Tübingen/Berlin. In der vergangenen Nacht markierten in den frühen Morgenstunden des 9. Oktobers AktivistInnen in Tübingen mehrere leerstehende Häuser. Sie wollen nach eigener Aussage mit dieser Aktion auf die geplante Räumung des Berliner anarcha-queerfeministischen Hausprojekts Liebig34 aufmerksam machen. Seit 1999 leben in dem alternativen Wohnprojekt nur Frauen, trans- und intersexuelle Menschen. Selbst aus dem Berliner Senat heißt es, dass das Haus ein „einzigartiger Schutzraum“ sei, eine Anlaufstelle für von Diskriminierung betroffene Menschen.
Die BewohnerInnen von Liebig34 scheiterten 2008 mit dem Versuch das Haus zu erwerben. Stattdessen soll das Haus an den stark umstrittenen Immobilienkönig Gijora Padovicz gegangen sein. Nach Angaben der Tübinger AktivistInnen will nun Padovicz, nach zehnjähriger Einnahme der Mieteinnahmen in Höhe der Kaufsumme, die BewohnerInnen räumen lassen.
Nach zwei Jahren Prozess, soll Ende August vom Berliner Landgericht entschieden worden sein, dass die Liebig34 geräumt werden solle. Der Fakt, dass der Prozess gegen den nicht mehr aktuellen MieterInnenverein geführt worden wäre und somit keinesfalls als bindend angesehen werden könne, werde gekonnt ignoriert. Es solle durch die Räumung jetzt Tatsachen geschaffen werden, die nicht wieder zurück genommen werden könnten. Ein Schritt, durch den nicht nur Wohn- und Lebensraum verloren gehe, sondern auch ein Berlin, welches nicht nur für Reiche, Start-ups und als Touristen-Attraktion diene. Der Staat habe sich ein weiteres mal einspannen lassen, um skrupellosen InvestorInnen den roten Teppich auszulegen und sei sich auch nicht zu fein, ihnen auch noch die „eigenen Prügeltruppen zur Seite zu stellen, um ihre Interessen, notfalls mit Gewalt und rechtswidrig, durchzusetzen“, erklärten die Tübinger AktivistInnen.
„Wir in Tübingen kennen das Problem von Leerstand und ständig steigenden Mieten, die die Menschen verdrängen“, so eine Tübinger Aktivistin, „ein Prozess wie der gegen die Liebig34 betrifft uns alle. Der Staat zeigt hier mal wieder seine Zähne und stellt sich aktiv hinter InvestorInnen und gegen linke Strukturen und Schutzräume. Aus Berlin heißt es, es gäbe kein Recht auf ein queeres Wohnprojekt. Wir dagegen finden, dass es kein Recht auf Spekulation mit Wohnraum und Leerstand geben sollte. Mit der Aktion von heute Nacht wollen wir darauf Aufmerksam machen, wie viel Raum es für Strukturen gäbe, wenn die Häuser nicht leer vor sich hin verrotten müssten.“
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