Von Sahra Barkini – Althütte. In Sechselberg, einem Teilort von Althütte im Rems-Murr Kreis, entsteht eine Quarantäne-Einrichtung für Geflüchtete. Dort sollen mit Covid-19 infizierte Menschen, die keine schweren Symptome aufweisen, in einem seit langem leerstehenden Gebäude untergebracht werden. Dagegen regt sich Widerstand angeblich besorgter Bürger. Am Ostersamstag, 11. April, versammelten sich AktivistInnen von „Zusammen gegen Rechts“ Rems-Murr (ZgR), dem AK Asyl und engagierte BürgerInnen vor der Quarantäne-Einrichtung, um den Geflüchteten dennoch ein freundliches Willkommen zu bescheren – alles unter Berücksichtigung der momentanen Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln.
Der Widerstand von Rechts richtet sich sowohl gegen die Errichtung des Quarantäne-Zentrums als auch gegen die Eigentümer der Immobilie, einen klerikalen Zusammenschluss. Sie erhielten mehrfach rassistische Drohungen. Als der Bürgermeister der Gemeinde vor rund zwei Wochen in einem Livestream über die Absicht berichtete, dieses Zentrum einzurichten, störten Rechte mit einem Hupkonzert vor dem Rathaus. Sie versuchten, mit ihren Fragen die virtuelle BürgerInnen Sprechstunde zu dominieren.
In den sozialen Netzwerken rufen „besorgte Bürger“ zum Protest auf. Außerdem wohnt Oliver Hilburger im Ort, er spielte jahrelang in der Naziband „Noie Werte“ (Musik im Bekennervideo der Nazi-Terroristen des NSU) und ist Kopf der rechten Pseudogewerkschaft „Zentrum Automobil“. Er ließ es sich nach Angaben des ZgR auch nicht nehmen, am 11. April in der Nähe der Einrichtung auf und ab zu fahren und die Aktion von „Zusammen gegen Rechts“ zu fotografieren und/oder zu filmen. Diese Fotomaterial landete dann vermutlich auf der Facebook-Seite eines „Fellbacher Möchtegern“, der dem Reichsbürger Spektrum zuzurechnen ist. Jedenfalls veröffentlichte dieser entsprechendes Material, hetzte gegen AntifaschistInnen und gegen den Herausgeber der Beobachter News.
Mit Mundschutz und Mindestabstand
Die Aktivistinnen trugen meist Mundschutz und hielten den Mindestabstand ein. Eine Rednerin des AK Asyl berichtete, dass offen kommuniziert wurde, dass diese Aktion stattfinden werde. Die Security der Einrichtung war damit einverstanden, dass Plakate aufgehängt werden, und erklärte sich bereit zu kontrollieren, dass dort keine Rechte Hetze hängen wird.
Außerdem wurden den zukünftigen BewohnerInnen, darunter vielen Kindern, den MitarbeiterInnen der Security Firma und den HelferInnen des Malteser Hilfsdiensts Schokohasen und Spielzeug überreicht. Diese Geste und die Plakate sollen ein positives Zeichen der Solidarität sein. Weiter kündigte sie an, dass im Lauf der Zeit immer wieder solidarische AnwohnerInnen von Althütte bei der Einrichtung vorbeischauen werden.
Rechte wollen Unruhe stiften
Tim Neumann, Sprecher des ZgR, wies darauf hin, dass die Bundesregierung vor rechten Terroranschlägen während der Corona-Pandemie warnt. Aus einem rechten Hupkonzert könne schnell eine echte Bedrohung für die Geflüchteten entstehen. Er sagte weiter: „Wir wollen präventiv klarstellen, das lassen wir nicht zu, denn auch während der Pandemie müssen wir uns der Gefahr von Rechts stellen.“
Ein weiterer Redner sprach für das Libertäre Bündnis Rems-Murr. Auch in der momentanen Situation sei es wichtig vor Ort zu sein, denn Rechte versuchten Unruhe zu stiften wegen steigender Fallzahlen im Ort und wegen der Kosten. „Für sie werden Schutzsuchende zur Zielscheibe, an deren Probleme spinnen sie ihre Dystopie einer anderen Gesellschaft. Sie reden viel, doch am Ende geht es um das Gleiche, einen autoritären Staat, zentrale Entscheidungen, ein Ende der parlamentarischen Demokratie und das entstehen einer nationalen Volksgemeinschaft. Diese Gedanken sind nichts als Gift für die freiheitsliebenden Menschen.“ Es gelte, den Rechten entschlossen, deutlich und in voller Konsequenz entgegen zu treten.
In den Unterkünften gibt es keinen Schutz
Die Entwicklungen in der LEA (Landes-Erst-Aufnahmestelle) Ellwangen zeigen deutlich, dass es in einer Geflüchtetenunterkunft keinen Schutz vor Viren gibt. Selbst Risikogruppen und Kinder sind deutschlandweit auf Lager verteilt, trotz leerer Hotelbetten. Diese Sammelunterkünfte müssten dringend aufgelöst werden, allein aus einem Akt der Menschlichkeit.
Auch in den Elendslagern vor Europas Grenzen drohe eine humanitäre Katastrophe. „Beenden wir den Leerstand in unseren Städten und schaffen Platz für Frauenhäuser, Geflüchtete, Obdachlose und andere Nichtprivilegierte. Beginnen wir damit Arbeit in Erziehung, Pflege und Gesundheit entsprechend zu honorieren“, forderte der Redner: „Schließen wir alle Lager, Wohnraum für Alle, ein Zuhause für Alle, kein Platz für Nazis.“
Im Anschluss verteilten AktivistInnen ihren Offenen Brief in den Briefkästen von Althütte-Sechselberg und kamen dabei mit AnwohnerInnen ins Gespräch. Die Solidaritätsaktion verlief absolut ruhig und friedlich. Es war zu keinem Zeitpunkt Polizei vor Ort, auch wenn das aus der rechten Ecke behauptet wird.
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