Freiburg. Etwa 50 Personen versammelten sich am Mittwoch, 22. April, vor der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Freiburg, um ihre Solidarität mit den BewohnerInnen der Einrichtungen in Freiburg, Ellwangen, Sigmaringen, Karlsruhe, Heidelberg und anderswo auszudrücken. Mit Transparenten und Plakaten wie „Holt die Menschen aus den Lagern, Gesundheitsschutz für alle, Respect Human Rights, Das Lager ist ein rechtloser Raum…“ forderten sie eine überfällige Diskussion über das politische Konzept der Großlager ein, die bislang verweigert werde. „Wichtig ist für uns vor allem, dass Betroffene selbst zu Wort kommen“, heißt es in einer Mitteilung der „Aktion Bleiberecht„.
Flucht und Migration seien keine vorübergehenden Phänome, sondern bestimmten auch künftig den Alltag. Darauf müsse man sich einrichten – allerdings „nicht mit Abschottung und Ausgrenzung, sondern mit Solidarität und der Gewährung von sozialen, ökonomischen und politischen Rechten“.
Die EU gebe Milliarden Euro für die Abschottung der EU und das Dublin-System aus. In in diesem Kontext seien auch die Landeserstaufnahmeeinrichtungen zu sehen: „Jedes integrative Moment für den Einzelnen soll durch die Unterbringung in den Masseneinrichtungen verhindert werden. Ein minimalistisches Leben, bestimmt von Vorschriften, Regeln und Kontrollen greift täglich in das persönliche Leben und die Integrität der BewohnerInnen ein.“
Die grün-schwarze baden-württembergische Landesregierung schlage einen falschen Weg ein, der nur zur weiteren Stigmatisierung von Geflüchteten führen werde. Der Rechnungshof von Baden-Württemberg rechnet die Rentabilität der Großlager durch und fordert, dass sie eine „Regekapazität von 1000 Plätzen“ nicht unterschreiten sollten. „“Solche finanzpolitische Gedanken im Umgang mit den Geflüchteten lehnen wir entschieden ab und fordern eine dezentrale Unterbringung“, so die „Aktion Bleiberecht“.
Massenunterkünfte wie die LEAs seien wegen beengter Wohnverhältnisse und gemeinsam genutzter Räume und Sanitäranlagen von Infektionen mit dem Corona-Virus besonders betroffen. Das erhöhte Risiko bestätigten auch das Ministerium für Soziales und Integration und das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg. Die Landeserstaufnahmeeinrichtungen stießen an ihre Grenzen, so die Aktion Bleiberecht.Das Corona-Virus habe die Weiterführung der Einrichtungen und einen weiteren Ausbau delegitimiert.
Kurzfristige Maßnahmen wie die vorübergehende Entzerrung der Belegung könnten nicht die Lösung sein. Niemand wisse genau, wie es mit der Corona-Pandemie weitergeht. Über das Aufnahmekonzept, das im Wesentlichen die Handschrift von Innenminister Thomas Strobl und seines Ministeriums trägt, müsse neu debattiert werden unter Beteiligung von Fachleuten, Anwälten und MigrationswissenschaftlerInnen, RechtswissenschaftlerInnen und den Betroffenen selbst.
Auch müssten Berichte aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen in Ellwangen, Giengen und anderen Orten näher untersucht werden. In Ellwangen seien über 250 Personen mit dem Corona-Virus infiziert, auch 20 Beschäftigte. Das seien 30 Prozent aller Infizierten im Ostalbkreis. Das gesamte Massenlager steht, wie auch in Giengen, unter Quarantäne. Bis zum 3. Mai können Hunderte die Einrichtung nicht verlassen. Die Polizei bewache das Lager. Laut Berichten aus Ellwangen gebe es keine Trennung von positiv und negativ Getesteten. Fragwürdig sei auch, dass nun die Bundeswehr zur Aufrechterhaltung der Massenlager in Ellwangen, Giengen und Althütte-Sechselberg eingesetzt wird.
„Die Veranstalter der Protestaktion verfolgen die Entwicklungen mit großer Sorge und appellieren an die politische Vernunft, alle notwendigen Schritte für eine Auflösung der Massenlager einzuleiten“, heißt es weiter. Nötig sei eine politische Diskussion über die Unterbringung von Menschen in Großeinrichtungen, ein Umdenken in der Flüchtlingspolitik und das Schließen von Massenunterkünften.
Alle Fotos: Aktion Bleiberecht
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