Tübingen. Etwa 60 Menschen kamen am Freitagabend, 9. Oktober, in der Tübinger Innenstadt zu einer spontanen Demonstration zusammen. Sie wollten ihre Wut über die Räumung der Liebig34 auf die Straße tragen und ein starkes Zeichen der Solidarität nach Berlin senden, heißt es in einer Mitteilung.
Die Demonstration zog laut mit Slogans wie: „Nehmt ihr uns die Liebig ab, holn wir uns die ganze Stadt“ und „Frauen* die kämpfen, sind Frauen, die leben, lasst uns das System aus den Angeln heben“ über die Neckarbrücke, die Mühlstraße und durch die Altstadt. Am Marktplatz löste sich die Demonstration auf, und die Menschen verstreuten sich in der Stadt.
Der Anlass für die Demonstration war die Räumung des queerfeministischen Wohnprojekts Liebig34 in Berlin. Es war am Morgen des selben Tages nach zweijährigem Rechtsstreit geräumt worden. Das Urteil und die geleistete Amtshilfe durch mehrere tausend PolizistInnen zeige, „dass dem Staat und Berlin die Interessen des stark umstrittenen Immobilienmaklers Gijora Padovicz wichtiger sind als der Erhalt eines Raumes von gelebten gesellschaftlichen Alternativen“, erklärte die DemonstrantInnen.
Die Liebig34 wurde ihnen zufolge 1990 besetzt und nach 1999 zu einem selbstverwalteten Hausprojekt und „einzigartigen Schutzraum für queere Personen“. 2008 versuchten die BewohnerInnen das Haus von den damaligen EigentümerInnen zu erwerben. Sie verkauften aber lieber an Padovicz, der das Haus zunächst an die BewohnerIinnen verpachtete.
Einem Statement der Bewohner der Liebig34 zufolge wurden in den zehn Jahren Mieten in Höhe von etwa 570 000 Euro an den Eigentümer gezahlt und das Haus eigenständig instandgehalten. Dies entspreche beinahe dem damaligen Kaufwert des Hauses, Padovicz sei „mit dem Haus auf null“. Wohnraum müsse als Menschenrecht gelten und dürfe nicht als Ware angesehen werden.
Eine TeilnehmerIn der Demonstration in Tübingen erklärte dazu: „Leerstand, Wohnungsmangel und horrende Mietpreise sind auch hier ein massives Problem. Die Schaffung von selbstverwalteten Freiräumen ist unbedingt notwendig für eine reichhaltige kulturelle und politische Öffentlichkeit, gerade auch in Tübingen.“
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