Von Sahra Barkini – Stuttgart. Das Bündnis AlarmstufeRot demonstrierte am Mittwoch, 12. August, bereits zum zweiten Mal in der Stuttgarter Innenstadt. Bei den unterschiedlichen Branchen der Veranstaltungswirtschaft ist es sprichwörtlich 5 nach 12. Seit März haben sie kaum Aufträge und somit keine Umsätze. Die Branche steht vor dem Kollaps und so fanden sich am Mittwoch um 12 Uhr 5 etwa 250 Beschäftige der Veranstaltungsbranche auf dem Karlsplatz ein. Eine ihrer Forderungen – ein Rettungsdialog – nahm seinen Anfang. PolitikerInnen von CDU, SPD, Bündnis 90 die Grünen, FDP und die Linke wurden eingeladen. Die Einladung angenommen haben der SPD Landtagsabgeordnete Daniel Born und die Landtagsabgeordnete von den Grünen Brigitte Lösch. Spontan kam auch noch die FDP Landtagsabgeordnete Gabriele Reich-Gutjahr hinzu.
Die drei PolitikerInnen zeigten sich gesprächsbereit. Sie nahmen am „roten Tisch“ ihre Plätze ein. Ganz nach „Dinner for One“-Manier blieben einige Plätze leer, da einige PolitikerInnen entweder aus Termingründen absagten oder gar keine Rückmeldung gaben. Die Veranstalter hoffen, dass sich dies bei den nächsten Kundgebungen noch ändert. Born und Lösch hielten darüber hinaus noch Redebeiträge. Laut Lösch und dem anwesenden Regierungssprecher soll es bei der kommenden Kundgebung am 19. August auch eine Videobotschaft des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann geben.
Das Bündnis AlarmstufeRot handelt im Interesse von über 9000 Unternehmen mit mehr als 200 000 Beschäftigten sowie 10 000 Auszubildenden. Deutschlandweit finden im August Mittwochskundgebungen statt – immer um 5 nach 12.
Wie vergangene Woche baten die Veranstalter die Abstände gemäß Coronaverordnung einzuhalten und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Daran wurde sich gehalten. Weiter erklärten sie, da die Branche am Boden liege und Niemandem zum Feiern zu Mute wäre, werde es kein musikalisches Bühnenprogramm oder Lichtershows geben.
Umsatzausfall zwischen 80 und 100 % – höchste Zeit, „den Politikern auf die Füße zu treten“
Aufgrund der Corona-Krise rechnet die Branche mit einem Umsatzausfall zwischen 80 und 100 %. Viele MitarbeiterInnen seien in Kurzarbeit oder hätten sich zwangsläufig in anderen Branchen beworben. Bisher fand die Veranstaltungswirtschaft bei der Politik kein Gehör, weshalb es Zeit werde „den Politikern auf die Füße zu treten“, so die Branchenbeschäftigten.
Laut Lösch fehle der Branche eine Lobby und sie werde leider oft überhört. Deshalb sei es ihr sehr wichtig, trotz nur einem Tag Vorbereitungszeit, an der Kundgebung teilzunehmen. Sie sagte, 100% der Veranstalter seien betroffen von der Corona-Krise und 100% habe es unverschuldet getroffen. Aber auch die Veranstaltungswirtschaft sei systemrelevant und müssen Unterstützung erhalten.
Daniel Born zeigte sich beeindruckt davon, was die Kundgebungsveranstalter auf die Beine gestellt hätten, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen. Denn die Branchen wollen nicht in der Dunkelheit untergehen, sondern das Gegenteil sei der Fall, sie sorgen dafür, dass die roten Lichter nicht ausgehen. Für ihn sei es selbstverständlich, sich mit der Veranstaltungsbranche an einen Tisch zu setzen und zu diskutieren. Er sagte: „Ihnen allen ist zuzurufen ‚machen Sie weiter! Bitte bleiben Sie an Bord! Sie sind auf jeden Fall normalitätsrelevant'“. Weiter führte sagte er aus: „Sie sorgen dafür, dass andere die Bühne haben, um zu feiern, um Politik zu machen. Ohne sie gibt es auch keine Parteitage.“ Die SPD Baden-Württemberg werde darauf drängen, dass es ein spezielles Programm für diese Branche geben werde. „Die Corona-Krise ist eine nationale Krise, aber manche müssen für diese nationale Krise mehr leiden als andere.“
Verbot von legalen Events schafft Raum für illegale Partys
Steffen Eifert von „mr. mac’s party team DJ-Service & Events“ war es wichtig zu betonen, dass die Branche keinen Fehler gemacht habe. Sie habe weder gezockt, noch einen Trend verschlafen. Sie seien alle durch ein vollkommen unvorhersehbares Ereignis unverschuldet in diese momentane Lage geraten. Und es sei auch nicht so, dass sie nicht arbeiten könnten oder wollten, sie dürften schlicht und ergreifend nicht. Durch das verbieten von legalen Events schaffe man Raum für illegale. Dort gebe es dann keinerlei Beachtung von Corona-Maßnahmen, keine Hygienevorschriften und auch keinen Jugendschutz. Als Beispiel nannte er eine private Geburtstagsfeier mit inzwischen 22 Infizierten in Stuttgart. Weiter führte Eifert aus: „Man kommt schon ein bisschen ins Grübeln. Als die Veranstaltungsbranche im ganzen Land Gebäude rot anleuchtet, dachten wahrscheinlich viele: das sieht aber schön aus – nett, dass das Jemand organisiert hat. Aber hoffentlich hat es die Stadt nicht so viel gekostet. Wenn die Schausteller mit ihren Lastwagen einen halben Tag lang den Verkehr in Stuttgart lahm legen, dann werden wenige Tage später besondere Hilfen für die Schausteller beschlossen. Bitte bestrafen Sie uns nicht dafür, dass wir friedlich sind“.
Nächster Protest angekündigt
Für die nächste Kundgebung am Mittwoch, 19. August, planen die Veranstalter eine Demonstration durch die Stuttgarter Innenstadt. Beginn ist wie gewohnt um 12.05 Uhr auf dem Karlsplatz.
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