Von Sahra Barkini – Fellbach. Am Dienstag, 1. September, lud der DGB-Ortsverband Fellbach zu seiner traditionellen Antikriegstagsveranstaltung ein. 120 TeilnehmerInnen versammelten sich am Friedensbaum hinter der Schwabenlandhalle. Hauptredner war der Bundestagsabgeordnete der Linken Tobias Pflüger. Er kritisierte auch die „Querdenker“-Demonstrationen am Wochenende in Berlin, bei der es keine Abgrenzung gegen Neonazis gab. Für die musikalische Umrahmung sorgten „die Marbacher“. Der Fellbacher DGB-Vorsitzende Dieter Keller eröffnete die Gedenkkundgebung und begrüßte die Anwesenden.
Tobias Pflüger erinnerte in seiner Rede daran, warum der Antikriegstag begangen wird. Am 1. September 1939 griff Deutschland Polen an und löste damit den zweiten Weltkrieg aus. Dieser Krieg hat Millionen Tote verursacht. Millionen JüdInnen, Sinti und Roma, politische Widerständler starben in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern. Mit Blick auf die „Anti-Corona“- Proteste vergangenes Wochenende in Berlin sagte Pflüger: „Wer eine Demonstration mitmacht, in der gleichzeitig Neonazis mitlaufen, in der Reichsflaggen und Reichskriegsflaggen getragen werden, der verharmlost gleichzeitig das, was ich gerade als Geschichte beschrieben habe, und das darf nicht mehr sein, und es ist ein Symbol, dass es Rechten gelungen ist, mit Reichsflaggen vor dem deutschen Bundestag aufzutauchen. Ich halte das für unerträglich, und den letzten klaren Ruf: Wir müssen alle gemeinsam gegen Rechts kämpfen, das darf nie wieder geschehen“. Man müsse klipp und klar gegen diese rechten Positionen vorgehen, „es darf nie wieder passieren, dass so etwas in dieser Republik stattfindet“.
Die Kriegsgefahr ist sehr real
Mit Blick auf eines der Konjunkturprogramme der Bundesregierung sagte er, statt 10 Milliarden Euro an die Rüstungsindustrie zu geben, müsse das Gesundheitssystem vernünftig finanziert werden. Es erschließe sich ihm sowieso nicht, warum die Rüstungsindustrie von der Corona-Krise betroffen sein soll. Er sprach auch über die konkrete Kriegsgefahr momentan zwischen der Türkei und Griechenland. Es geht um den Zugang zum Erdgas. Sowohl die Türkei als auch Griechenland sind Nato Mitglieder, dennoch sei die Kriegsgefahr sehr real. Die Bundesregierung müsse aufhören, Waffen zu liefern. Stattdessen sollte sie zwischen den Staaten vermitteln.
Antifaschistisches Handeln eingefordert
Für Pflüger ist der 1. September auch eine Verpflichtung. Die Verpflichtung, dass nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgeht. Doch in Wahrheit ist die Bundeswehr in sehr vielen Auslandseinsätzen. Diese Auslandseinsätze ergeben aus Pflügers Sicht überhaupt keinen Sinn und müssen beendet werden. Der 1. September war der Beginn eines schrecklichen Krieges. Er solle Mahnung sein, tatsächlich diese Formel „Nie wieder Krieg“ umzusetzen, und er solle die Verpflichtung sein, klar antifaschistisch vorzugehen. Denn es sei unerträglich, wie die Rechten in diesem Land salonfähiger werden. „Das dürfen und werden wir nicht hinnehmen“, so der Abgeordnete und stellvertretende Bundesvorsitzende der Linken (die ganze Rede von Tobias Pflüger hier zum Nachhören).
Zu Beginn hatte Dieter Keller betont, dass für den DGB der Gesundheitsschutz oberste Priorität habe. Deshalb bat er darum, Abstände einzuhalten und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Gerne hätte der DGB die Fellbacher Oberbürgermeisterin Gabriele Zull auf der Kundgebung begrüßt. Sie ließ jedoch durch ihre Assistentin mitteilen, dass ihr eine Teilnahme nicht möglich sei.
Vor 75 Jahren endete der zweite Weltkrieg, und Europa wurde vom Faschismus befreit – „nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ sei nicht nur für die Gewerkschaften die entscheidende Lehre, sondern es werde auch nach ihr gehandelt. Keller sagte: „Wir bleiben dabei, es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Dagegen gilt es gemeinsam anzukämpfen.“ Inzwischen führt der DGB seit 30 Jahren die Kundgebung zum Antikriegstag in Fellbach durch, dieses Jahr auch mit Unterstützung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) Rems-Murr.
„Deutschland raus aus der Nato, Nato raus aus Deutschland“
Dies sei aber kein Jubiläum zum Feiern, denn die Kriegsgefahr wachse. 80 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Keller ist bestürzt darüber, wie sich Europa gegenüber den Flüchtenden verhalte. Auch sei es eine Forderung des DGB, Fluchtursachen zu bekämpfen, nicht die Flüchtenden und auch nicht die SeenotretterInnen. Außerdem fordert Keller: „Deutschland raus aus der Nato, Nato raus aus Deutschland“. In seiner Rede fuhr er fort: „Es brauche eine neue Welt des Friedens und der Völkerverständigung, eine Welt ohne Hunger, Elend, Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg. Eine Welt, in der kein Mensch aufgrund unmenschlicher Bedingungen zur Flucht gezwungen wird. Eine Welt, in der Faschismus und Rassismus endgültig beseitigt sind“. (Die ganze Rede von Dieter Keller hier zum Nachhören)
Im Anschluss an Pflügers Rede kündigte Dieter Keller eine Gedenkminute für die Opfer rechter Gewalt, für die Toten des Zweiten Weltkriegs und für die vielen auf der Flucht Gestorbenen an. Danach spielten noch einmal „die Marbacher“.
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