Von Sahra Barkini – Stuttgart. Am 20. Juni jährte sich der Todestag der Widerstandskämpferin Liselotte genannt Lilo Herrmann zum 82. Mal. Im Stuttgarter Stadtgarten bei der Universität gab es eine Gedenkkundgebung mit rund 100 Menschen. Zu ihr aufgerufen hatte das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS), die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA), die DKP Stuttgart und das Aktionsbündnis 8. März.
Die kommunistische Widerstandskämpferin Lilo Herrmann war unter anderem in Stuttgart aktiv. Im Dezember 1935 wurde sie dort in ihrer elterlichen Wohnung in der Hölderlinstraße verhaftet. Am 20. Juni 1938, nur drei Tage vor ihrem Geburtstag, wurde sie in der JVA Plötzensee in Berlin hingerichtet.
Herrmann hatte sich schon in jungen Jahren in kommunistischen Jugendgruppen engagiert und trat 1931 der KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) bei. Sie studierte in Stuttgart Chemie und später noch in Berlin Biologie. 1934 wurde ihr Sohn Walter geboren. Er lernte seinen Vater Fritz Rau, den Stuttgarter KPD Funktionär, nie kennen. Rau wurde am 20. Dezember 1933 in einer Gefängniszelle in Berlin-Moabit hingerichtet.
Beim diesjährigen Gedenken im Unipark gab es wegen der Corona-Bestimmungen keine Live-Musik. Redebeiträge kamen von Klaus Mauser (DKP), Lothar Letsche (VVN-BdA), dem AABS und vom Aktionsbündnis 8. März.
Letsche erzählte die Geschichte Lilo Herrmanns. Er berichtete auch, dass der Stadtjugendring Stuttgart den Gedenkstein, an dem man sich versammelte, 1998 in einer Nacht-und Nebelaktion aufstellte. Da der Stein auf städtischem Boden steht und von der Stadt geduldet wird, konnte die Unileitung nichts gegen das Mahnmal tun.
Ungezählte Frauen im Widerstand
Die Rednerin des Aktionsbündnisses 8. März sagte, es sei wichtig, an politisch aktive Frauen zu erinnern und ihrer zu gedenken, da die Geschichtsschreibung männlich dominiert sei. Männer erlangten für ihr Handeln immer mehr Aufmerksamkeit als Frauen. Dabei gab es ungezählte Frauen, die Widerstand gegen den deutschen Faschismus leisteten. Es gab Frauen, die sich den Faschisten widersetzten und dafür auch zur Waffe griffen. Nur würden ihre Namen viel zu selten genannt.
Die Rednerin nannte einige Namen: Else Himmelheber, Elisabeth Schikora, Antje Hasenclever, Hannie Schaft, Gretel Maraldo. Weiter sagte sie: „Doch auch heute greifen Faschisten die Rechte von uns Frauen an, versuchen bereits Erkämpftes wieder rückgängig zu machen. Sie vertreten ein Frauen- und Familienbild, wie es in den fünfziger Jahren zu Tage trat. Sie wollen Frauen aus dem gesellschaftlichen Leben herausziehen und ihnen die Rolle der Hausfrau und Mutter zuschreiben.“
Sie gedachte außerdem Clara Zetkins. Auch ihr Todestag jährt sich am 20. Juni. Ohne Zetkin gäbe es keinen Frauenkampftag am 8. März, sagte die Rednerin. Frauen sollten sich Zetkin und Herrmann als Vorbild nehmen.
In der Rede des AABS wurde an den Kampf von Herrmann erinnert, denn diesen müsse man auch heute noch fortführen. „Faschismus und Rassismus sind nach wie vor tödlich und der Kampf dagegen ist immer aktuell.“ Denn erinnern heiße auch kämpfen.
Lilo Herrmann kannte die Gefahr
Klaus Mausner sagte: „Nicht die Anhänger der Nazis sind die Wurzel des Faschismus, sondern ihre Auftraggeber und interessengeleiteten Hintermänner im Monopol-Kapital.“ Der wirksamste Antifaschismus sei noch immer der Klassenkampf von unten, gepaart mit internationalistischer Solidarität.
Mauser zufolge war sich Lilo Herrmann bewusst, dass das Aufdecken geheim gehalter Aufrüstungsmachenschaften des Nazistaates und das Weitergeben an die Internationale Öffentlichkeit für sie selbst mit akuter Lebensgefahr verbunden war. Sie tat dies aber aus der Überzeugung heraus, damit die Öffentlichkeit zu warnen. Und damit zur Rettung vor dem Faschismus beizutragen.
Zum Ende der Kundgebung wurden ein Trauerkranz, rote Nelken und mit den Namen verstorbener AntifaschistInnen beschriftete Kerzen am Gedenkstein niedergelegt.
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