Stuttgart. Seit etwa vier Jahren steht ein früheres Hotel an der Neuen Weinsteige in Stuttgart leer. Nun wurde es kurzzeitig besetzt. Die Hausbesetzer haben einen Kurzfilm auf Youtube mit Aufnahmen aus dem Gebäude veröffentlicht. Sie nehmen in dem Film jedoch die Wohnsituation und den Leerstand in Stuttgart insgesamt unter die Lupe.
Fast zwei Jahre nach der Zwangsräumung der ehemals besetzten Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße 4 stünden dort nun mehr Wohnungen leer als damals, erklärt die Initiative „Leerstand beleben„. Außerdem hätten AktivistInnen ein seit wohl vier Jahren leerstehendes Hotel mit 15 Zimmern ausfindig gemacht, sich Zutritt verschafft, den Leerstand dort dokumentiert und „eine klare Botschaft“ an die Eigentümerfamilie hinterlassen: „Warum nicht etwas sinnvolles daraus machen liebe Seybolds? Wie ein Frauenhaus zum Beispiel? Weil sich das nicht von selbst ändern wird, könnte die nächste Besetzung schon bald kommen.“ Die Initiative hinterließ überdies an dem Gebäude ein großes Transparent mit der Aufschrift „Besetzen ist die halbe Miete, Kapitalismus abschaffen die ganze!“
Einem Bericht der Stuttgarter Zeitung zufolge handelt es sich bei dem Gebäude nicht mehr um ein Hotel. Es habe neue Besitzer, nach deren Angaben das Haus im Umbau sei, es seien nun Wohnungen vorgesehen. Am 25. April sei Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet worden. Nach Angaben einer Polizeisprecherin, so die Stuttgarter Zeitung, habe das Dezernat Staatsschutz den Fall übernommen.
Video von red.act Media Stuttgart
Die Erklärung der Initiative im Wortlaut:
„Zwei Jahre nach der Hausbesetzung der Wilhelm-Raabe Straße 4, wollen wir zurück und vorausblicken. Hat sich die Lage verändert, wie geht es weiter mit den Themen Leerstand, Wohnungskrise, Mietexplosion? Stuttgart ist die Großstadt mit den teuersten Mieten. Währenddessen werden Sozialwohnungen abgebaut, Menschen aus ihren Wohnungen zwangsgeräumt und InvestorInnen spekulieren mit Leerstand.
Mindestens 3000 Wohnungen stehen alleine in Stuttgart leer. Ein Beispiel hierfür war und ist die Wilhelm Raabe Straße 4. Vor fast genau zwei Jahren wurden zwei Wohnungen in dem Gebäude der britischen Eigentümerfamilie Passy besetzt und zwei Familien in Wohnungsnot und zahlreiche andere AktivistInnen, belebten den Leerstand. Keine vier Wochen später veranlassten die Passys die Zwangsräumung und die Familien und solidarische Menschen wurden mit Anzeigen überzogen. Doch der Widerstand hört da nicht auf: Im Frühjahr 2019 wurde gleich ein ganzes Haus in der Forststraße 140 besetzt. Das Gebäude ist eines von vielen im Besitz der Schwäbische Bauwerke GmbH. Auch hier wurde zwangsgeräumt, diesmal bereits nach drei Wochen und auf Anweisung der Stadt.
Corona und Mieten
Auch wenn es gerade scheint, als würde die Welt still stehen; all die sozialen und wirtschaftlichen Missstände, haben sich eben nicht in Luft aufgelöst im Gegenteil: Vielen Lohnabhängigen fiel es schon vor Corona schwer, für ihre Miete aufzukommen. Jetzt, wo etliche entlassen oder in Kurzarbeit gesteckt wurden, ist es fast unmöglich die Miete zu zahlen. Während von Solidarität in Form von #stayathome und social distancing schwadroniert wird, werden Wohnungslose, Frauen in Frauenhäusern und Geflüchtete in Heimen sich selbst überlassen oder finden solche Plätze nicht mal mehr.
Es war und ist immer noch Zeit zu handeln
Dass handeln möglich ist, möchten wir in diesem Video zeigen. Wir verschaffen uns Zugang zum Höhenhotel des Ehepaars Seybold. Seit rund vier Jahren steht das Gebäude mit seinen 15 Zimmern leer. Warum nicht etwas sinnvolles daraus machen liebe Seybolds? Wie ein Frauenhaus zum Beispiel? Weil sich das nicht von selbst ändern wird, könnte die nächste Besetzung schon bald kommen. Aber nach wie vor gilt: Besetzen ist die halbe Miete, Kapitalismus abschaffen die ganze!“
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