss aufgehängt. Dieses wurde aber sehr schnell, wahrscheinlich von der Stadt, wieder entfernt.
Spuren in der Innenstadt
Der eigentliche Aktionstag startete um 14 Uhr. Beteiligt waren in Stuttgart die Seebrücke, das Offene Treffen gegen Krieg und Militarisierung (OTKM), die Interventionistische Linke, Fridays for Future, Ende Gelände Stuttgart und engagierte Privatpersonen. In Zweier-Gruppen oder einzeln spazierten die Menschen durch die Stuttgarter Innenstadt und hinterließen ihre Spuren. Es wurden Kreidebotschaften oder Fußabdrücke auf den Boden gemalt und manchmal auch Schuhe abgestellt, um so an die Geflüchteten zu erinnern, die noch immer in überfüllten Camps festsitzen – ohne ausreichend sanitäre Anlagen, Wasser oder Seife.
Ein Corona Ausbruch dort wäre fatal. Zumal medizinische Versorgung kaum gewährleistet werden kann. In Deutschland haben sich mehrere Städte bereit erklärt die Geflüchteten aus den Elendslagern aufzunehmen, bisher jedoch ohne Erfolg. Häufig zu finden war der Hashtag „Leave no one behind“ (Lasst niemanden zurück). Unter diesem Motto stand auch diese Aktion.
„Grenzen auf für Geflüchtete – EU Abschottung tötet!“
In Stuttgart wurden an neuralgischen Punkten Plakate angebracht, die auf die Situation der Geflüchteten hinwiesen. So zum Beispiel am türkischen und griechischen Konsulat, an der Ausländerbehörde, dem Innenministerium, dem Rathaus oder dem Justizministerium. Auf den Plakaten standen Forderungen wie „Die sofortige Evakuierung aller Menschen aus den überfüllten Lagern an der EU-Außengrenze und ihre Unterbringung in aufnahmebereiten Länder und Kommunen, wo sie angesichts der Corona-Pandemie den dringend notwendigen Zugang zu medizinischer Versorgung bekommen“, „Den sofortigen Stopp der Unterstützung der staatlichen Gewalt an der EU-Außengrenze“ oder „Grenzen auf für Geflüchtete! EU Abschottung tötet!“. Diese Plakate wurden aber meist sehr schnell von der Polizei wieder entfernt.
Polizei nicht immer risikobewusst
Obwohl die OrganisatorInnen dieses Aktionstages darauf achteten, dass die momentan gültigen Hygienevorschriften und Verhaltensregeln eingehalten wurden, führte die Stuttgarter Polizei Personenkontrollen durch und nahm Personalien auf. Bei diesen Kontrollen trugen die BeamtInnen den Seebrücke-OrganistatorInnen zufolge oft weder Handschuhe noch Mundschutz, und der Mindestabstand wurde auch nicht eingehalten.
Deutschlandweit mussten die AktivistInnen Repressionsmasnahmen über sich ergehen lassen. Vielerorts wurden nicht nur Plakate konfisziert, sondern auch die Straßenkreide.
In der Pressemitteilung der Seebrücke Stuttgart heißt es: “Wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir trotz Kontaktverboten unser demokratisches Recht der Meinungsäußerung wahrnehmen können. Alle unsere Aktionen sind so geplant, dass sie konform geltender Bestimmungen sind und Menschen vor einer Infizierung mit dem Coronavirus schützen. Auch in der Krise muss unsere politische Meinungsäußerung möglich sein, und darf nicht kriminalisiert werden.”
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