Von Sahra Barkini – Stuttgart. Bereits zum zweiten Mal versammelten sich am Samstag, 13. Juni, über 2000 Menschen zu einer Black-Lives-Matter-Kundgebung. Dieses Mal waren der Ort und die OrganisatorInnen andere, aber das Thema blieb das selbe: gegen Rassismus und Polizeigewalt.
Bei der Kundgebung am vorherigen Samstag waren viel mehr Menschen erschienen als erwartet. So waren die Abstandsregeln nur schwer einzuhalten. Daher fand dieses Mal die Kundgebung auf dem Cannstatter Wasen statt. Dort kamen am Samstagmittag die protestierenden Menschen unter Einhaltung der Abstandsregeln und mit Mund-Nasen-Schutz zusammen. Die Polizei war mit einem Großaufgebot in Cannstatt vertreten. Sogar zwei Wasserwerfer wurden vorsorglich bereitgestellt. Diese wurden aber nicht benötigt und dafür dann in der Stuttgarter Innenstadt positioniert.
Im Gegensatz zur Silent Demo im Oberen Schlossgarten, bei der überwiegend die Farbe Schwarz getragen wurde, bot sich in Cannstatt ein sehr buntes Bild und auch eine fröhliche, ausgelassene Stimmung. Die unterschiedlichen RednerInnen sprachen über ihre persönlichen Rassismuserfahrungen. Es wurde zusammen gesungen, und ein DJ lockerte die Kundgebung zwischen den Reden auf. „Where is the Love“ von den Black Eyed Peas oder auch „Imagine“ von John Lennon waren zu hören, und spätestens beim Refrain sang fast der gesamte Platz mit.
Täglicher Kampf gegen Rassismus
Die RednerInnen waren sich einig, dass es viel Kraft kostet, sich täglich gegen Rassismus zur Wehr zu setzen. Immer wieder skandierten sie „Say no to racism“. Eine junge Frau sagte, Rassismus bedeute, dass man in einen Käfig gesperrt worden sei und dann gefragt werde, wie man da reinkam. Dass man automatisch für kriminell gehalten werde, dass man immer erstmal seine Unschuld beweisen müsse und auch, dass man in Bringschuld sei sich zu beweisen, dass man den Platz, den man erkämpft hat, auch verdient. Er bedeute Schmerz und immer traumatisiert zu werden. Sie fragte die TeilnehmerInnen der Kundgebung: „Werdet ihr euch gegen Rassismus engagieren, nicht schweigen, wenn in der Verwandtschaft oder sonst wo jemand was rassistisches von sich gibt oder tut?“ Die Antwort war ein eindeutiges und lautes „Ja!“.
People of Color: „Wir gehören dazu“
Mitgliedern des Vereins ADAN (Afro Deutsches Akademiker Netzwerk) zufolge leben in Deutschland etwa eine Million Menschen mit afrikanischen Wurzeln. „Wir gehören dazu“. Deshalb sollten People of Color auch im Bundestag und in Gremien vertreten sein. Der Filderstädter Psychotherapeut David Augustin hofft, dass das im Stadtstaat Berlin in Kraft getretene Gesetz, dass Diskriminierung im öffentlichen Raum bestraft werden soll, auch von anderen Bundesländern übernommen wird. Denn auch in Deutschland gebe es Städte, in denen Schwarze BürgerInnen sich fast nicht auf die Straße trauen. Dann zitierte er noch Martin Luther King: „Injustice anywhere is a threat to justice everywhere“ – „Ungerechtigkeit an irgendeinem Ort bedroht die Gerechtigkeit überall“.
Die Faust in den Himmel recken
Eine weitere Rednerin erzählte aus der Perspektive einer dreifachen Mutter von ihren Gefühlen, als sie das Video von George Floyd ansah. Sie sagte, sie habe den Schmerz gefühlt, den seine Mutter erleiden musste, als Floyd, kurz bevor er starb, immer wieder nach seiner Mutter rief. Danach bat sie die Menschen, ihre Faust in den Himmel zu recken. Und sagte: „Es ist illegal, jemanden aufgrund seiner Hautfarbe oder Herkunft anders zu behandeln, wir sind alles Menschen mit den selben Rechten. Wir haben die gleichen Chancen verdient“. Die Menschen müssten zusammen gegen Ungerechtigkeit aufstehen und zusammen Nein zu Rassismus sagen.
Kein Platz für Rassismus – nirgendwo
In einer sehr emotionalen Rede sagte eine Frau, sie werde niemals aufgeben. Das rief sie auch immer wieder ins Publikum: „Don’t give up. Wir wollen nicht anders leben, wir wollen Gleichbehandlung.“ Den Menschen wollte sie auf den Weg mitgeben, auf ihre Rechte zu beharren, auch wenn sie kein Deutsch sprechen – egal in welcher Sprache. Dann rief sie den Menschen zu: „Call racism by it’s name“ – nennt Rassismus beim Namen. Rassismus habe weder in Deutschland noch Amerika noch sonst auf der Welt einen Platz. Zum Abschluss skandierte sie „Black Lives“ und die Menge antwortete „Matter“.
Zum Abschluss bedankte sich der Moderator und zeigte sich überwältigt. Er betonte, man stehe hier nicht nur für Black Lives Matter. Man stehe für ganz vieles auch für LSBTIQ und Antifa und vieles mehr. Zum Ende sangen alle gemeinsam „We are the World, we are the children“. Dabei hielten die Demonstrierenden wieder ihre Schilder in die Luft, auf denen zu lesen war „Enough is Enough“ (Genug ist genug) oder „You messed with the wrong generation“ – Ihr habt euch mit der falschen Generation angelegt.
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