Stuttgart. Wegen der Corona-Pandemie hat der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB alle Mai-Kundgebungen abgesagt. Ein Bündnis aus linken Organisationen und Initiativen ruft dennoch dazu auf, am 1. Mai um 12 Uhr zum Marktplatz (nicht Schlossplatz) in Stuttgart zu kommen: „Die Reichen sollen zahlen! – #nicht auf unserem Rücken“. Zuvor soll es bereits ab 10 Uhr verschiedene Aktion geben (siehe hier). Auch die „Revolutionäre Aktion Stuttgart“ (RAS) ruft dazu auf, am 1. Mai auf die Straße zu gehen. „Diese Krise hat System – Revolutionäre Gegenmacht aufbauen!“ heißt es in einer Erklärung.
Selten sei es wichtiger gewesen, „den Kapitalisten eine Kampfansage zu erteilen und eine revolutionäre Perspektive auf die Tagesordnung zu setzen“, schreibt die RAS. Die Corona-Phase werde massive Spuren hinterlassen. Von Kurzarbeit, Verlängerung von Arbeitszeiten, Ausgangsbeschränkungen und Abbau von Mitbestimmungsrechten sei „die gesamte Klasse der Lohnabhängigen betroffen, ob in der Metall- und Elektroindustrie oder im Einzelhandel, in der Gastronomie oder der Spedition, in der Pflege oder dem öffentlichen Dienst.“ Man dürfe nicht zulassen, dass die Krise auf dem Rücken der Lohnabhängigen ausgetragen wird.
Das Argument der Virus-Eindämmung müsse für Vieles herhalten, auch zur massiven Einschränkung von Grundrechten wie der Versammlungsfreiheit. „Auf die kapitalistische Krisenabwälzung von Staat und Kapital werden wir mit Organisierung und Klassenkampf von unten antworten“, kündigt die RAS dagegen an. Offensive Aktionsformen über „online Bilder posten“ hinaus seien wichtig- in welcher genauen Form, werde sich noch herauskristallisieren. „Kollektivität, Selbstbestimmung und ein klares politisches Zeichen, zugleich gesundheitliche Vertretbarkeit und das Beachten der verschärften staatlichen Repression“ seien dabei wichtig.
„Die Reichen sollen zahlen“
Die Corona-Krise sei nicht nur eine Bedrohung für die Gesundheit, heißt es im Aufruf des Bündnisses 1. Mai. Im Schatten der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus organisierten Staat und Unternehmen „heftige Angriffe auf unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen“. Milliarden für Konzerne stünden bereit, während die Arbeitszeiten verlängert werden. In „kaputtgesparten Krankenhäusern“ sollten die Beschäftigten ohne ausreichende Schutzausrüstung die Pandemie bewältigen, während in vielen Betrieben „für den Profit der Aktionäre ganz normal weitergearbeitet wird“.
Es müsse ein Zeichen dagegen gesetzt werden, dass die aktuellen und kommenden Krisenlasten auf Lohnabhängige abgewälzt werden. Genau diese Entwicklung zeichne sich im Schatten der Virusbekämpfung ab: „Massenentlassungen im Metall- und Elektrobereich, viele kleinere Gastro-Geschäfte die bereits Insolvenz anmelden mussten, höhere Arbeitsbelastung im immer schon schlecht bezahlten Gesundheitsbereich, 12 Stunden Tage und ein Kurzarbeitergeld, das zum Überleben kaum reicht.“
Es gehe darum, am 1. Mai Anliegen, Forderungen und Perspektiven zusammen zu bringen. Man verstärke dabei kein Infektionsrisiko: „Wir rufen alle auf Atemmasken und Handschuhe zu tragen und die Mindestabstände einzuhalten!“ Kritisiert wird, dass das Amt für öffentliche Ordnung ein Verbot von Infektionsschutz auf politischen Versammlungen angekündigt habe. Das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken solle verboten werden. Sie würden nicht als Infektionsschutz insbesondere für Umstehende betrachtet, sondern als „Vermummungsmaterial“. Das wolle man nicht akzeptieren, es sei nicht hinnehmbar, dass die polizeiliche Kontrolle über den Gesundheitsschutz der VersammlungsteilnehmerInnen gestellt wird.
Gewerkschaftlicher Spaziergang in Waiblingen
Der Kreisvorstand des DGB in Waiblingen bedauert die Absage gewerkschaftlicher Aktionen zum 1. Mai. Ein Kreis linker und fortschrittlicher Gewerkschafter will sich das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, ein hohes Gut, nicht nehmen lassen. Sie rufen zu einem Spaziergang vom üblichen Treffpunkt Stihl in Waiblingen zum Marktplatz mit kürzeren Zwischenstopps auf.
Die Initiatoren erwarten von den Teilnehmerinnen, alle Gesundheitsschutz-Maßnahmen wie Mundschutz und Abstand einzuhalten. Der Spaziergang ist offiziell bei der Stadt Waiblingen als Versammlung angemeldet. Er beginnt um 10 Uhr bei Stihl für die ersten 50 Personen. Sollte es mehr TeilnehmerInnen geben, geht eine zweite Gruppe etwas zeitversetzt los. Es sind Kundgebungen um 10 Uhr vor dem Stihl-Werk 6 in der Stuttgarter Straße und von 10.30 Uhr bis 11 Uhr auf dem Waiblinger Marktplatz angemeldet.
Virtuelles Maifest im Gasparitsch
Das Stadtteilzentrum Gasparitsch in Stuttgart plant ein virtuelles Fest am 1. Mai. Es beginnt um 19 Uhr online mit Livemusik von Felix Schurr, einem schon legendären Quiz, das ab dem 30. April auf der Homepage des Zentrums zu finden ist, und politischen Kurzvorträgen, die ebenfalls dort stehen. Im Anschluss an das Konzert soll es zudem eine Online-Kneipe geben. Das Zentrum lädt auch zu einem Online-Programm am 1. Mai und zum Onlinefrühstück am 2. Mai ab 10 Uhr ein. Zum Dabeisein brauche man einen Computer mit Internet, ein Smartphone oder Tablet.
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