Von Alfred Denzinger – Stuttgart. Vor Gericht erlebt man ja öfter mal seltsame Dinge. Aber was sich am Montag, 29. September, im Stuttgarter Amtsgericht abspielte, war doch sehr außergewöhnlich und stimmt den einen oder anderen Beobachter schon ein wenig nachdenklich. Eingangskontrollen wie bei einem Terroristenprozess. Leibesvisitationen, Abnahme aller mitgeführten Gegenstände. Kleine Ausnahme: Als einziger anwesender Pressevertreter durfte ich mein Schreibzeug behalten – Ersatzkugelschreiber aber erst nach einem Streitgespräch mit den Sicherheitsleuten von der Justiz. Große Ausnahme offensichtlich: Begleiter des 64-jährigen Belastungszeugen Olaf Barth, AfD-Stadtrat aus Villingen-Schwenningen und ehemaliger Berufsoffizier (Einzelkämpfer-Ausbilder). Dieser fast Zwei-Meter-Koloss will von zwei jungen, kleinen („bis zu meiner Brustwarze gehend“) Antifaschisten verbal angegangen worden sein. Eine übereifrige Staatsanwältin, die für kleine Vergehen einer nicht vorbestraften jungen, politisch aktiven Studentin Mitte 20 in krankheitsbedingter Abwesenheit eine Strafe von 180 Tagessätzen à 30 Euro, somit 5400 Euro fordert. Ein Beamter der Kriminalpolizei, Abteilung Staatsschutz, der sich wegen seines mutmaßlichen Belastungseifers eine Strafanzeige wegen vorsätzlicher Falschaussage einhandelt.
Die junge Angeklagte wurde schließlich nicht zu den von Staatsanwältin Henze geforderten 5400 Euro verurteilt. Der Schuldspruch von Richterin Susanne Böckeler und ihren beiden Schöffen lautete auf 80 Tagessätze à 10 Euro, ergibt 800 Euro zuzüglich Kosten – wegen Hausfriedensbruchs, Widerstands und Sachbeschädigung. Entgegen der Argumentation von Strafverteidiger Axel Oswald, der in seinem Schlussplädoyer die damalige Hausbesetzung in der Stuttgarter Forststraße 140 (wir berichteten) als legitime Aktion in Sachen Wohnungsnot bezeichnete. Darüber hinaus sei die zufällige Anwesenheit seiner Mandantin bei der Räumung kein Beweis dafür, dass sie zu den Hausbesetzern gehörte. Auch der Vorwurf des Widerstands sei rechtlich nicht haltbar. Sich mit dem Gewicht des Körpers entgegenzusetzen sei keine Gewalt und somit kein Widerstand. Darüber hinaus habe es für die erkennungsdienstliche Behandlung keinen Rechtsgrund gegeben. Zum Vorwurf der Sachbeschädigung sagte Oswald, die Angeklagte sei nicht wiedererkannt worden. Ein „wahrscheinlich“ des Zeugen sei keine ausreichende Identifizierung.
Strafanzeige gegen Polizeibeamten wegen vorsätzlicher Falschaussage
Schließlich stellte Rechtsanwalt Oswald noch im Gerichtssaal Strafantrag wegen vorsätzlicher Falschaussage gegen den Staatsschutzbeamten der Kriminalpolizei Stuttgart, der am ersten Verhandlungstag am 21. September darauf beharrte, die Angeklagte erkannt zu haben. Auf dem vorgelegten Lichtbild sei aber statt eines Gesichts nur ein weißer Fleck zu sehen gewesen. Der Staatsschützer war nicht am „Tatort“ im Einsatz, sondern lediglich Sachbearbeiter im Innendienst, welcher die Lichtbilder und Videos in Augenschein nahm.
Da es am ersten Verhandlungstag nach Angaben von Prozessbeobachtern im Gerichtssaal zu Reibereien gekommen sein soll, da die anwesenden Justizbeamten das Mitprotokollieren des Prozesses verhinderten hätten, beantragte der Verteidiger Franz Spindler die Genehmigung von Papier und Schreibzeug für Besucher. Bei lediglich acht ZuhörerInnen (coronabedingt) und acht Sicherheitsleuten im Gerichtssaal sei keine Bedrohungslage zu erkennen. Rechtsanwalt Oswald schloss sich dem Antrag seines Kollegen an. Staatsanwältin Henze trat dem Antrag entgegen. Richterin Böckeler wollte zwar am Nachmittag über den Antrag entscheiden, tat es schließlich aber nicht.
Kumpanei zwischen Justizangestellten und „Leibwächtern“ des AfD-Stadtrats

Justizmitarbeiter im Einsatz – Symbolbild
In diesem Zusammenhang erscheint der Vorfall um die beiden Begleiter des AfD-Stadtrats Barth besonders absurd. Die beiden Männer von kräftiger Statur saßen im Zuschauerraum und hantierten mit ihren Handys. Auf Intervention von Rechtsanwalt Spindler wurden die beiden Handys von einen Justizbeamten höflich eingezogen. Als der AfD-Zeuge Barth von der Richterin schließlich entlassen wurde, erhoben sich die beiden „Leibwächter“ ebenfalls. Dabei war zu sehen, dass sie noch weitere Gegenstände bei sich trugen. So zum Beispiel eine seitlich am Hosenbund angebrachte Metallkette und eine Gürteltasche, deren Inhalt nicht sichtbar war. Ganz offensichtlich wurden die beiden Personen nicht durchsucht. Selbst bei der Einziehung der Handys wurde auf eine Kontrolle dieser Männer verzichtet. Mir hingegen wurde sogar mein Münzgeld aus der Hosentasche eingezogen. Eine derartige Kumpanei zwischen Besuchern und Sicherheitsbeamten habe ich noch nie erlebt. In Anbetracht der aktuellen Aufdeckungen von rechtsradikalen Zirkeln in Sicherheitsbehörden erscheint dieser Vorfall mehr als nur besorgniserregend.
Der Koloss und die beiden Zwerge
Der 64-jährige Belastungszeuge Olaf Barth, AfD-Stadtrat aus Villingen-Schwenningen, ehemaliger Berufsoffizier und Einzelkämpfer-Ausbilder mit einer Körpergröße von mehr als 1,90 Meter will von zwei Antifaschisten von sehr kleiner Statur verbal angegangen worden sein. Man habe versucht, ihm sein Fahrrad zu stehlen. Die beiden Täter sollen „etwa einssechzig“ gewesen sein. „Einer wäre fast zu klein gewesen, um mein Fahrrad zu schieben“, führte Barth aus. Der ehemalige Soldat mit 45 Jahren Dienstzeit beim Militär erklärte, „ich glaube nicht, dass sie mich umbringen wollten“, und verabschiedete sich mit „ich melde mich ab“.
Schande für die Polizei
Der angeklagte, ledige Azubi gab vor Gericht eine Erklärung ab, welche unten im Wortlaut nachgelesen werden kann. Rechtsanwalt Spindler thematisierte ergänzend den derzeitigen Polizeiskandal in Nordrhein-Westfalen und zitierte in diesem Zusammenhang den NRW-Innenminister Herbert Reul: „Schande für die Polizei“.
Im Prozess seien 20 Zeugen geladen, 15 davon seien Polizeizeugen. Ans dreiköpfige Gericht gerichtet fragte er: „Wie viele davon haben ein rechtes Gedankengut, ein rechtsextremes Weltbild? Kennen sie einen Polizisten, der den „Autonomen“ nahe steht? Ich meine jetzt nicht die „autonomen Nationalisten““
Der Prozess wird am Montag, 5. Oktober, um 9 Uhr, fortgesetzt.
Erklärung des Angeklagten im Wortlaut:
„Prozesserklärung Antifa:
Jetzt werde ich hier heute erneut vor das Stuttgarter Amtsgericht gezerrt und es wird auch nicht das
letzte mal in den nächsten Wochen sein. Die Stuttgarter Klassenjustiz will ein Exempel in diesem
Verfahren statuieren, es ist nicht nur ein Angriff auf einen einzelnen Antifaschisten, es ist ein
Angriff auf alle AntifaschistInnen in Stuttgart, welche sich seit Jahren rechten Hetzern, Faschisten
und dem generellen Rechtsruck in der BRD entgegenstellen. Die Stadt Pforzheim ist in diesem
Kontext leider allzu bekannt– bei den letzten Landtagswahlen hat die AfD in dieser Stadt 33,3
Prozent bekommen. Doch damit nicht genug. Der Wahlerfolg der rechten Hetzer reiht sich in eine
Kontinuität von rechten und faschistischen Veranstaltungen und Mobilisierungen ein. Seit über 20
Jahren organisieren sich verschiedensten Rechten Kräften in Pforzheim. Sie versuchen immer
wieder öffentlich wirksame Aktionen durchzuführen. Das bekannteste Beispiel ist hier sicherlich die
Fackelmahnwache auf dem Wartberg, bei der sich seit über 20 Jahren Faschisten, Identitäre,
Blood&Honour Aktivisten und neuerdings auch Verantwortliche der AfD die Hand geben. All das
blieb von der Stadt Pforzheim Jahrelang unbeantwortet, die schaute zu wie sich Nazis aller Couleur
auf dem Wartberg organisieren und vernetzen, während sie den deutschen Opfern des zweiten
Weltkriegs gedenken.
Übergang 11.05.
All das zeigt uns deutlich auf, Pforzheim hat ein Naziproblem. So ist es nicht besonders
verwunderlich, dass Süddeutschlands einziger Ableger der Nazipartei, die Rechte, hier ihren Sitz
hat. Ebendiese Nazipartei rief am 11.05.2019 zu einer Demonstration in Pforzheim auf. Was anders
war als sonst: Die Faschisten wollten mitten in der Innenstadt Pforzheims marschieren und ihren
vorherigen Kommunalwahlkampf, welcher mit Plakaten wie „Wir hängen nicht nur Plakate!“
geführt wurde, abrunden. Die Partei „Die Rechte ist keine neue Erscheinung innerhalb der
Deutschen Szene. Aus der Tradition der sog. Autonomen Nationalisten entstand die Faschistische
Splitterpartei nach dem Verbot des Nationalen Widerstand Dortmunds. Das Personal der Partei, die
sich selbst in der Tradition des deutschen Faschismus sieht, ist ein Querschnitt aus militanten
Rechten, organisierten Rechtsterroristen und Faschistischen Vordenkern. Die Köpfe der Partei sind
im Engen Kontakt zu den Führern der deutschen Ablegern von Bloo&Honour und Combat 18.
Diese Informationen sind kein Geheimnis, im Gegenteil berichten bereits seit Jahren mehrere Blogs
und Jounalisten über die Kontakte und Köpfe der Partei. Die Justiz war aber bezüglich eines
Verbots, oder anderen Repressalien zurückhaltend und machte sich nicht einmal die mühe Robin
Schmiemann, welcher im Bekennervideo vom Combat18 zum Mord an Walter Lübke zu erkennen
ist ,zu verfolgen. Doch um ehrlich zu sein ist das alles nicht wirklich verwunderlich, wenn wir auch
nur an den NSU denken der mehrere Menschen in der BRD ermordet hat und der Verfassungsschutz
engen Kontakt zu den Mördern gehalten hat. Es wird uns immer wieder aufgezeigt, das wir im
Kampf gegen den Faschismus, weder auf den bürgerlichen Staat, noch auf seine Repressionsorgane
oder seine Justiz setzen können.
Kontinuierliche Antifa Proteste:
Mir ist bewusst, das Pforzheim ein schlechtes Beispiel dafür ist, dass kontinuierliche Antifa-Proteste
etwas bewirken können. Die Faschisten kommen immer wieder, und das Problem in Pforzheim ist
noch lange nicht gelöst. Deswegen ein weiteres Beispiel, dieses mal geht es um Dresden in den
Jahren 2009-2013:
Der Naziaufmarsch, welcher jährliche am 18.02 statt fand, wo mehrere Tausend Nazis
teilgenommen haben um an die Bombardierung Dresdens im 2. Weltkrieg zu erinnern. Dieser sollte
Deutschland in eine Opferrolle drängen und von den Verbrechen des Faschismus ablenken. Ihr Ziel?
Die Relativierung der Nazivergangenheit. All das fand unter dem Deckmantel eines
„Trauermarsches“ statt, perfide wenn man bedenkt dass der einzige Grund die Relativierung der
Verbrechen des deutschen Faschismus war. In dieser Zeit, als tausende Nazis auf die Straßengegangen sind zeigte sich die Stärke der antifaschistischen Bewegung in der BRD:
zigtausende AntifaschistInnen aus der ganzen Republik fuhren nach Dresden um den
Naziaufmarsch zu blockieren und anzugreifen. Nun, einige Jahre später, können wir sagen das nur
der kontinuierliche antifaschistischer Protest dazu geführt hat, dass Faschisten nicht mehr auf die
Straße gehen, das sich rechte Parteien und Organisationen auflösten und vollkommen von der
öffentlichen Bühne verschwanden. Hätten tausende AntifaschistInnen die Nazis nicht konkret
konfrontiert hätten wir noch heute, wahrscheinlich in noch größerer Form, faschistische
Aufmärsche mitten in Dresden. Auf den sogenannten „Verfassungsschutz“ müssen wir keine
Hoffnung setzen, genau so wie auf alle anderen staatlichen Organe.
Das zeigt sich auch in letzter Zeit immer deutlicher:
Bei der deutschen Polizei und Justiz tauchten in letzter Zeit wieder Vermehrt rechte Skandale auf,
welche auch in den bürgerlichen Medien für einen großen Aufschrei sorgten. Ein Beispiel wäre die
Frankfurter Polizei, wo erwiesenermaßen Daten von Polizeicomputer weitergegeben worden sind,
die später für Drohbriefe des selbsternannten NSU 2.0 benutzt wurden. Durch die Ermittlungen im
Falle eines Drohschreibens an eine Frankfurter Anwältin, welches mit NSU 2.0 Unterschrieben
wurde, wurden in der Frankfurter Polizei rechte Chatgruppen aufgedeckt. Doch das ist nicht der
einzige Fall welcher für ein großes öffentliches Echo sorgt: Beim KSK „Kommando Spezialkräfte“
sind in den letzten 20 Jahren immer wieder rechte Netzwerke aufgedeckt worden, doch erst das
kürzlich aufgedeckte „Hannybal-Netzwerk“ bewegte die Regierung dazu, eine geheuchelte
Besorgnis an den Tag zu legen. In den letzten 20 Jahren gab es mehrere Todeslisten von rechten
KSK Soldaten gegen politische GegnerInnen, Munition und Sprengstoff wurden entwendet und das
alles wurde jahrelang erfolgreich vertuscht. Erst vor wenigen Tagen um genauer zu sein am Tag des
Eröffnungsprozesses gegen mich wurde in NRW eine rechte Chatgruppe von 29 Polizisten
aufgedeckt, welche Hitler verehrende Bilder, antisemitische, rassistische und Ausländerfeindliche
Propaganda verschickt haben. Eines der Bilder stellte eine Geflüchtete Person in einer Gaskammer
da. Aber all das sieht der bürgerliche Staat nicht als eins sondern sieht dies mal wieder alles als 29!
Einzelfälle. Doch was tut die deutsche Politik ? Sie stempelt dieses systematische Problem als
Einzelfall ab – der Staat bekämpft also nicht nur aktiv AntifaschistInnen, er deckt auch Faschisten
in den eigenen Reihen.
Gesellschaftliche Einordnung:
Doch welche Schlüsse müssen wir daraus ziehen, wie ist das ganze gesellschaftlich einzuordnen?
Wir erleben, spätestens seit der 90er Jahre, nicht nur einen enormen Sozialabbau, sondern auch
einen deutlichen gesellschaftlichen Rechtsruck. Die Lebensbedingungen für die ArbeiterInnenklasse
wird in unserem bestehenden System immer schlechter und die Ausbeutung immer dreister – das
ist aber kein einfaches Versagen von einzelnen Parteien, es ist das Konzept des kapitalistischen
Systems, auf welchem unser Staat aufgebaut ist. Es geht darum mehr und immer mehr Gewinn zu
erwirtschaften, die Reichen werden reicher, und die Armen werden ärmer. Mal zeigt sich das
hässliche Gesicht dieses Systems deutlicher, wie bei den Hartz4-Reformen, mal weniger deutlich,
wie bei einem stetig sinkendem Durchschnittslohn. Die Repressionen gegen fortschrittliche Kräfte
nehmen zu, MigrantInnen und Linke werden vermehrt angegriffen und reaktionäre Gruppen und
Parteien gewinnen an gesellschaftlicher Akzeptanz. Die AfD ist dabei nur die Spitze des Eisbergs,
ein weiterer Auswuchs des Kapitalismus, doch wir müssen das Problem an der Wurzel packen und
Ihnen jegliche Verankerung in der Gesellschaft entziehen.
Denn die AfD ist eine Neoliberale rechte Partei, welche ihre Politik auf dem Rücken der kleinen
Leute, auf den Rücken der Ausgebeuteten Klasse aufbaut und sich immer die schwächsten als Opfer
sucht – zum Beispiel MigrantInnen die aus ihren Ländern fliehen, wo deutsche Waffen und
deutsches Geld mit Morden, und das alles nur aus einem Grund: die Spaltung der Gesellschaft und
das gegeneinander ausspielen verschiedener Bevölkerungsteile. Das bestehende kapitalistische System bietet keine Lösung für die zahlreichen Opfer von rechter Gewalt.
Was bleibt uns als AntifaschistInnen denn anderes übrig als uns dort wo Nazis und Rechte auftreten
in den weg stellen bevor deren Worte zu Taten werden können ?
Um ehrlich zu sein es kann und gibt keine andere Möglichkeit als Permanent auf die Straße zu
gehen und uns Faschisten und Rechten Konsequent in den Weg zu stellen. Es ist unsere Pflicht uns
all denjenigen in den Weg zu stellen die gegen MigrantInnen und fortschrittliche AktivistInnen auf
die Straße gehen und diese Angreifen.
Vorfälle wie in Hanau können wir leider nicht im vorn hinein verhindern das liegt leider nicht in
unseren Händen aber was wir machen können ist im Namen aller Opfer von Rechte Gewalt auf die
Straße zu gehen und dem rechten pack konsequent ihre Grenzen aufzuzeigen. Ich als Antifaschist
sehe es als unsere Pflicht, das wir uns rechten aller Couleur in den Weg stellen und diese angreifen
um schlimmeres zu verhindern.
Unsere Geschichte lehrt uns das es nicht reicht bunte Plakate zu malen und brav die bürgerlichen
Parteien von CDU bis Linke zu wählen, die deutschen Faschisten kamen durch einen SPD-
getragenen Kandidaten an die Macht, und der einzige reale Widerstand kam von ArbeiterInnen der
KPD, direkt auf der Straße. Ein weiteres aktuelles Beispiel für die Angriffe auf antifaschistische
Arbeit zeigt sich in Hamburg: Während gegen AntifaschistInnen und KommunistInnen in Hamburg
vom „Roten Aufbau“ Hamburg die Wohnungen morgens von SEK Beamten gestürmt werden und
ihnen wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird, ist rassistische
Polizeigewalt, rechte Chatgruppen von Polizisten, Waffen hortende Soldaten mit tausenden
Munition an Schuss und Todeslisten natürlich alles nur Einzelfälle und müssen auch als dieses
Behandelt werden und natürlich auch unter den Tisch gekehrt werden. Dies zeigt wiederholt wie
besessen der Staat davon ist fortschrittliche Linke zu kriminalisieren und ihren Verfolgungswahn
wie es auch schon die deutsche Geschichte zeigt gerecht zu werden.
Aus diesen hier dargelegten Gründen empfinde ich diesen Prozess hier als eine Absurdität des
Staates – und wir dürfen hier und heute nicht damit aufhören und uns nicht spalten lassen in gute
und schlechte AntifaschistInnen, weil manche Protestformen im Auge dieses Staates nicht
akzeptabel sind. Wir allein als linke Bewegung entscheiden über unsere Protestformen und machen
diese immer abhängig von der Gesellschaftlichen Notwendigkeit und werden uns dabei nichts vom
bürgerlichen Gesetzbuch vorschreiben lassen und in einer Zeit des steigenden Rechtsruck ist eine
vielfältige Straßenpraxis mehr als überfällig.
Nun möchte ich noch einige Beispiele nennen, wieso genau diese antifaschistische Praxis richtig und notwendig ist:
09. September 2000 bis 25. April 2007: Der „Nationalsozialistische Untergrund“, kurz NSU,
ermordet mindestens 10 Menschen. Zuvor und während dieses Zeitraums verübten die
Nazis mehrere Sprengstoffanschläge und ein Nagelbombenattentat. Das Alles geschah
unter den Augen des Verfassungsschutzes und unter Mithilfe seiner V-Leute.
Am 22. Juli 2011 ermordet der norwegische Faschist Anders Breivik insgesamt 77
Menschen, indem er in Oslo eine Autobombe zündet und anschließend auf einer nahe
gelegenen Insel das Feriencamp einer sozialdemokratischen Jugendorganisation
niedermetzelt. Zuvor hatte er auf 1500 Seiten sein rechtes Motiv für das Attentat
dargelegt.
Am 12. August 2017 rast ein 20-jähriger Nazi im Anschluss an eine der größten rechten
Demonstrationen in der Geschichte der USA bewusst mit seinem Auto in eine Gruppe von
Antifaschistinnen und Antifaschisten. Er tötet dabei eine 32-jährige Frau und verletzt 19
weitere Menschen.
Am 19. Februar 2020 ermordet ein Faschist neun junge MigrantInnen in einer Shisha Bar in
Hanau bei einem rassistischen Terroranschlag
.
Am 10.Oktober 2019 wurden 2 Menschen ermordet in Halle bei einem rechtsterroristischen Mordanschlag auf eine jüdische Synagoge und einen nahe gelegenen Dönerladen.
Wir als Antifaschisten und Antifaschistinnen haben eine Verantwortung welcher wir gerecht werden
müssen. Wir müssen alles uns mögliche tun um es zu Verhindern das sich die Geschichte
wiederholt, und das mit allen Notwendigen Mitteln. Dieser Verantwortung müssen wir
nachkommen, und trotz Kriminalisierungsversuchen bleibt uns nichts anderes übrig als Weiter zu
machen, weiter zu kämpfen für eine bessere und befreite Gesellschaft!
Für eine starke antifaschistische Bewegung!“
Nachstehend dokumentieren wir die Erklärung des Angeklagten vom ersten Prozesstag (21. September):
„Heute wird es überwiegend darum gehen, dass ich mich bei einer Hausbesetzung im letzten Jahr in der Forststraße 140 beteiligt habe. Einigen von euch sagt das besetze Haus im Stuttgarter Westen wahrscheinlich noch etwas: leerstehender Wohnraum in welchen wir alle gemeinsam wieder belebt haben, welchen wir teilweise renoviert haben und so kollektiv neuen Wohnraum geschaffen haben. Das ganze hätte dauerhaft neuer und bezahlbarer Wohnraum werden können. Doch was unternahm die Stadtverwaltung und OB Kuhn? Erst heuchelten sie Verhandlungen vor, dann folgte zwei Tage später die Zwangsräumung mit hundert Polizisten und einer Drohne am Himmel.
Es ist leider nicht so, dass wir es damit gerade schaffen Wohnraum all denjenigen zu geben, die ihn am dringendsten brauchen. Aber wir zeigen, dass man sich nicht kampflos mit den Umständen abfinden muss. Dass wir etwas bewirken können! wir können uns, mit gemeinsamer Anstrengung und Planung von unten, das zurückholen, was uns genommen wird – und nur weil das heute nur kurze Zeit Bestand hat, heißt das noch lange nicht, dass das immer so sein wird. Die Räumung war keine große Überraschung – so sind die Kräfteverhältnisse, momentan nun einmal. Es liegt aber an uns sie zu verändern! Und dafür ist es notwendig, bewusste schritte der Auseinandersetzung zu wagen – dieser Prozess ist kein Zufall oder Ausrutscher, er ist ein Teil der Auseinandersetzung.
Für ein weiteres Beispiel müssen wir auch nur zwei Jahre zurück schauen in das Jahr 2018 als ein Haus im Stuttgarter Süden die Wilhelm-Raabe-Straße 4 besetzt worden ist. Mit der Wilhelm-Raabe-Straße 4 in Heslach wurde das erste Haus seit Jahren in Stuttgart wieder besetzt und zu kollektiven Wohnraum gemacht welches auch in der Nachbarschaft auf großes Interesses gestoßen ist und mit vielen Solidaritätsbekundungen begrüßt worden ist – es wurden Soli-Transpis aufgehangen, es gab gemeinsames Kuchen essen für die Nachbarschaft, Kinderbetreung und noch einiges mehr. Wenn man ehrlich ist könnte man ja fast meinen oder besser gesagt sollte man meinen das die Stuttgarter Gesellschaft auch nur drauf gewartet hat das Wohnraum, Kollektives Wohnen und Haus Besetzungen wieder in den Vordergrund gerückt wird und thematisiert wird. Am Abend der Rötung gingen 500 StuttgarterInnen auf die Straße gegen die Räumung der Wilhelm-Raabe-Straße 4 und für kollektives Wohnen.
Doch was für ein krankes System ist das, in welchem ein Grundbedürfnis wie Wohnraum ein Privileg ist, von welchem nicht jeder Mensch in diesem Land profitiert. Es zeigt sich das gleiche Muster wie überall in der BRD: der Großteil der ArbeiterInnenklasse schaden diese Verhältnisse , während kapitalistische Firmen wie Vonovia diese ausnutzen und die Mietpreise exorbitant in die Höhe steigen lassen.
In was für Verhältnissen leben wir eigentlich?
Der Wohnraum wurde dem kapitalistischen Markt zum Fraß vorgeworfen. Der Großteil des Wohneigentums gehört ein paar wenigen Bonzen, die alles unter ihre Nägel reißen. Währenddessen leidet die ArbeiterInnenklasse, welche nicht dazu in der Lage ist Wohnungen zu sammeln wie Briefmarken. Reiche werden immer reicher und arme werden immer ärmer – die Schere zwischen arm und reich wird von Jahr zu Jahr größer und unsere Klasse, welche wir zu organisieren versuchen, leidet darunter. Wir leben im Kapitalismus, welcher auf Ausbeutung und Unterdrückung der ArbeiterInnenklasse aufgebaut ist. Er ist das Gerüst, auf welchem dieser Staat steht und welcher deshalb die Interessen der Banken und Konzerne durchsetzt. Solange Wohnraum noch dem kapitalistischen Markt unterworfen ist, ist es unsere Pflicht gegen kapitalistische Immobilienfirmen vorzugehen und diese konkret zu konfrontieren, das bedeutet das wir uns Leerstand unter unsere Finger reißen und diesen wieder beleben, um Wohnraum für die zu schaffen die es am Nötigsten haben, und um es großen kapitalistischen Firmen und reichen Familien aus den Finger zu reißen, welche mit Grundrechten Profit erwirtschaften.
Hier müssen wir ansetzen, um das ganze immer wieder in die Öffentlichkeit zu tragen und zu skandalisieren. Dabei wird die bürgerliche Justiz nicht bestimmen welche Aktions- und Protestform wir wählen und wir lassen uns diese auch nicht kriminalisieren!
Darum heißt es für uns: Leerstand beleben, lasst uns gemeinsam noch ganz viele Häuser und Wohnungen besetzen.“
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